Kategorie: Medizin

  • Titiens Therapie: Die erste Verteidigungslinie bricht

    Titiens Therapie: Die erste Verteidigungslinie bricht

    Titiens Tumor kann nicht operiert werden und ihre Krankheit ist nicht heilbar. Dennoch gibt es therapeutische Möglichkeiten, ihr Leben zu verlängern.

    Direkt nachdem die Biopsie unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt hatte, ging es in Karlsruhe mit Strahlentherapie los. Sobald Titien wieder schlucken konnte, kam die Chemotherapie mit Temozolomid hinzu.

    Auch nachdem sie die Strahlenbehandlung abgebrochen hatte und aus dem Krankenhaus entlassen wurde, geht die Behandlung mit Temozolomid weiter. Fünf Tage lang jeden morgen eine Tablette, dann drei Wochen Ruhe. Dann wieder fünf Tage lang Temodal. Morgens vor Einnahme der Temodal-Tabletten nimmt sie Granisetron, um eventuelle Übelkeit zu unterdrücken. Sie hat fast keine Nebenwirkungen der Medikamente.

    Fast jede Woche gehe ich mit ihr zum Hautarzt zum Blut abnehmen. Ich kann nicht hinsehen, wenn ihr die Kanüle in eine Armvene gestochen wird. Sie schlägt sich tapfer, auch wenn es manchmal eines zweiten Versuchs bedarf, bis die Vene gefunden ist.

    Ihr Blutbild wird immer auch an unsere Onkologin ins Klinikum gefaxt. Vor allem die Leukozyten, ihre weißen Blutkörperchen, die Zellen des Immunsystems, bewegen sich am unteren Rand des Referenzbereichs. Vier bis zehn Zellen pro Nanoliter Blut sind normal, ihre Leukozyten sind bei kurz über drei.

    Im November, vier Monate nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wird kontrolliert, was ihr Tumor im Hirnstamm macht. Ihr wird dazu ein Kontrastmittel gespritzt und von ihrem Kopf werden MRT-Schnittbilder erstellt.

    Ein Vergleich der Intensität des aufgenommenen Kontrastmittels mit Aufnahmen vom Sommer legt leider nahe, dass der Tumor weiter wächst.

    MRT Aufnahme mit Kontrastmittel. Querschnitt von Titiens Kopf. Rot umrandet das diffuse Gliom in der Pons. Rechts daneben das Kleinhirn. Darunter beginnt das Rückenmark.

    Wir wechseln die Therapie. Titien bekommt CCNU (Lomustin) als Kapsel zum schlucken. CCNU, beziehungsweise dessen reaktive Metabolite, passieren gut die Blut-Hirn-Schranke. CCNU alkyliert die DNA und wirkt so zytostatisch, verhindert also, dass die Zellen sich weiter teilen. Die DNA der Tumorzellen wird verändert und kann nicht mehr abgelesen werden.

    Titien schluckt einmal alle vier Wochen CCNU. In den ersten zwei Monaten bekommt sie zur Mitte des Zyklus noch Procarbazin, ebenfalls ein Alkylans.

    Wir lassen weiter wöchentlich ihre Blutwerte kontrollieren und sind alle vier bis sechs Wochen bei unserer Onkologin in der Klinik. Die Leukozyten sind weiter sehr niedrig. Zwei mal müssen wir deshalb den Start der CCNU-Therapie verschieben. Sie wird dann mit Neulasta geboostet und wir fangen eine oder zwei Wochen später an.

    Anfangs erhält Titien noch drei Tabletten CCNU. Im Laufe der Therapie wir aus Sorge um ihre Leukozyten die Dosis reduziert.

    Der Tumor bleibt fast ein Jahr lang stabil, auch wenn sie nur noch eine Tablette mit 40 mg CCNU pro Zyklus Chemotherapie bekommt.

  • Psychische Folgen einer Abtreibung – die Daten

    Psychische Folgen einer Abtreibung – die Daten

    Jens Spahn hat 5 Millionen Euro Haushaltsmittel erstritten, um die psychischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen zu untersuchen. Die Debattenbeiträge reichen dabei von gut investiertes Geld (WELT) bis unnötig und politisch motiviert (FAZ). Ein SPD-Bundestagsabgeordneter erklärt laut SPON sogar es sei „ein Skandal, für solchen Unsinn Millionen auszugeben“.

    Es ist selbstverständlich sinnvoll zu untersuchen, welche psychischen Folgen Schwangerschaftsabbrüche auf Frauen haben. Nur ist Spahn nicht der erste, der auf diese Idee kommt.

    Eine Suche in Pubmed, der Datenbank für biomedizinische Fachpublikationen mit „abortion AND psychological“ findet gut 3000 Papers zum Thema. Hier die Ergebnisse von drei Studien, die innerhalb der letzten zwei Jahre publiziert wurden:

    Fünf Jahre danach – mit oder ohne Abtreibung

    Biggs et al. haben untersucht, wie es Frauen fünf Jahre nach einer ungewollten Schwangerschaft geht. Sie haben dabei Frauen verglichen, die eine Abtreibung hatten mit Frauen, denen die Abtreibung versagt blieb.

    Die Autoren zeigen, dass es Frauen, die entgegen ihres Wunsches nicht abtreiben durften anfangs psychisch schlechter ging als jenen, die abtreiben konnten. Im Lauf der Zeit glich sich der Effekt wieder aus. Biggs et al. schreiben: „These findings do not support policies that restrict women’s access to abortion on the basis that abortion harms women’s mental health.

    Gründe für psychologischen Stress nach Abtreibung

    Di Febo et al. untersuchen welche Faktoren dazu beitragen, dass Frauen psychisch Stress empfinden nach einer Abtreibung, sei sie medizinisch begründet oder weil die Frauen einfach keine Schwangerschaft wollten.

    Die Autoren dieser Studie zeigen, dass es den Frauen, die abtrieben, nach dem Abbruch signifikant besser ging. Unzureichende Unterstützung durch Partner und Beziehungsprobleme im Zusammenhang mit der Abtreibung wurden als Risikofaktoren identifiziert für einen schlechteres psychisches Wohlbefinden.

    Bewertung der Folgen von Abtreibungen in Deutschland

    Eine Gruppe aus Leipzig um Anette Kersting hat untersucht, in wie weit die international anerkannte „individual abortion stigma (ILAS) scale“ auch auf Frauen in Deutschland anwendbar ist, die aufgrund medizinischer Notwendigkeit abtrieben.

    Sie zeigen, dass die Skala, übersetzt auf Deutsch, für ihre Studie gut übertragbar ist. Ihre Ergebnisse entsprachen den Erwartungen: Frauen, die verdrängten, dass ihr Fötus eine geringe Überlebenschance hatte und Frauen, die schon relativ weit mit der Schwangerschaft waren, bewerteten sich auf der Skala höher. Bessere Unterstützung durch den Partner korrelierte mit einer niedrigeren Stigma-Einordnung.

    Was Spahn mit dem Geld machen sollte

    Fördergelder für die Forschung werden normalerweise nicht vom Gesundheitsminister persönlich erstritten. Das ist politischer Aktionismus. Und nach Spahns kühner und nicht haltbarer Erklärung, dass der Krebs in 15 Jahren besiegt sei, ist das in zwei Wochen das zweite Mal, dass der Mann mit ungeeigneten Aussagen auffällt.

