Tips zur Promotion: Wo mache ich meine Doktorarbeit?

i-70d882cd6889d75976435e1d8729d5e8-graduation-thumb-550x132.jpg

Was ist bei der Wahl der Stelle für die Doktorarbeit wichtiger: Die Stadt oder der Chef? Wie findet man zu einer Entscheidung, wenn es zu viel Auswahl gibt? Ist die Karriere in Gefahr, wenn man nicht ins Ausland zieht? Wird der Doktortitel in Deutschland anerkannt? Ein Leitfaden für die Wahl des richtigen Labors für die Doktorarbeit in den Biowissenschaften.

Wohl in wenigen Forschungsgebieten gibt es ähnlich viele freie Doktorandenstellen, wie aktuell in den modernen Biowissenschaften. Das liegt vor allem daran, dass irgend jemand ja die ganze Laborarbeit machen muss, die in den Forschungsanträgen in ein, zwei Absätzen lediglich angedeutet wird. Wer sich also während des Studiums molekularbiologische Grundlagen aneignet und weiß was er will, wird auch einen Job in einem Labor an einer Uni oder einem Institut finden.
Viele freie Stellen bedeuten aber auch, dass man eigene Entscheidungskriterien entwickeln muss, und dass man tatsächlich aktiv eine Entscheidung für eine Stelle zu treffen hat. Die Frustration durch Absagen auf etliche Bewerbungen (wie etwa bei Versuchen in der Industrie unter zu kommen) verschiebt sich also zur Qual bei der Wahl des richtigen Labors bei unüberschaubarer Auswahl.
Sinnvolle Entscheidungskriterien werden zwei Argumenten gerecht: Sie sind logisch nachvollziehbar, und sie reduzieren die Auswahlmöglichkeiten. Eine erste Einschränkung geschieht natürlich fachlich. Während des Studiums bilden sich Präferenzen für gewisse Felder. Welche Kriterien letztendlich für die Entscheidung ausschlaggebend sind, hängt dann von persönlichen Prioritäten ab. Und diese lassen sich wiederum eigentlich recht klar typologisieren:

