Annette Schavan bekommt offiziell ihren Doktortitel aberkannt und Boris Becker spricht aus, was außerhalb des akademischen Betriebs viele denken: “Bin ich froh, dass ich keinen Doktortitel habe”. Diejenigen, die einen haben sind froh, nicht prominent zu sein, sonst ginge es Ihnen wohl auch bald an den Kragen. Gibt es überhaupt Doktorarbeiten (in den meisten Fällen die erste nach wissenschaftlichen Maßstäben angefertigte Arbeit) die keine Plagiate, Falschzitate, oder zumindest Paraphrasen enthält, die zu nahe am Original sind? Doktoranden in den Lebenswissenschaften, die ihre Dissertation auf Deutsch schreiben, haben es sogar noch ein bisschen einfacher. Die gesamte Primärliteratur ist in Englisch, und wer kann schon nachweisen, dass ein Teil der Einleitung nicht eine Übersetzung aus einem Review-Artikel ist?
Groß wird das Gemetzel, wenn den Plagiatswächtern die Prominenten der ersten Reihe ausgehen, und sie sich in breiter Front beispielsweise den Doktorarbeiten von einfachen Universitätsprofessoren zuwenden. Wenn Angestellte des akademischen Betriebs während der Promotion plagiiert haben sollten, die gesamte akademische Kariere sozusagen auf einer frühen Unaufrichtigkeit aufbaut ist, scheinen berufliche Konsequenzen unausweichlich. Das hat auch sein Gutes, so kommen möglicherweise einige hochausgebildete Jungakademiker endlich an einen den eigenen Qualifikationen entsprechenden Job und müssen sich nicht weiter von befristetem Vertrag zu befristetem Vertrag hangeln. Vielleicht einfach mal die Doktorarbeit des der eigenen Karrierere im Weg stehenden Vorgesetzten bei vroniplag anmelden?
Aber lassen wir das. Zu einer Frage habe ich jedoch noch keine eigene Antwort gefunden. Bei Professoren ist es ja einigermaßen einsehbar, dass die Doktorarbeit Einfluss auf die eigene Karriere haben soll, und auch Fehler früh in der akademischen Laufbahn späte Konsequenzen haben können. Warum jedoch die Politikerin Annette Schavan jetzt nicht mehr als Ministerin tragbar sein soll, das muss mir jemand noch mal erklären.
 

Beteilige dich an der Unterhaltung

116 Kommentare

  1. Naja Tobias, klar gehört Lügen und Betrügen quasi zu den Qualifikationen eines Politikers – da stimm ich Dir schon zu und insofern ist Schavan natürlich echt gut qualifiziert für den Job.
    Aber so als oller Wähler find ich schon, daß zumindest der Posten des obersten Bosses des Bildungsministeriums eher einer integren, die Tugend der Wissenschaft hochhaltenden Person zugeschanzt werden sollte.
    Die Christdemokraten sind da eh nicht für geeignet.

  2. Liebe Kristin,
    mal davon abgesehen, dass der erste Absatz nicht über Stammtischniveau hinaus kommt, ist der Schlusssatz eine schöne Zusammenfassung dessen, worum es in den Fällen, egal ob Koch-Mehrin, Guttenberg oder Schavan, eigentlich geht: Politik. Die Wissenschaft (bzw. wissenschaftliche Sorgfalt und Redlichkeit) ist Mittel zum Zweck. Sie ersetzt die politische Auseinandersetzung und wird zusätzlich zur Diskreditierung eines Kollektivs über partielles Versagen Einzelner verwendet. Das ist zwar populär (um nicht zu sagen populistisch), aber eben auch unredlich. Ob die Plagiatsfälle und ihre öffentliche Darstellung und Diskussion dem Wissenschaftsbetrieb tatsächlich zur verbesserten Selbstkontrolle dienen, darf bezweifelt werden.