    Nun ist das Geld schon bewilligt. Vielleicht hilft die kurze Einordnung der Faktenlage hier im Blog ja Jens Spahn dabei, die Fördergelder richtig einzusetzen.

    Vielleicht für die bessere Finanzierung von pro familia, die deutschlandweit in über 200 Anlaufstellen auch zu Schwangerschaftsabbrüchen berät.

    Oder Jens Spahn könnte mit dem Geld einen schönen, dicken Stift kaufen. Und damit §219a endlich streichen.

    Foto oben von Heinrich Klaffs (CC BY-NC-SA 2.0)
  • Alternativmedizin tötet Krebspatienten

    Alternativmedizin tötet Krebspatienten

    Als Angehöriger einer Krebspatientin ist eines unvermeidbar: Einem werden von vielen Seiten oft gut gemeinte „alternative“ Therapiemöglichkeiten vorgeschlagen.

    Kurkuma, Canabisöl, Hemohim, Reservatrol, Methadon, intra-arterielle Chemotherpaie, Bruno Gröning und so weiter. Da ist viel hanebüchenes Zeug dabei, man glaubt es erst, wenn man es selbst hört und liest.

    Die gut gemeinten Ratschläge lassen sich in drei Katergorien einordnen. Da sind erstens die Diät-Tips, zweitens die medikamentösen Alternativtherapien und drittens die – nennen wir sie mal – „spirituellen“ Vorschläge zur Heilung.

    Vielleicht schreibe ich zu einigen der vorgeschlagenen Alternativen irgendwann noch mal mehr. Ich antworte jedenfalls auf die Vorschläge die uns erreichen damit, dass wir uns entschieden haben, den Weg zu gehen, der erwiesernmaßen lebensverlängernd wirkt: Den der Medizin.

    Es ist gar nicht so leicht zu beantworten, um wie viel Jahre die Medizin eigentlich das Leben Krebskranker verlängert. Zum einen müssen unterschiedliche Krebsarten unterschieden werden, zum andern spielen neben dem medizinischen Fortschritt noch Faktoren wie eine bessere Krebsvorsorge und Früherkennung eine Rolle.

    Was man jedoch sicher sagen kann ist: Alternativemedizin tötet. Auch zusätzlich zur konventionellen Krebstherapie, also der ganzen oder teilweisen operativen Entfernung vom Tumoren, der Strahlentherapie und der Chemotherapie, wirkt Alternativmedizin nicht. Wer mehr Beispiele braucht sei an das Blog Science Based Medicine verwiesen.

    Hier habe ich nur eine Abbildung aus einem Paper vom Januar 2018 eingebunden. Die Abbildung zeigt den Anteil der überlebenden Krebspatienten und Patientinnen über einen Zeitraum von 7 Jahren nach ihrer Diagnose. Die Patienten hatten die häufigsten Krebsarten, also Lungenkrebs, Brustkrebs, Darmkrebs und Prostatakrebs.

    Die gestrichelte Linie zeigt die Patienten, die sich auf konventionelle Therapiemethoden verlassen haben. Die durchgezogene Linie zeigt Patienten, die sich statt der konventionellen Therapie auf alternativmedizinische Methoden verlasen habe.

    Nach sechs Jahren war die Hälfte der Alternativmedizinpatienten tot. Drei Viertel der Patienten mit konventioneller Therapie war noch am Leben.

    Wahrscheinlich renne ich mit diesem Artikel bei den meisten meiner Leserinnen und Leser offene Türen ein. Ich finde einen anderen Aspekt der „alternativen“ Therapien diskussionswürdig:

    Mir fällt es als promoviertem Molekularbiologen und Proteinbiochemiker relativ einfach, den uns vorgeschlagenen alternativen Therapien argumentativ zu begegnen. Ich habe das Gefühl, ich erspare Titien dadurch seit der Diagnose und während ihrer Therapie eine Menge Unsicherheit und Zweifel.

    Wie geht es wohl Patienten, die nicht in der Lage sind, medizinische gesichertes Wissen von alternativem Humbug zu unterscheiden? Die nicht wissen, ob sie ihrer Onkologin oder dem Freundeskreis oder der Webseite, die sie selbst auf Facebook „recherchiert“ haben trauen können?

    Sich bei der Wahl der Therapie sicher zu fühlen trägt auch zur Lebensqualität Krebskranker bei.

  • Titiens erste Therapie: Bestrahlen, Temozolomid, Dexamethason

    Titiens erste Therapie: Bestrahlen, Temozolomid, Dexamethason

    Die Stammhirnbiopsie führte zum Anschwellen des Gehirns. Dem wurde mit der Gabe von Dexamethason begegnet. Dexamethason ist ein Cortisonderivat, das oral eingenommen wird und die Blut-Hirn-Schranke gut überwindet.

    Titiens Speichelfluss musste nach der Operation unterdrückt werden, da sie nicht mehr schlucken konnte. Hierfür wurden Scopolamin-Pflaster jeweils hinter den Ohren, also über den Speicheldrüsen angebracht.

    Direkt am Tag nach der Aufnahme im Krankenhaus in Karlsruhe soll ihre Strahlentherapie beginnen. Geplant sind 30 Zyklen mit jeweils 1,8 Gray Dosis. Jeden Werktag. Zuerst findet ein Planungs-CT statt, dann wird eine Maske aus einem selbstaushärtenden Kunststoffnetz hergestellt, die ihren Kopf während der Bestrahlung in Position hält.

    Titien mit Maske vor der Bestrahlung.

    Die Strahlen zerstören die DNA in den Zellen. Idealerweise werden fast nur Tumorzellen getroffen und das gesunde Gewebe wird bis auf einen Sicherheitssaum verschont. Bei der ersten Bestrahlung muss sich Titien übergeben. Nicht aufgrund der Strahlenbelastung, sondern aus Angst.

    Nachdem Sie wieder schlucken gelernt hat, fängt parallel zu den Bestrahlungen die erste Chemotherapie an. Sie bekommt Temozolomid in Tablettenform. Fünf Tage lang, dann drei Wochen Pause. Dann wieder fünf Tage Temozolomid.

    Temozolomid hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber vielen anderen Chemotherapeutika: Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke, gelangt also dahin wo es wirken soll. Temozolomid methyliert die DNA und führt so zu Fehlern in der Replikation sich aktiv teilender (Tumor)-zellen, die in der Folge absterben.

    Diese Kombinationstherapie aus Bestrahlungen und Temozolomid ist seit gut zehn Jahren der Standard bei Glioblastomen. Es gibt einige neuere therapeutische Ansätze zur Behandlung. Darum soll es in einem anderen Artikel gehen.

    Parallel schluckt sie weiter Dexamethason. Hochdosiert. Bis zu 20 mg pro Tag. Die Folgen sind Wassereinlagerungen in Gesicht und Körper. Sie entwickelt ein veritables Cushing-Syndrom.

    Das Gesicht wird runder dank hochdosiertem Kortison.
  • Titiens Lebenserwartung mit H3.3_K27M-Mutation

    Titiens Lebenserwartung mit H3.3_K27M-Mutation

    Gliazellen tragen zu etwa der Hälfte der Masse des Gehirns bei. Sie geben Struktur, isolieren die Nervenzellen, bilden die Blut-Hirn-Schranke, und sorgen dafür, dass die Nervenzellen mit Nährstoffen versorgt werden.