1. Der Konservative
2. Der Mobile
3. Der Karriereorientierte


Der Konservative

Der Konservative Typ schränkt seine Auswahlmöglichkeiten dadurch ein, dass er bestehende Strukturen nutzt. Entweder die Doktorarbeit wird am gleichen Lehrstuhl geschrieben wie die Diplom- oder Bachelorarbeit, oder bei einer Gruppe an der gleichen Uni oder bei einem bekannten Kooperationspartner, mit dem während der Abschlussarbeit sowieso schon zusammen gearbeitet wurde. Das hat nicht von der Hand zu weisende Vorteile: Du hast ein bestehendes soziales Umfeld, die Beziehung leidet nicht. Die Kollegen und der Chef sind bekannt, man hat einen ersten Überblick über das Forschungsgebiet der Promotion, und man kann vielleicht sogar am Thema der Abschlussarbeit weiter arbeiten.
Wenn du zum konservativen Typ gehörst, verschafft das dir möglicherweise einen nicht unerheblichen Vorsprung bei der Bearbeitung deines Promotionsthemas, der es realistischer macht, tatsächlich nicht länger als geplant für die Promotion zu brauchen. Doch schon während der Promotion wirst dich wiederholt fragen, ob du gegen die ganzen tollen Hechte mit der vielen Auslandserfahrung auf dem Arbeitsmarkt überhaupt eine Chance hast und spätestens im dritten Jahr liest du verstohlen die Angebote im Pharma-Außendienst.
Der Mobile
Das genaue Gegenteil des Konservativen Typs. Treibendes Motiv für den Mobilen ist die Möglichkeit, Dank der kompletten Internationalisierung der Biowissenschaften, wo immer man möchte seine Doktorarbeit zu schreiben. Bevorzugt natürlich Ausland. Und weit weg. Da Mobilität alleine kein hinreichendes Kriterium zum Einschränken der Möglichkeiten ist, und es nun ja etliche Länder mit noch mehr Universitäten und Instituten gibt, werden sekundäre Argumente zur Entscheidungsfindung herangezogen. Für die einen ist das Wetter ausschlaggebend, die Schönheit oder die Urbanität einer Stadt, der Traum von einem fernen Land, oder das Essen und gutes Bier.
Andere Kriterien, die dem Mobilen bei der Auswahl helfen können sind: Dauer der Doktorarbeit: Schnell kann man in Großbritannien und in Dänemark promovieren. In den USA dauert es wohl am längsten. Gehalt während der Promotion: In Dänemark und in der Schweiz sind die Löhne für Doktoranden meines Wissens nach am höchsten. In Belgien und in den Niederlanden verdient man auch noch überdurchschnittlich viel.
Du hast deine Traumstelle an einem exklusiven Institut in einem exotischen Land ergattert und kannst theoretisch in der Mittagspause zum surfen gehen. Das Leben wäre schön, wenn endlich mal deine Experimente funktionierten, und du tatsächlich Zeit hättest, das alles zu genießen, was du dir vorgenommen hast. Spätestens bei deiner Rückkehr musst du dich dann damit auseinandersetzen, ob dein Doktortitel zu Hause auch etwas Wert ist. Hier daher der Link zum Informationssystem zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse (Anabin).
Der Karriereorientierte
Der Typ des Karriereorientierten deckt sich teilweise mit dem des Mobilen. Der Umzug ist für den Karriereorientierten jedoch nicht das primäre Argument. Ihm geht es vielmehr darum, in einem Top Labor zu landen. Soll heißen: Bekannter Chef, weil andere Kriterien sind aus der Ferne schwer anzulegen. Die Chancen in solch einem Labor unterzukommen stehen nicht schlecht, da deutsche Absolventen generell als sehr gut ausgebildet und fleißig gelten. Inwieweit sich das mit der flächendeckenden Verkürzung der Studienzeiten Dank Bologna ändert, wird sich im Lauf der Zeit zeigen.
Du bist karriereorientiert, und wusstest schon im Grundstudium, dass du am besten statt deines Professors da vorne stündest. Du freust sich fast schon masochistisch auf 60 Stunden Wochen und Wochenendarbeit. Dafür ziehst du natürlich auch ohne Murren um. Meist in ein kleines, überteuertes WG-Zimmer in Arbeitsplatznähe, was dir aber nichts ausmacht, da du sowieso die meiste Zeit im Labor verbringen wirst. Über Lebensqualität hast du dir wahrscheinlich bisher wenig Gedanken gemacht hat. Zwei Anmerkungen noch: Eine Promotion in den USA dauert in der Regel deutlich länger als in Europa, und nicht vergessen, sich ein soziales Netz aufzubauen. Nur mit guten Freunden kommst du über Phasen des Zweifels und der Frustration hinweg. Und die wirst du unweigerlich haben.

Verwandte Artikel im Blog:

Bild von flickr (cc)

Beteilige dich an der Unterhaltung

7 Kommentare

  1. Und inwiefern macht es Sinn, sich bei der Suche nach einem geeigneten Labor mal an die Mitarbeiter des Chefs zu wenden um so ein klein wenig über das Arbeitsklima und die Anerkennung deiner Leistung heraus zu bekommen? Oder kommt man an die nicht richtig ran?

  2. @Ulf: Um Himmels Willen, das ist sogar immens wichtig. Du wirst schließlich Jahre Deines Lebens dort verbringen. Da finde ich es geradezu lebensnotwendig abzuchecken, wie das Arbeitsklima ist. Stell Dich ruhig der ganzen Gruppe vor, wenn Du ernsthaft interessiert bist oder geh am besten sogar Mittag essen mit der Gruppe.
    So erhält man am ehesten Eindruck vom Arbeitsklima. Nur wird natürlich kein Mitarbeiter einem Bewerber gegenüber zugeben: “Du! Der xyz neigt dazu seine Doktoranden anzuschreien.”
    Ich empfehle daher auch ein Gespräch mit der Fachschaft, um mal nachzuhören, was für einen Ruf der Professor bei den Studenten hat.
    Das ist Dein gutes Recht und niemand kann dagegen was sagen. Und wenn jemand was dagegen sagt, dann ist es sowieso ein schlechtes Zeichen.

  3. @Ulf: Nachtrag.
    Aber bitte erst mit dem Professor reden und abklären, dass er an Dir interessiert ist und erst hinterher sich der Gruppe vorstellen. Dann kannst Du immer noch absagen. Nicht umgekehrt erst bei der Gruppe nachhorchen, was der xyz für ein Typ ist und sich dann offiziell beim Chef vorstellen. Das kommt nämlich wirklich nicht so gut.