  3. Für mich ist Schavan untragbar seit sie die G8-Einführung in BaWü verbockt hat.
    Das ist aber nur meine persönliche Meinung und in ähnlicher Weise auch auf andere Politiker anwendbar (z.B. Merkel und “Euro”-Krise).

  4. “Gibt es überhaupt Doktorarbeiten (in den meisten Fällen die erste nach wissenschaftlichen Maßstäben angefertigte Arbeit) die keine Plagiate, Falschzitate, oder zumindest Paraphrasen enthält, die zu nahe am Original sind?”
    Eine Frage, die ich mir auch stelle. Wie schätzen das diejenigen ein, die schon eine Doktorarbeit haben? Passieren Falschzitate eher mutwillig (aus Bequemlichkeit) oder ist es oft auch nur ein Versehen? Das Schreiben einer Doktorarbeit steht mir noch bevor und ich hätte Angst, versehentlich so einen Fehler zu machen. Gibt es höhere Institutionen (neben dem eigentlichen Doktorvater), die in noch nicht eingereichte Doktorarbeiten Einsicht nehmen und auf Falschzitate überprüfen?

  5. Deine Argumentation bzgl. der Grundgesamtheit aller Doktorarbeiten ist greift leider nicht. Standing on the shoulders of giants, acknowledged. Aber eine Übersetzung ist nicht unbedingt ein Plagiat oder eine Täuschung, auch wenn eine Paraphrase gekennzeichnet sein sollte. Beachte den Kontext: die Lebenswissenschaften sind das denkbar schlechteste Beispiel. Wir arbeiten mit Daten. Wenn wir diese fälschen, sind unglaubwürdig und damit zurecht erledigt. (Die Interpretation ist, pardon, ohnehin selten originell.) Wenn Leute in den Humanities ihre Diss schreiben, entwickeln sie Gedanken und neue Sichtweisen – und wer da bewußt und systematisch (!) nicht ordentlich zitiert und darüber hinweg täuscht, dass die Gedanken nicht die eigenen sind, verliert zu recht den Titel.
    Mich wundert, dass du als Wissenschaftler eine Erklärung brauchst, warum Frau Schavan besser zurücktreten sollte.
    Als Erklärung ist hinreichend, dass sie die Wissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland politisch repräsentiert und lenkt. Sie trägt die Verantwortung für alle (bundes)staatlichen Mittel, die in die Forschung fließen.
    Mit dem Verlust ihres akademischen Titels ist sie nicht glaubwürdig in der Lage, die Aufgabe der Repräsentation glaubwürdig wahrzunehmen. Dass sie zudem in politischen Entscheidungen über Finanzen eigentlich auch über die Fachkompetenz von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftflern urteilen können sollte macht sie auch in der Lenkungs- und Finanzierungsrolle als Ministerin zumindest angreifbar. Wahrscheinlich (nach meinem Kenntnisstand der BMBF-Abläufe) ist es praktisch von keinerlei Bedeutung. Die Ministerin trägt die Verantwortung für die Entscheidungen des BMBF und entscheidet (mit) über die Ausrichtung. Im BMBF arbeiten eine Menge Leute, die ihre akademischen Titel ganz legitim erworben haben. Selbst wenn mir deren politische Ausrichtung nicht passen sollte, sind sie (hoffentlich) qualifiziert.
    Frau Schavan ist’s offensichtlich nicht, entscheidet aber auch über diese Personen und ihre Arbeit.

  6. Studentin,
    ich gehe davon aus, dass inzwischen von vielen Instituten und Universitäten die digitalen Versionen von eingereichten Dissertationen mit geeigneter Software auf Plagiate geprüft werden – bevor der Doktorgrad zuerkannt wird. Eine gründlichere, manuelle Suche, auch hinsichtlich fehlender Zitierenden, wie sie ja auf vroniplag durchgeführt wird, ist zeitlich gar nicht zu bewältigen. Nicht eingereichte Doktorarbeiten werden sicher nicht überprüft. Wahrscheinlich kann dir dein zuständiges Promotionsamt da weiter und besser Auskunft geben.

  7. Frau Schavan ist nebenher noch Honorarprofessorin an der FU Berlin. Ist das mit einem erschwindeltem Dr. auch noch in Ordnung?
    Der Fall Schavan ist eine gute Gelegenheit, sich Gedanken über Sinn und Unsinn von Promotionen zu machen. Warum promovieren Leute, die keine wissenschaftliche Karriere anstreben?
    Wie kann es überhaupt eine Promotion in einem Fachbereich geben, für den es noch nicht mal eine allgemein anerkannte Definition gibt (“Es besteht innerhalb der Disziplin kein Konsens über die Ziele der Pädagogik/Erziehungswissenschaft.” Wikipedia)?

  8. aeon,
    du hast Recht, in den Lebenswissenschaften ist wissenschaftliches Fehlverhalten einfacher und eindeutiger zu beurteilen als in den Geisteswissenschaften und es ist schwierig Fremdzitate zu verschleiern und als die eigenen auszugeben.
    Ich finde das die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit von Schavan durchaus beschädigt ist und ihre Kompetenz im Bereich Gewissensbildung (das Thema ihrer Dissertation) in Frage steht. Die politischeGlaubwürdigkeit hat damit für mich jedoch wenig zu tun und ihre 33 Jahre zurück liegende Promotion beeinträchtigt meiner Meinung nach nicht ihre aktuelle politische Arbeit – und das sage ich unabhängig davon, ob mir ihre Politik passt oder nicht.
    Der Fall zu Guttenberg war übrigens anders. Guttenberg hat nachweislich im Zuge der Aufklärung gelogen.

  9. Es ist eine gute Frage, in wie fern man einen geänderten Maßstab an ältere Doktorarbeiten anlegen muss. Es wird zwar immer behauptet, was jetzt ein Plagiat ist, war früher auch eines, jedoch sehe ich das anders.
    Wenn ich mir 20 Bücher zu einem Thema durchlese und dann meine Arbeit schreibe, ist es heute sehr simpel die entsprechenden Stellen per Strg+F wieder auf zu rufen. Früher war dies um einiges aufwändiger, so dass es meiner Meinung nach auch des öfteren zu “unbeabsichtigten” Zitieren kommen kann. Man hat den Satz zwar gelesen, erinnert sich aber nicht mehr direkt daran, dass die exakte Formulierung ebenfalls so war, sondern man hat sich nur den Inhalt gemerkt. Wenn es sich bei diesem Inhalt um Selbstverständlichkeiten handelt (Wie es in diesem Fall ja wohl war, da kaum bis keine inhaltsrelevanten Teile abgeschrieben wurden) dann sehe ich das Problem eher bei der Studienrichtung an sich als bei der “Betrügerin”
    Was ist eine Doktorarbeit überhaupt wert, wenn 80% eh Zitate sind und diese nur Banalitäten behandeln?
    Wie gravierend ist es einen trivialen Satz zu klauen? (Wenn etwas in einem Fachbereich als Grundwissen vorraus gesetzt wird, muss man es dann wirklich immer als Zitat kennzeichnen?)
    Handelt es sich bei all diesen Arbeiten dann nur um 2 Aussagen welche mit 150 Seiten Zitaten unterlegt sind?
    Wie viel neue Doktorarbeiten sind in den entsprechenden Themenbereichen eigentlich noch möglich?
    Haben solche Doktorarbeiten eigentlich einen Nutzen, oder sind sie nur als “Prüfung” an zu sehen? Letzteres würde sie ja Überflüssig machen, da dies auch die normale Abschlussarbeit erfüllen würde.
    Bei einer entsprechend scharfen Prüfung, wie viele der Doktorarbeiten der Uni müssten dann insgesamt widerrufen werden?
    Außerhalb der Naturwissenschaften kann man, mit unglücklicher Themenwahl, auch zum Plagiator werden ohne Vorsatz oder komplett schlampiger Arbeit.
    Das sind Fragen die man sich generell mal stellen muss.
    Zum aktuellen Fall muss man auch noch das politische Beleuchten. In wie fern war die Universität überhaupt frei in Ihrer Entscheidung? Das nicht aberkennen der Arbeit hätte jeglichen Imageschaden der Ministerin auf die Uni übertragen. Zumal es hier eine Aggressive Jagd gibt und die Uni auch weiß, dass wenn sie diese unterbindet sie das nächste Ziel des Angriffs seien wird. Ohne außenstehendes Kontrollgremium wird es zwangsläufig auch eine politische Entscheidung gewesen sein. (Also Universitätspolitik)
    Viele werden wieder die blanke Empörung heucheln um sich entweder nicht mit unangenehmen Fragen auseinander setzen zu müssen, oder weil sie politisches Kapital schlagen wollen. Nur wird beides nichts konstruktives ergeben.

  10. @aeon
    Naja das Daten gefälscht werden kommt sicherlich seltener vor, aber das Daten geschönt werden und nicht sehr sorgfältig mit ihnen umgegangen wird schon.

  11. Ich bin von diesem Artikel ehrlich gesagt sehr enttäuscht. Ich lese viel auf astrodicticum simplex, wo auch Themen außerhalb der Astronomie behandelt werden, Da dort bis jetzt aber nichts zum Doktorentzug zu lesen ist habe ich es hier versucht. Eigentlich bin ich es von scienceblogs gewohnt, dass Pro- und Contra-Argumente der aktuellen Diskussion aufgegriffen und “auseinandergenommen” werden. Oft enden die Artikel dann auch mit einem persönlichen Fazit (welches man teilen kann oder eben auch nicht, welches aber argumentativ nachvollziehbar ist). Hier findet sich nichts dergleichen. Der Artikel verfängt sich in Allgemeinheiten und geht auf den konkreten Fall überhaupt nicht ein. Finde ich sehr schade, wenig hilfreich und bin überzeugt, dass das besser geht.

  12. Warum jedoch die Politikerin Annette Schavan jetzt nicht mehr als Ministerin tragbar sein soll, das muss mir jemand noch mal erklären.
    Z. B.
    – weil sie eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Sie steht nun im Verdacht, meineidig gehandelt zu haben, denn der Ausschuss der Universität Düsseldorf hat festgestellt, dass sie “systematisch und vorsätzlich” getäuscht hat, und zwar als “Tatbestand einer vorsätzlichen Täuschung durch Plagiat”.
    Und das Gericht wird bei der Sachlage kaum anders entscheiden. (Die Uni hatte ja bereits die rechtliche Seite des Verfahrens von einem bekannten Rechtswissenschaftler begutachten lassen, der nichts zu beanstanden hatte).
    Gegenfrage:
    Warum soll jemand, der systematisch und vorsätzlich täuscht und damit seinen Eid bricht, als Politiker akzeptabel sein?
    Sie hat lt. Tatsachenfeststellung getäuscht, um an den Titel heran zu kommen. Und erst dadurch ist ihre Karriere möglich geworden.
    Ich finde solche Leute wie Schavan untragbar in einem hohen öffentlichen Amt in einem Rechtsstaat.

  13. Wieso unterscheidest du zwischen wissenschaftlicher u. politischer Glaubwürdigkeit? Für mich ist eine Person entweder glaubwürdig, d.h., wenn sie etwas behauptet, gehe ich davon aus, sie macht das nach bestem Gewissen, oder eben nicht. Deswegen würde ich sie auch als Landwirtschaftsministerin nicht haben wollen.
    Mal ganz davon abgesehen, dass man als diejenige Person, die die deutsche Wissenschaft lenkt, auch nachweisliche Kompetenz in der Wissenschaft haben sollte.