    Wenn Gliazellen sich unkontrolliert teilen, entsteht ein Gliom. Titiens Gliom sitzt im Hirnstamm, genauer in der Pons. Die morphologische Charakterisierung des bei der Biopsie entnommenen Gewebes ergab, dass die Tumozellen eine fibriläre Matrix bilden. Titien hat ein diffuses intrinsisches pontines Gliom (DIPG).

    Die in der Biopsie entnommen Zellen wurden noch weiter untersucht. Man fand eine Mutation des Histonproteins H3.3. Die Aminosäure Lysin (K) an Position 27 ist zu einem Methionin (M) mutiert: H3.3_K27M.

    Paarweises Alignment der Aminosäuresequenz vom Histonprotein H3.3. Oben normal. Unten Titien. Rot umrandet ist die Stelle der Mutation

    Alle Tumore haben gemeinsam, dass sich die betroffenen Tumorzellen unreguliert teilen. Entweder eine Zellysklusbremse ist ausgefallen oder ein Faktor, der die Zellteilung anregt. Histone sind Proteinkomplexe, die für die dichte Packung und die Organisation der DNA verantwortlich sind. Dicht gepackte DNA wird nicht abgelesen.

    Man vermutet, dass die K27M Mutation im Histonprotein H3.3 bei Titien die Teilung der betroffenen Zellen fördert. Es könnten auch weitere Proteine an der Entstehung des Tumors beteiligt sein. Insgesamt ist der Einfluss der Histonvarianten (es gibt alleine sieben H3-Varianten im Menschen) und deren Mutationen bei Krebs noch schlecht verstanden.

    Es ist äußerst ungewöhnlich, dass ein diffuses intrinsisches pontines Gliom (DIPG) bei Frauen Mitte dreißig diagnostiziert wird. Am häufigsten tritt die Krankheit bei Kindern auf.

    Die durchschnittliche Lebenserwartung bei den mit DIPG diagnostizierten Kindern mit H3.3_K27M-Mutation ist 9 Monate. Erwachsene Patienten leben länger. Nach Aussage unserer Ärzte etwa zwei Jahre.

    Kaplan-Meier Plot der Überlebensdauer von Kindern mit DIPG. Hellgrün: Die Mutation in Histon H3.3, die Titien hat. Dunkelgrün: Die selbe Mutation in H3.1, einer Isoform des Histonproteins H3. Abbildung aus: Castel et al. Acta Neuropathol (2015).
  • Nach der Hirnstamm-Biopsie

    Nach der Hirnstamm-Biopsie

    Titien wacht aus der Vollnarkose nach der Biopsie auf. Ich bin bei ihr. Sie schreit und hat panische Angst davor, keine Luft zu bekommen. Ich versuche sie zu beruhigen, mir zerreißt es fast das Herz. Auf ihrer Stirn sind rote Druckstellen von dem Metallgestell, in das ihr Kopf bei der Biopsie eingespannt war. Sie schläft wieder ein.

    Der operierende Arzt nimmt sich nur kurz Zeit um mir zu erklären, dass die robotergestützte stereotaktische Biopsie so lange gedauert habe, weil es Schwierigkeiten dabei gab, die Proben zu entnehmen. Es sei außerdem zu einer leichten Einblutung in den Biopsiekanal gekommen.

    Später, als Titien wieder in ihrem Stationszimmer liegt und langsam wach wird, wird das Ausmaß der akuten Folgen der Biopsie sichtbar. Sie schielt stark. Sie kann kaum sprechen, sie kann nicht schlucken, ihre Mimik ist eingefroren, sie fühlt in ihrem linken Arm nur ein Kribbeln. Ihre Koordination ist stark eingeschränkt. Sie schafft es nicht, mit geschlossenen Augen ihre Zeigefinger zur Nase zu führen.

    Ich übernachte neben ihrem Bett auf einem Stuhl und wische ihr alle paar Minuten die Spuke aus dem Mundwinkel. Zum Glück sind ihre Eltern da. Wir können uns abwechseln mit der Wache an ihrem Bett.

    In den ersten Tagen nach der OP wird es nicht besser. Sie kann nicht aufstehen, sich nicht waschen und nicht gehen.

    Auch das Pflegeteam der neurochirurgischen Station scheint überfordert. Titien wird von einem Pfleger nachts aufgeweckt und angepflaumt. Sie sei ja wohl erwachsen und bräuchte niemanden, der neben ihr nachts sitzt.

    Langsam, ganz langsam macht sie Fortschritte. Sie kann sitzen. Sie kann mit Hilfe aufstehen. Ich dusche sie im engen Bad des Krankenzimmers.Wenn ich sie stütze, kann sie die ersten Schritte machen. Jeden Tag ein paar Meter mehr.

    Sie wird über eine Magensonde ernährt, die durch ihre Nase geführt wird, weil sie immer noch nicht schlucken kann. Sie trägt immer noch die weiten, hinten offenen Nachthemden der neurochirurgischen Station. Die Narbe am Hinterkopf, hinter dem rechten Ohr, verheilt langsam.

    Die Narbe nach der Biopsie. Am rechten unteren Bildrand ist außerdem ihre Magensonde erkennbar. In der Mitte unten ist ein Teil des Pflasters zu sehen, das den Speichelfluss unterdrücken soll.

    Neun Tage nach der Biopsie sind die Ergebnisse da. Noch am selben Tag wird Titien entlassen. Ein Krankentransport bringt sie ins städtische Klinikum Karlsruhe. Ihre Mutter ist bei ihr im Krankenwagen. Ich fahre im Auto hinterher, Titiens Vater sitzt schweigsam auf dem Beifahrersitz.

  • Stereotaktische Biopsie des Stammhirns

    Stereotaktische Biopsie des Stammhirns

    Wenn bildgebende Verfahren darauf hindeuten, dass da was wächst, was nicht hingehört, will nicht zuletzt die Patientin oder der Patient wissen, was da eigentlich los ist. Man sticht da also mit einer hohlen Nadel rein und entnimmt ein paar Proben.

    Was bei verdacht auf Leberkrebs zum Beispiel noch relativ grobmotorisch und ambulant geschieht, verlangt bei Gehirntumoren mehr Geschick und Planung. Basierend auf CT und MRT Aufnahmen, wird der bestmögliche Weg zur Raumforderung geplant. Wichtiger als durchstochene Nervenzellen sind Blutgefäße, die möglichst umfahren werden wollen mit der Biopsienadel.

    Die Pons im Stammhirn ist eine delikate Region. Dort sitzen auf engstem Raum die Nervenzentren verantwortlich für den Schlaf-Wach-Rhythmus, für Atmung, Schlucken, Gleichgewicht, Augenbewegungen und für Gesichtsausdrücke.

    Eine Biopsie in der Pons erfolgt entweder von vorne oben (transfrontal) oder von hinten durchs Kleinhirn (transcerebellar). Dazu wird die Biopsienadel an ein fest mit dem Kopf verschraubtes Gerüst montiert. Eine Neurochirurgin oder ein Neurochirurg führt die sogenannte stereotaktische Biopsie entweder direkt oder ferngesteuert vor dem Bildschirm durch, die Patientin ist unter Vollnarkose.

    Insgesamt hat diese Methode eine erstaunlich hohe Erfolgsrate. In 96% der Fälle kann Material für die mikroskopische, histologische und molekulare Charakterisierung entnommen werden. In 6,7% der Fälle kommt es bei der Biopsie zu Komplikationen.

    Titien war eine von den 6,7%.

  • Der erste Schritt der Reise

    Der erste Schritt der Reise

    Manche Themen sind erst zu persönlich und dann zu kompliziert, um sie in einem Blogartikel zu behandeln.

    Meine Frau Titien fragte mich: „Warum schreibst du denn nicht über meine Krankheit auf deinem Blog?“

    Weil ich die Zeit, die uns bleibt, lieber mit dir verbringen möchte, als vor meinem Computer“ antwortete ich.

    Titiens rechtes Auge wollte vor 21 Monaten nicht mehr richtig zur Seite. Vor 20 Monaten sahen wir einen kleinen hellen Fleck auf einer CT-Aufnahme ihres Kopfes. Eine Raumforderung, wie uns der behandelnde Arzt erklärte. Vor 19 Monaten hatten wir einen Termin für eine stereotaktische Biopsie am Stammhirn. Vor 18 Monaten wussten wir, dass Titien einen Gehirntumor hat. Ein diffuses Mittelliniengliom. WHO Grad IV.

    Manche Themen sind erst zu persönlich und dann zu kompliziert, um sie in einem Blogartikel zu behandeln. Auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem ersten Schritt (Laotse).

    Die Reise geht hier auf WeiterGen in den nächsten Tagen weiter.
    Titien schreibt auf Titien.de.

  • Glyphosat, Krebs und die möglichen Kosten für Bayer

    Glyphosat, Krebs und die möglichen Kosten für Bayer

    Acht Geschworene in einem Gericht entscheiden nicht, ob ein Pestizid krebserregend ist. Die Gefährlichkeit wird basierend auf wissenschaftlichen Untersuchungen von Genehmigungsbehärden eingestuft. 
    Wenn also nun ein kalifornisches Geschworenengericht einem schwer krebsranken Gärtner und Hausmeister Entschädigungszahlungen in Höhe 289 Millionen US-Dollar zuspricht, dann zeigt das vor allem, dass die Geschworenen viel Mitgefühl mit dem Kläger haben.
    Es zeigt auch, dass die Geschworenen nicht in der Lage waren, die wissenschaftliche Faktenlage richtig einzuschätzen. Die ist nämlich eindeutig: Glyphosat verursacht kein Krebs.
    Wie ein Blick in die Kommentarspalten zu Artikeln zeigt, die diese Tatsache ohne zu relativieren berichten, sind die acht Geschworenen des Gerichts in Kalifornien nicht die einzigen, die Probleme damit haben, wissenschaftliche Daten richtig einzuordnen und im Zweifelsfall ihre gefühlte Wahrheit zu überdenken. 
    Wäre das nicht schön, wenn es weniger wissenschaftlichen Analphabetismus gäbe, und Fakten und Daten, Meinungen und Entscheidungen beeinflussen und bestimmen würden? 
    Wir sind weit davon entfernt. Obwohl Bayer bereits Einspruch gegen das Urteil eingelegt hat, ist die Bayer-Aktie nach bekannt werden des Urteil um gut 10% eingebrochen. Bayer ist seit der Übernahme von Monsanto dieses Jahr der Besitzer des Unternehmens, das verklagt wurde.

    Bayer verliert acht Milliarden Euro an Wert

    Der Kursverlust von 10% bedeutet konkret, dass der Bayer-Konzern in Folge des 253 Millionen Euro Urteils mit dem Schlusskurs gestern gut acht Milliarden Euro an Wert verloren hat.
    Der Markt rechnet also damit, dass dies nicht die einzige Verurteilung von Monsanto zu Glyphosat uns Krebs bleibt, sondern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mehrere Milliarden Euro entweder an Kläger gezahlt werden müssen oder es zu einer außergerichtlichen Einigung in Folge einer Sammelklage kommen wird, um die Kläger zu entschädigen und Bayer zukünftige Rechtssicherheit in der Causa Glyphosat zu bieten.
    Acht Milliarden Euro wären deutlich mehr Entschädigungszahlungen, als zum Beispiel Merck für den Skandal um ihr Schmerzmittel Vioxx zahlen musste (4,9 Milliarden USD), oder Bayer für ihr 2001 vom Markt genommenen Cholesterinsenker Lipobay (4,2 Milliarden USD).
    Der Unterschied ist: Sowohl Lipobay als auch Vioxx verursachen schwere Nebenwirkungen und es kam im Zusammenhang mit deren Einnahme zu Todesfällen. Die Zahlungen an die Kläger sind also gegründet und gehen mit einem zumindest impliziten Schuldeingeständnis einher. 
    Soll sich Bayer im Falle Glyphosat für etwas schuldig bekennen, ohne dass es dafür hinreichende Indizien geschweige denn Beweise gäbe? Würde eine außergerichtliche Einigung im Fall Glyphosat mit potentiell tausenden Klägern nicht automatisch als Schuldeingeständnis gewertet werden?

    Hinweis: Der Artikel dient der Information und ist keine Anlageberatung. Erklärung zu Interessenkonflikten: Ich besitze zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels keine Wertpapiere der Bayer AG. Ich plane auch nicht in den 72 Stunden nach Veröffentlichung des Artikels Wertpapiere der Bayer AG zu kaufen. 
  • Kann man die Tour de France auch ohne Doping gewinnen?

    Kann man die Tour de France auch ohne Doping gewinnen?

    Lance Armstrong hat vor fünf Tagen im Freakonomics-Podcast auf die Frage des Journalisten und Podcast-Gastgebers Stephen Dubner “Do you think you could have won any Tours de France without doping?” (min 13:15) geantwortet: “Zero percent chance”
    Das klingt nach einem Offenbarungseid für den Sport, der immer noch Millionen Zuschauer vor den Fernseher oder direkt an die Strecke lockt. 
    Lance Armstrongs letzter Toursieg liegt 13 Jahr zurück, meine letzten Artikel zur Tour de France fünf Jahre. Zeit für ein Update. Kann man die Tour de France auch ohne Doping gewinnen?
    Armstrong bezieht die 0% Chance auf einen cleanen Tourgewinn auf das damalige Tourumfeld. Damals wurde systematisch und im gesamten Fahrerfeld gedopt. In den Top10 des Gesamtklassements von 2005 gibt es beispielsweise nicht einen Fahrer, der nicht nachgewiesenermaßen gedopt hat, bei Dopingärzten in Behandlung war, Dopingtests umgangen hat, dem Doping konkret vorgeworfen wurde oder der selbst zugegeben hat, gedopt zu haben.
    Wie sieht die Situation also heute aus? Zunächst: Kategorisch ausschließen, dass Fahrer auch dieses Jahr gedopt waren, kann wohl keiner. Um einen generellen Eindruck von der Sauberkeit der Tour zu bekommen, kann man sich aber die Leistungsdaten der Spitzenfahrer anschauen und prüfen, ob diese plausibel erreichbar sind. Plausibel heißt konkret: Wie viel Watt pro kg Körpergewicht Leistung bringen die Fahrer? Und sind diese Leistungen mit modernen Trainingsmethoden erreichbar?

    peter_sturm
    Peter Sturm. Autor des Gastartikels.

    Das kann Peter Sturm (Pseudonym) deutlich besser als ich. Deshalb hier sein zweiter Gastartikel bei WeiterGen. Peter Sturm ist Trainingsmethodiker. In den letzten 5 Jahren trainierte er bis zu 200 engagierte und erfahrene Sportler. Sein Trainingssystem erscheint in Kürze in Buchform. Sturm ist Trainer der Nachwuchshoffnung Jonas Rapp, der seit diesem Jahr für das österreichische UCI Continental Team Hrinkow Advarics startet und bei der diesjährigen internationalen Österreichrundfahrt gesamt zwölfter wurde.
    —Gastartikel—
     

    Kann man die Tour de France auch ohne Doping gewinnen?

    Das Thema ist auch fünf Jahre später noch aktuell. Aus meiner Sicht eindeutig ja. Wir schauen uns im Folgenden die Leistungsanforderungen an den potentiellen Toursieger 2018 an und ich zeige Ihnen anhand von tatsächlichen Trainingsdaten die Leistungsentwicklung von Jonas Rapp, der sich durch gezieltes Training vom Niveau eines A-Fahrers (Höchste deutsche Amateurklasse) zu einem möglichen Weltklasseprofi in der Kategorie Rundfahrer (vs. Allrounder, Sprinter) entwickelt hat. Um die Daten des Sportlers vergleichend zu analysieren, rechne ich die Leistungen bei der diesjährigen Tour auf sein RACE Gewicht von 71kg um.

    Die Leistungsanalyse bei schweren Bergen auf der Tour

    Am Mittwoch stand eine Bergetappe über gerade mal 65km mit 3000 Höhenmetern auf dem Programm. Auf Strava haben schon einige Sportler ihre Daten hochgeladen (leider z.T. ohne Wattangaben) und wir können die Leistungen der Klassementfahrer in der Gruppe um das gelbe Trikot mit einem Leistungsrechner (wie z.B. Kreuzotter.de) nachvollziehen. Länge und Durchschnittsteigungen habe ich analog zu den Strava-Segmenten einbezogen.

    Nach dem Start ging es sofort in den Col de Peyresourde. Das Strava-Segment über 12,93km mit einer mittleren Steigung von 7,146% bedeutet für einen 71 kg schweren Fahrer mit 8 kg Ausrüstung, er müsste rechnerisch 385 Watt oder 5,36 W/kg leisten, um den Anstieg in der Gruppe der Spitzenfahrer zu absolvieren (37 min und 17 sek). Im Windschatten der Gruppe und mit besten Material (Reifen, Trikots etc.) können das aber auch nur 360 Watt und ca. 5,07 W/kg gewesen sein.
    Simon Geschke hat seine Wattdaten bei Strava hochgeladen und brauchte in einer Fluchtgruppe für 35min und 20 Sek. 348 Watt und somit bei einem Gewicht von 63 kg 5,53 W/kg. Hier errechnet Kreuzotter ca. 377 und somit 5,89 W/kg. Die Berechnung der Wattwerte nur anhand der physikalischen Werte, wie Gewicht von Fahrer und Ausrüstung, kann die tatsächliche Leistung (gerade in einer Gruppe) deutlich überschätzen. Je geringer die Steigung (und je höher die Geschwindigkeit), desto mehr profitieren die Fahrer vom Windschatten in einer Gruppe.
    Am zweiten Berg, dem Col de Val Louran-Azet wurde das Tempo dann in der Gruppe um das gelbe Trikot deutlich angezogen. Das Team AG2R und später auch Team Movistar sorgten mit ihren Helfern für eine Tempoverschärfung. Das mir vorliegende Stravasegment über 7,14km mit 8,29% führt Michal Kwiatkowski mit 20:58 an. Die Tempoverschärfung hat kurzfristig die sonst sehr geordneten Fahrer des Teams Sky ordentlich durcheinandergewirbelt.
    Für unseren 71 kg Fahrer errechnen wir 428 Watt oder 6,03 W/kg. Tatsächlich können es aber auch nur 408 Watt und 5,74 W/kg für den im Windschatten geschützten Fahrer in der Gruppe gewesen sein. Wir können aber davon ausgehen, dass während der Tempoverschärfung zumindest der Fahrer an der Spitze z.B. 6,1-6,2 W/kg gefahren ist. Das Tempo war zeitweilig so hoch, dass zumindest einige Helfer über ihrem Limit waren. Das war im Fernsehen sehr gut sehen. Dieser Gruppe gehörten am Ende noch ca. 15-20 Fahrer an, wobei einige Fahrer vorher in Fluchtgruppen unterwegs waren und im Anstieg aufgesammelt wurden.
    Den Schlussanstieg am Col du Portet habe ich handgestoppt und mir Zeiten für den Sieger Quintana von 49:39 und für das Gelbe Trikot von 50:25 notiert. Quintana mit 50kg leistete rechnerisch 312 Watt und somit 6,24 W/kg. Unser 71kg Fahrer würde hierfür 418 Watt und 5,88 W/kg benötigen. Die 8 kg Ausrüstung benachteiligen folglich den leichten Fahrer. Real wird die Leistung von Quintana vielleicht bei 6,0 W/kg gelegen haben. In der Gruppe um das gelbe Trikot hätte unser 71kg Fahrer rechnerisch 410 Watt leisten müssen und somit also 5,77 W/kg. Tatsächlich können es auch 390 Watt mit 5,5 W/kg gewesen sein.
    Ohne die genauen Wattangaben und ohne Angaben zum Gewicht des Fahrers sind wir auf Hochrechnungen angewiesen und müssen von den physikalischen Berechnungen einen Abzug für Windschatten/Material etc. machen. Hier wäre es sicherlich für die Transparenz eines sauberen Sports sicherlich wünschenswert, wenn alle Fahrer ihre Daten auf eine Plattform wie Strava hochladen würden.
    Die Etappe nach Alpe d Huez war deutlich länger und führte vor dem Schlussanstieg über zwei hohe und lange Berge. Der Schlussanstieg nach Alp d’Huez wurde handgestoppt in 41:10 gefahren und unser 71kg Fahrer hätte hierfür rechnerisch 410 Watt benötigt. Die relative Leistung von 5,77 W/kg (ohne Fehlerabzug) sollte man hier in die Gesamtbelastung der Etappe einordnen.

    Auf dieser Etappe nach Alpe d Huez) hätte der 71kg Fahrer rechnerisch ca. 2600 kcal allein an den ersten beiden Anstiegen benötigt. Die relative Leistung am Col de la Madeleine betrug ca. 5 W/kg für 1h und 8 Minuten. Am Croix de Fer waren es noch 4,6 W/kg für eine Stunde. Die Profile waren flacher, der Windschatten müsste also noch berücksichtig werden, ein Abzug von 200 kcal und somit ein Energieverbrauch von 2.400 kcal bildet die Belastung vermutlich besser ab. Ein Fahrer wie Quintana spart hier durch sein geringes Körpergewicht ca. 750 kcal im Anstieg dieser beiden Berge gegenüber seinen 20 kg schweren Konkurrenten ein. Das entspricht 183 gr. Glykogen.
    Wenn man berücksichtigt, dass Sportler maximal 700 gr. Glykogen in der Muskulatur und Leber speichern können, sind 183 gr. Ersparnis natürlich relevant. Quintana hat auf der Kopfsteinpflasteretappe am Ende der ersten Woche gegenüber seinen Konkurrenten keine Zeit verloren, aber wir dürfen davon ausgehen, dass er viel Substanz eingebüßt hat. Ein leichter Fahrer hat auf schnell gefahren und windanfälligen Etappen deutliche Nachteile. Während unser 71kg Fahrer 330 Watt noch im Grundlagenbereich fahren kann, wird unser Bergfloh hier schon stark gefordert.
    Wir können also unterstellen, dass bei gleicher relativer Leistung, der schwerere Fahrer bei dieser Tour frischer in die zweite Woche gegangen ist, als sein leichtgewichtigerer Konkurrent. Quintanas Leistung am Mittwoch deutet darauf hin, dass leichtere Fahrer dann in den Bergen insgesamt weniger belastet sind (Energieverbrauch) und so eher noch am Schlussanstieg ihre Leistungen abrufen können. Das ist natürlich spekulativ und lässt das Rennprogramm außen vor; Froome und Dumoulin sind den Giro d‘ Italia gefahren, Quintana und Thomas nicht. Am Freitag bei der letzten Bergetappe büßte Quintana Zeit ein. Der Einbruch kann auf einen Infekt oder zum Beispiel eine Magenverstimmung hindeuten. Die dritte Woche einer Grandtour führt alle Fahrer an ihre Grenzen und ob ein Fahrer dann von Tag zu Tag die Leistung halten kann, zeigt sich erst in der Rundfahrt.
    Welche Rückschlüsse lassen sich ziehen? Die Spitzenfahrer müssen auch noch nach langen harten Etappen in der Lage sein ca. 5,6-5,7 W/kg am Schlussanstieg abrufen zu können. Auf kürzeren harten Etappen können das am Schlussanstieg auch 6,0 W/kg sein. Leichte Fahrer müssen bis zu 0,35 W/kg mehr leisten können als Fahrer, die 20 kg schwerer sind. Dafür benötigt der schwerere Fahrer aber auch ca. 100 Watt mehr Leistung (ungefähr 360 kcal/h).
    Wir sehen, die Konkurrenz einer Tour ist äußerst komplex. Die Ergebnisse der letzten Jahre beim Giro und der Tour deuten darauf hin, dass Rundfahrer wie Dumoulin oder Froome mit Körpergewichten leicht unter 70 kg zumindest nicht benachteiligt sind.
    <h2>Die Anforderungen an die Fahrer</h2>
    Der Sportler benötigt eine hohe maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) bezogen auf sein Körpergewicht und muss durch Training einen möglichst hohen Anteil der VO2max in Zeiträumen von 5-60 Minuten abrufen können, also der Dauer der Anstiege bei der Tour de France. Um das auch im späteren Verlauf einer Etappe zu können, sollte der Fettstoffwechsel des Sportlers möglichst gut trainiert sein, um die Glykogenspeicher der Muskulatur zu schonen.
    Die VO2max, die Dauerleistungsschwelle (CP, MLSS) und der Fettstoffwechsel stehen also im Fokus des Trainings für Fahrer, die sich auf Rundfahrten oder schwere Eintagesrennen vorbereiten.
    Nun kenne ich nicht im Detail das Training von Froome, Dumoulin, oder Thomas. Ich trainiere aber seit Januar 2015 das Nachwuchstalent Jonas Rapp. Jonas konnte in dieser Zeit seine Stundenleistung von 330 Watt auf 430-440 Watt steigern. An seinem Beispiel möchte ich zeigen, wie das Training eines Rundfahrers aussehen kann, um in der Spitzengruppe mithalten zu können. Jonas hat bei einem Gewicht von 72kg einen Körperfettanteil von über 10%. Sein Wettkampfgewicht ohne Leistungsverlust (Körperfettanteil von 8%) könnte also mit 70,4 kg angenommen werden. Er entspricht damit ziemlich genau unserem Vergleichsfahrer mit 71 kg Körpergewicht.
    <h3><b>Anforderungen an den Fettstoffwechsel</b></h3>
    Kommen wir zurück auf die 2400 kcal (nach Fehlerabzug), die ein 71 kg Fahrer allein auf den ersten beiden Anstiegen der Etappe nach Alpe d‘ Huez verbrennt. In Studien wird die Fettflussrate von Ausdauersportlern in Abhängigkeit zu ihrer VO2max dargestellt. Je nach Trainingszustand kann die Fettflussrate ihr Maximum zwischen 65-70% der VO2max erreichen. Nehmen wir an, unser 71 kg Fahrer hat im Bereich von 350 Watt einen Anteil der Fette am Energieverbrauch von 45%, dann muss er 61 g aus seinen Speichern pro Stunde zusteuern. Er hätte also ca. 120 g für die ersten beiden Anstiege aus seinen Speichern gezogen.
    Im Rechner unterstelle ich bei hochtrainierten Sportlern eine Effizienz von 25% und nehme hier mal an, der Sportler hat seine Kohlenhydrataufnahmefähigkeit auf 100 g pro Stunde maximieren können. 80 g pro h im Mix von Fructose mit kurz und langkettigen KH gelten als gesichert für jedermann. Die Fettflussrate von 0,97 g/min zeigt uns, dass der Fettstoffwechsel hier schon auf hohem Niveau läuft. Mit 350 Watt liegt die Leistung genau zwischen 65% und 75% der VO2max. Ein Bereich, in dem der Fettstoffwechsel noch maßgebliche Anteile zur Leistung beisteuern kann.
    Wir sehen also, die 750 kcal, die Quintana durch sein geringes Gewicht rechnerisch weniger verbraucht, kann der schwerere Fahrer kompensieren, wenn er über einen guten Fettstoffwechsel im Bereich um 5 W/kg verfügt. Der schwere Fahrer wird tendenziell mehr Glykogen (da mehr Muskelmasse) einlagern können als der leichtere Fahrer und würde hier den Vorteil des leichteren Fahrers wieder teilweise ausgleichen können.

    Intensives Fettstoffwechseltraining

    Jonas typische Trainingseinheiten beinhalten z.B. 3x15min mit 370-380 Watt und am Ende (jenseits von 3000 kcal) noch 10-12 min Intervalle um 410-420 Watt. Eine andere Einheit stellt die 430 Watt Intervalle nach vorn und erst am Ende sind die längeren 380 Intervalle zu fahren. Obige Einheit ist Jonas am 28.6 gefahren. Er startete mit 2×10 min mit einer Anfangsleistung von 500 Watt für die ersten zwei Minuten und sollte dann spielerisch in den „Streckenschlag“ gehen. In den folgenden 2x12min hat er Tempoerhöhungen über die Trittfrequenz und 6 Sekundensprints eingebaut. In der zweiten Hälfte kamen noch 3x15min um 380 Watt hinzu.