  4. Sehr richtig. Bevor man irgendwas unterschreibt, auf jeden Fall mit den zukünftigen Kollegen reden. Wenn das nicht erlaubt ist und unterstützt wird, ist etwas faul.

  5. ein paar Anmerkungen:
    @Tobias – meines erachtens basiert die Wahl für eine Doktorandenstelle auf anderen Prämissen…
    1. Bin ich der Forschertyp, oder eher nicht. Wer gerne forscht, über eine entsprechende Neugier und die richtigen Ideen verfügt, der sollte sich früh Gedanken machen wie er sich eine wirtschaftliche Basis in diesem Metier erschließt. Wer aus aus jedwedem anderem Grund Promoviert: mach was dir gefällt und seh zu das du die Entscheidung (1.) nicht zu spät fällst.
    2. Du bist der Forschertyp…. Warum sollte man dir eine Stelle, ein Stipendium etc. anbieten? (auch im Anschluss an die Promotion) Es sind in der Regel drei Faktoren die eine Beschäftigung in der Wissenschft erleichtern: a) Ein bestimmtes Methodenspektrum wird beherscht, das von vielen anderen Wissenschaftlern deines Forschungsfeldes nachgefragt wird. b) Du hasst unendlich viele Veröffentlichungen publiziert. c) du besitzt bessere Kontakte als der Rest deiner Mitbewerber.
    3. Wie kann ich nun die drei Faktoren im Rahmen einer Promotion erwerben? Um bei deiner Einteilung zu bleiben…a) Ich bin Konservativ: Ich suche mir einen Prof zu hause (bleibe bei meiner Freundin/Ehefrau/ evtl Kindern), der möglichst viele Kontakte in die Forschungsgemeinde besitzt, bin der Methoden-Spezialist vor Ort, weil ich von den vielen Gastwissenschaftlern abgucke und komme mit auf jedes paper, da meine tollen Methoden in jedem Projekt angewendet werden..(und ich bin unentbehrlich, da ich bereits zum dritten mal die Erstsemestervorlesung/ Praktikum etc. mache) b) ich bin Mobil: Ich reise durch die Welt, knüpfe meine Kontakte selbst und werde, weil ich im Austausch mit den Kollegen in Übersee viele neue Methoden und Menschen kennengelernt habe, gerne für anschließenden Projekte (und daraus resultierenden papern) angestellt und bezahlt. c) ich bin karriereorientiert: das bin ich sowieso, da ich mich für eine Laufbahn als Wissenschaftler entschieden hab und es deutlich mehr Fachkräfte als Finanzierungsmöglichkeiten gibt.
    4. Was neben Fleiß, Ausdauer und einer Karriereplanung zählt ist simples Glück……
    so ….. wie erzeuge ich hier einen smilie 🙂

  6. Zu dem Thema gibt’s nur eins zu sagen:
    Scene
    It’s a fine sunny day in the forest, and a rabbit is sitting outside his burrow, tippy-tapping on his typewriter.
    Along comes a fox, out for a walk.
    Fox
    “What are you working on?”
    Rabbit
    “My thesis.”
    Fox
    “Hmmm. What’s it about?”
    Rabbit
    “Oh, I’m writing about how rabbits eat foxes.”
    (incredulous pause)
    Fox
    “That’s ridiculous! Any fool knows that rabbits don’t eat foxes.”
    Rabbit
    “Sure they do, and I can prove it. Come with me.”
    They both disappear into the rabbit’s burrow. After a few minutes, the rabbit returns, alone, to his typewriter and resumes typing.
    Soon, a wolf comes along and stops to watch the hardworking rabbit.
    Wolf
    “What’s that you’re writing?”
    Rabbit
    “I’m doing a thesis on how rabbits eat wolves.”
    (loud guffaws)
    Wolf
    “You don’t expect to get such rubbish published, do you?”
    Rabbit
    “No problem. Do you want to see why?”
    The rabbit and the wolf go into the burrow, and again the rabbit returns by himself, after a few minutes, and goes back to typing.
    Scene: inside the rabbit’s burrow.
    In one corner, there is a pile of fox bones. In another corner, a pile of wolf bones. On the other side of the room, a huge lion is belching and picking his teeth.
    (The End)
    Moral
    It doesn’t matter what you choose for a thesis subject.
    It doesn’t matter what you use for data.
    What does matter is who you have for a thesis advisor.

Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar zu Ludmila Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert