Gestern lag dann auch der Arztbrief im Briefkasten. Die Auswertung des PET-Scans mit Tracer hat ergeben, dass ihr Tumor im Stammhirn weiter wächst. Alle sonstigen Stellen, die im MRT verdächtig aussahen, sind offenbar nicht aktiv, also wahrscheinlich Artefakte der vergangenen Bestrahlungen.
Was das bedeutet haben wir schon am Freitag Nachmittag erfahren. Ich verpasste den Anruf unserer Onkologin um halb zwei und rief sie zurück, als ich zurück von meiner kurzen Rennrad-Tour war.
Ihr lägen inzwischen die Bilder des PET-Scans vor und demnach sei ein Rezidiv im Pons aufgetreten. Das sei die Stelle, an der schon zwei Mal bestrahlt wurde und eine weitere Bestrahlung hätten die Radiologen ausgeschlossen.
Wir sollten noch einmal kommende Woche zur Avastin-Therapie kommen, aber sie denkt, dass auch nach Rücksprache mit dem Tumorboard, keine weitere Therapiemöglichkeiten bestünden.
Schaut euch die unscharfen, farbigen Bilder gut an. Sie sind sechzehnhundert Euro wert. Die Kasse zahlt den FET-PET-Scan nämlich nicht.

Titien geht es nicht gut. Sie ist weitestgehend auf meine Hilfe angewiesen. Sie braucht Hilfe beim Anziehen. Zum Duschen braucht sie einen Duschlift. Spazieren gehen wir nur noch mit Rollstuhl, in der Wohnung braucht sie den Rollator und kann damit auch nur mit Mühe gehen.
Am schlimmsten ist, dass die Kommunikation mit ihr nur noch eingeschränkt möglich Kommunikation ist. Der Tumor beeinträchtigt ihre Aussprache. Je nach Tageszeit und -form ist sie schwer bist fast gar nicht zu verstehen. Das erfordert von mir Geduld und ist für sie frustrierend.
Hier eine Liste mit schönen Momenten, ohne bestimme Reihenfolge:
Ich habe inzwischen das Kochen übernommen. Sie sitzt dazu auf ihrem Rollator bei mir in der Küche und überwacht, dass ich für die asiatischen Rezepte auch die richtigen Zutaten in der richtigen Menge nehme.
Wir haben 5 kg Sonneblumenkerne, 2,5 kg Erdnussbruch und 3 l getrocknete Mehlwürmer gekauft. Jeden Tag kommen Kohlmeisen, Blaumeisen, Spatzen und Amseln zu uns auf den Balkon.
Ich kann dankenswerterweise auch weiter von zu Hause aus arbeiten und muss nicht ins Büro oder verreisen. Meine Seminare gebe ich online – und das funktioniert sehr gut. Ich habe mir einen Greenscreen gekauft. So kann ich einen Hintergrund meiner Wahl einstellen, während ich meine Seminare gebe, während Titien hinter mir auf dem Sofa liegen kann.
Titien hat die Krankenschwestern der onkologischen Ambulanz ins Herz geschlossen. Nachdem sie letztes Jahr jeder schon ein Plüschtier geschenkt hat, folgte letzte Woche je ein T-Shirt mit dem jeweiligen Lieblingstier. Sie waren außer sich vor Freude. Meet Schwester Eule, Schwester Lama, Schwester Hund und Schwester Faultier. Nicht auf dem Bild: Schwester Panda und Schwester Papagei.

Titien hat sehr viele Leser und bekommt sehr schöne Kommentare auf die Artikel in ihrem Blog und auf ihren Posts auf Facebook. Dort zu schreiben und mit den Leserinnen und Lesern aus aller Welt zu interagieren bedeutet ihr unheimlich viel.
Wir sind immer sehr früh wach und haben jeden Morgen Zeit, ausgiebig zusammen zu frühstücken. Jeden Tag trinken wir Kaffee zusammen nach dem Mittagessen – oft mit Kuchen oder süßen Teilchen vom Bäcker.
Titien hat sich ein Worteratespiel auf ihr Handy geladen. Jeden Abend bevor wir einschlafen spielen wir zusammen ein paar Runden und versuchen aus zusammenhangslosen Buchstaben die gewünschten Wörter zu bilden.Titien ist sehr viel begabter darin als ich, in etwas sinnlosem Sinn zu finden.
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