    Am 21.6. fuhr Jonas die Einheit anders rum. Zuerst die 370-380 Watt Intervalle und dann Intervalle um 410 Watt gegen Ende der Einheit mit schon gut geleerten Glykogenspeichern. Wir sehen, dass die 410 Watt über 24 min ihn ca. 600 kcal gekostet haben. Er hat hier seine Speicher schon fast leergefahren und musste dann das letzte Intervall frühzeitig abbrechen, um nicht komplett leer zu fahren.

    410 Watt in der letzten Stunde einer 4 Stunden Einheit zu fahren, ist natürlich anspruchsvoll. Auch für den Kopf des Sportlers ist es gut, die Einheiten dann auch mal wieder umzudrehen und die härteren Intervalle am Anfang mit noch vollen Speichern zu fahren.
    Wir zielen hier genau auf den Fettstoffwechsel zwischen 380 und 420 Watt und setzen mit dem Wettkampfgel Reize auf den Kohlenhydratstoffwechsel, den Fettstoffwechsel und die Größe seiner Glykogenspeicher. Wir trainieren also aktuell schon seine Fähigkeit auch am Ende einer langen Trainingseinheit mit deutlich reduzierten Speichern Leistungen um 5,7-5,9 W/kg abzurufen.

    VO2max Training

    Das Vo2max Training wird in vielen Studien unter dem Begriff „High Intensity Training“ untersucht. Im Prinzip kann eine Einheit die relative Vo2max um einen halben Punkt erhöhen. Theoretisch. Im Radsport wurde der Bereich für das Vo2max Training vor 5 Jahren noch mit 105-120% der FTP (Stundenleistung) angegeben. Läufer hatten für dieses Training schon seit Jahrzehnten genaue Tempotabellen, die sich z.B. an ihrer 10.000 Meter Zeit orientierten.
    VO2max Training kann nur dann in der Mehrjahresperiodisierung erfolgreich umgesetzt werden, wenn eine exakte Belastungssteuerung erfolgt und der Sportler mitdenkt. Hottenrott zeigte 2012 mit einer groß angelegten Studie mit über 750 Breitensportlern, dass Vo2max Training zum größten Leistungsfortschritt führt, die Sportler aber nur bedingt über längere Zeiträume für dieses Training zu gewinnen sind.
    Man geht zum Zahnarzt, damit mit man auch morgen noch in den Apfel beißen kann. Aber der Besuch wird weh tun. So ist das auch mit dem Vo2max Training. Ich muss dieses Training als Trainer so einbinden, dass mir die Zustimmung des Sportlers oder der Sportlerin erhalten bleibt. Das kann mir nur gelingen, wenn ich dieses Training sehr genau steuere und sehr sensibel auf das Feedback des Sportlers reagiere.
    Basierend auf dem Modell von Monod-Scherrer (1965) gebe ich meinen Sportlern Tempovorgaben für die wichtigsten Intervallbereiche. Die Bereiche werden durch die CP und die W des Sportlers bestimmt. Die Stundenleistung zur Orientierung ist hier nicht zweckmäßig, weil Fahrer mit der gleichen Stundenleistung durchaus unterschiedliche anaerobe Kapazitäten haben können. Der Fahrer mit der eher hohen W wird deutlich höhere Werte im Bereich der 4 min Intervalle fahren können und muss dafür dann deutlich niedrigere Wattwerte für die 8 min Intervalle nehmen. Wenn ich herausfinden will, wie bei einem Sportler in etwa die Verteilung seiner CP/W ist, lasse ich ihn 2-3 Intervalleinheiten mit 4 und 8 Minuten Länge fahren. Zur Bestätigung dann z.B. den 12 Minutentest.
    Das Chart stützt sich auf die Zoneneinteilung nach Coggan. Den VO2max-Bereich lassen wir aber bei 105% der Critical Power beginnen und wir haben Coggans Zone 5 mit 105-120% der FTP unterteilt in die Zonen 5a-5f. Sie können hier Ihre eigenen Parameter eingeben.
    Die Sportler fahren diese Intervalle in einem Fenster von einem Verbrauch der anaeroben Kapazität von 40-60%. Ausgehend von den Beobachtungen und der Analyse von mehreren hundert Sportlern konnten wir folgern, dass der Sportler bei einem Verbrauch von ca. 55% seiner anaeroben Kapazität (W) seine Vo2max erreicht, er also unter Volllast seines aeroben Systems arbeiten muss. Die nachfolgende Darstellung zeigt wie unser aerobes System an die Vo2max geführt wird, hier in Abhängigkeit der Intensität und der Intervalllänge. Die Vorgabe im Intervall wird so gewählt, dass am Ende des ersten Intervalls ca. 55% der W verbraucht sind. Wir können also eine Intensität wählen, mit der wir die Vo2max triggern können und somit können wir auch die relative Vo2max ziemlich genau rechnerisch bestimmen

    In den Folgeintervallen erreicht der Sportler durch das Pausenregime immer früher die Vo2max. Bei 4×8 min trainiert der Sportler vielleicht 16-17 min an der Vo2max plus weitere Minuten in dem ebenfalls wirksamen Bereich von 90-100 Prozent der Vo2max. Aus den Beobachtungen wissen wir, dass Sportler, die übermotiviert diese Intervalle fahren und z.B. am Intervallende noch sprinten, deutlich längere Regenerationszeiten benötigen. Werden nun weitere Einheiten in der gleichen Trainingsphase deutlich übersteuert, kann sich ein sympathisches Übertraining etablieren. Der Fahrer „schießt sich ab“.
    Der Sportler sollte die Freigabe seines Kardiologen haben und er braucht den richtigen Tag für dieses Training und einen kühlen Kopf, um im Zweifel nach dem ersten Intervall oder nach dem Warmfahren abzubrechen, wenn das Körperfeedback dazu rät. Wenn alles passt, dann heißt es „never ever waste your hammertime“. Für die Entwicklung eines Sportlers ist diese Zone ausschlaggebend.

    Die Umsetzung der Theorie bei Jonas Rapp

    Jonas Rapp bei der Österreichrundfahrt. Bild: Reinhard Eisenbauer (http://www.eisenbauer.com)
    Talente reagieren auf so ziemlich alle Reize mit einer starken Leistungsentwicklung. Auch Jonas hatte schon eine relative VO2max von mehr als 70 als wir mit dem Training starteten. Aber um in seinen Fall von 72 auf 89 Punkte zu kommen, waren drei Jahre hartes Training erforderlich. Jonas steigerte mit Serien von 2x (3x8min) in Zone 5a seine Critical Power von 320 auf 390 im ersten Jahr. Jeder, der solche Intervalle im Training schon mal gefahren ist, weiß, wie stark man im Kopf sein muss, um nach der ersten Serie noch eine zweite Serie folgen zu lassen.
    Berücksichtigen wir, unter welchen zeitlichen Bedingungen Jonas dieses Level erreicht hat, bekommen wir einen Ausblick auf das Potential dieses Sportlers. Jonas hat Abitur gemacht und im Anschluss eine Ausbildung, die er Ende Januar 2018 abgeschlossen hat. Ich kenne viele Hobbysportler, die mehr Zeit für das Training hatten als Jonas. Er kam oft gegen 19Uhr nach Hause und hatte den ganzen Tag gestanden und konnte dann abends nicht immer die geplanten Einheiten fahren. Seine Jahreskilometer lagen in den letzten Jahren um 20.000.
    Für 2018 haben wir den Fokus darauf gerichtet, Jonas mehr Substanz für lange Rennen mitzugeben, so dass er auch am Ende einer Etappe seine Leistungen abrufen kann. Einige Einheiten habe ich euch ja schon vorgestellt. Jonas ist die Saison auf einem konstant hohen Niveau gefahren. Nach einer Erkältung in Folge einer kurzen und nasskalten Rundfahrt im Frühjahr musste er zehn Tage pausieren und konnte trotzdem nach 14 Tagen Training am 4.Tag einer Rundfahrt im Bergzeitfahren schon wieder über 25 min 441 Watt abrufen. Bei einem Bundesligarennen (!) in Österreich musste er in einer Situation 507 Watt über 5 min. aufbringen, um mit den Topfahrern nach vorn zu fahren. Wenn ich die beiden Renndaten in das Modell von Monod-Scherrer einpflege, kommt eine Stundenleistung von 430 Watt raus.
    Anfang Juli ist Jonas die internationale Österreichrundfahrt gefahren. Acht schwere Tage in Folge und wir hatten nicht wirklich erwartet, dass Jonas in der Summe nur 3 Min verliert und somit bei seiner ersten schweren Landesrundfahrt auf das Gesamtklassement fahren kann. Jonas ist zuvor nie lange Alpenpässe gefahren. Er kannte weder das Kitzbüheler Horn noch den Großglockner. Jeder Rennfahrer weiß, wie wichtig es ist, Berge vorab im Training am besten mehrmals gefahren zu sein. Leider fehlen Powermeterdaten vom Kitzbüheler Horn, weil Jonas hier mit Kompaktkurbel gefahren ist.
    Leistungsdaten von Jonas Rapp. Er ist nach fünf harten Tagen den Großglockner von unten bis oben eine Stunde mit 396 Watt gefahren. Dabei leistete er 403 Watt ab der Mautstation und auch über 2000 m Höhe noch konstant 15min mit 398 Watt. Die 408 Watt Durchschnitt in den letzten 4 Minuten zeigen, dass er sich vorsichtig gepaced hatte.
    Rennen kann man nicht am Rechner gewinnen. Aber Jonas hat bei den beiden Bergankünften gerade mal etwas mehr als eine Minute auf den führenden Fahrer verloren. Das entspricht etwa dem mitführen von 2kg Gewicht. Diese zwei kg Ersparnis wären auch dieses Jahr schon möglich gewesen (Körpergewicht/Ausrüstung).
    Jonas ist die Rundfahrt aber nicht in Topform gefahren. Nur in den großen Profiteams, können die Sportler sich auf die Saisonhöhepunkte mit längeren Trainingsblöcken und Höhentraining vorbereiten. In den UCI-Continentalteams fahren die Sportler ihren Kalender runter und müssen schauen, dass sie von Rennen zu Rennen kommen. Wenn dann noch eine Erkältung da Zwischen kommt, werden die Vorbereitungsfenster kleiner.
    Bei der Tour de France sind die Bergetappen eher länger aber es gibt selten mehr als 3 Etappen für Classementfahrer am Stück. Kürzere Etappen werden mit einer höheren Intensität gefahren. Auf den hügeligen oder flachen Etappen fahren Fahrer wie Jonas mit Leistungen, die eher im Regenerationsbereich liegen. Bei der Österreichrundfahrt hatte jede Etappe mehr als 2000 Höhenmeter und wurde hart gefahren. Vorsichtig geschätzt, liegt Jonas mögliche Topform bei optimaler Vorbereitung und mit Höhentraining bei circa 450 Watt für Zeitfenster von 20-40 Minuten.

    Welche Leistungsfähigkeit braucht ein Toursieger?

    Aus meiner Sicht braucht ein Tour de France Sieger eine relative Stundenleistung von ca. 6,3-6,5 W/kg, um in Rennen wie vergangenen Mittwoch noch am letzten Berg 6 W/kg abrufen zu können. Für den Sieg am Mittwoch hätte rein rechnerisch ein 50 kg Fahrer wie Quintana 6,24 W/kg, ein 62kg schwerer Fahrer 6,02W/kg und ein 71kg schwerer Fahrer 5,88 W/kg benötigt. 6,3 W/KG könnten also für einen 71kg Fahrer durchaus bedeuten, dass er bei einer Grandtour zumindest um das Klassement mitfahren kann.
    Die Grandtour gewinnt aber nicht unbedingt derjenige, mit dem besten relativen Leistungsgewicht, sondern der, von seinem Leistungsprofil am besten mit dem Profil der Rundfahrt harmoniert. Beim Giro gibt es viele Zeitgutschriften für kurze Schlussanstiege bei gefühlt jeder zweiten Etappe. Hier haben explosive Fahrer Vorteile. Wenn dann aber Froome mitten in einer Etappe (19.) an einem Anstieg (Col del Finestre) mit 5,9 W/kg über eine Stunde alle Verfolger abschütteln kann, sieht man, dass richtiges Training und Umsetzung gerade in der dritten Woche einer Grandtour entscheidend sein können. Froome hat sich hier von Helfern alle 1-2km Flaschen reichen lassen und nach dem Trinken fallen lassen um Gewicht zu sparen. Ein Killogramm weniger Gewicht weniger machen an so einem Berg 30 Sekunden aus. Jonas Rapp kam mit einer fast vollen Flasche am Kitzbüheler Horn an. Er (Originalton) ..hatte dann oben wenigstens schon was zu trinken.

    Kann man ohne Doping die Tour gewinnen?

    Nach 3,5 Jahren des Privilegs eines der größten deutschen Radsporttalente trainieren zu dürfen, würde ich das ganz klar mit ja beantworten. Ob Jonas die Tour gewinnen kann? Von 8 harten Tagen am Stück bei der Österreich Rundfahrt auf eine Grandtour zu schließen, ist schwierig. Wer aber auf seiner ersten schweren Landesrundfahrt nur 3 Min. auf den Sieger verliert, ist ein Rundfahrer mit Potential.
    Jonas fährt für das Team Hrinkow Advarics. Das Team hat ihn bei den Rundfahrten 2018 super unterstützt. Die Teamphilosophie steht für sauberen Radsport. Seine Leistungsentwicklung ist dokumentiert; hier gibt es nur Anpassungen an harte Reize und ein großes Talent. Anpassungen des aeroben Systems über mehrere Jahre erfordern ein Reizsystem, dass auch hochintensive Reize immer wieder in der Mehrjahresplanung berücksichtigt.
    Sind aus meiner Sicht Leistungen um 6,3-6,5 W/kg pro Stunde ohne Doping möglich? Ja, das würde ich unterstreichen. Sind alle Sportler sauber, die 6,3-6,5 W/kg leisten? Das würde ich mir wünschen. Dumoulin und Froome fahre beide das Double Giro und Tour auf hohem Niveau. Das geht nur, wenn das Basislevel sehr hoch ist und das spricht aus meiner Sicht dafür, dass der Sportler davon ausgehend in Höchstform auch Topleistungen erbringen kann – ohne Doping. Bei der Tour 2018 habe ich keine Leistungen gesehen, die man mit einem Fragezeichen versehen müsste.
    Jonas Rapp bei einer Ankunft einer Bergetappe Bild: Reinhard Eisenbauer (http://www.eisenbauer.com)