  14. Tja mr_mad_man,
    es tut mir leid, dass mein Stil nicht deinen Erwartungen an einen ordentlichen Blogpost entspricht. Ich bin aus lauter furcht selber zu plagiieren leider nicht über Allgemeinheiten hinaus gekommen. Auch das mit dem persönlichen Fazit übe ich noch mal. Danke für die Tips zum Bloggen!

  15. IO,
    um des Teufels Advokaten zu spielen:
    Wie genau hat der Doktortitel ihre politische Karriere möglich gemacht?
    Rechtfertigt ein Verstoß gegen die Promotionsordnung vor 33 Jahren wirklich die Forderung nach einem Karriereende?
    Ich finde in einer Demokratie muss man auch nach Relevanzkriterien entscheiden.

  16. Reki,
    ich denke eben, dass ein Verstoß gegen die Promotionsordnung vor 33 Jahren die Glaubwürdigkeit der Politikerin Schavan heute nicht angreift. Das Kompetenzargument lasse ich nicht gelten. Wende das mal auf die anderen Minister und Ministerien an.

  17. Bewusste Täuschung als schlichten “Verstoß gegen die Promotionsordnung” zu betiteln wird imho der Sache nicht gerecht. Zumal die Uni afaik selber gesagt hat, dass in dieser Hinsicht heute dieselben Maßstäbe gelten, also ist es nicht nur die Promotionsordnung von vor 33 Jahren, sondern ebenso die heutige.
    Wenn es um Jugendsünden gehen würde, fände ich Nachsicht durchaus sinnvoll. Aber eine Doktorarbeit ist eben keine Jugendsünde mehr.
    Dazu kommt noch, dass sie immernoch so vehement dagegen angeht, anstatt Fehler einzugestehen. Sie hat sich also eben NICHT seitdem geändert – was mMn das einzige Argument dafür wäre, das dieser Verstoß “verjährt” ist.
    Und zum Kompetenzargument: Nunja, das ist einer der Gründe, weshalb ich den Großteil unserer Regierung für völlig ungeeignet für ihre Position halte. Es ist absolut lächerlich, dass in der CDU regelmäßig ein systematischer Mangel sowohl an moralischen Grundsätzen, als auch an schlichter Fähigkeit nachgewiesen wird, aber sie trotzdem wiedergewählt werden. Und auf Schavan trifft imho – mal wieder – beides zu.

  18. Meine Meinung: Um einen Doktortitel zu erringen muss man eine wissenschaftliche Leistung erbringen. Erbringt man diese Leistung nicht, bzw. nicht vollständig oder nicht selbst, hat man diesen akademischen Grad eben NICHT verdient.
    Der Fakultätsrat hat festgestellt, das Fr. Schavan eben nicht nur “ein paar Anführungsstriche” (wie sie der Welt weismachen will) “vergessen” hat sondern, dass obiges der Fall ist. Darum gehört ihr der Titel aberkannt.
    Für ihre weitere Karriere (z. B. in der Privatwirtschaft) ist m. E. natürlich zu beachten, was sie in den letzten 30 Jahren geleistet hat.
    Aber eines ist für mich klar. Für die höchsten Ämter in unserer Gesellschaft sollten nur Leute in Frage kommen, die nicht nur intellektuell dafür geeignet sind sondern auch höchsten ethischen / moralischen Ansprüchen genügen. Diese Messlatte hat Frau Schavan eindeutig gerissen!

  19. Nordlicht_70,
    wir sind ja einer Meinung, dass ihr der Titel aberkannt gehört. Gehört, um höchste ethische und moralische Anforderungen zu erfüllen nicht auch dazu, anderen den Vortritt zu lassen? Dann würden Führungspositionen ganz logisch nie von solchen Personen bekleidet, wie von dir gefordert.

  20. Die Dame war ohnehin immer sehr mittelmäßig, nun ist auch die vermutliche Basis des Vertrauens weg. “Mutti” versucht ihre Freundin der Form halber noch ein wenig zu halten, sie wird aber sicherlich rechtzeitig vor dem Bundestagswahlkampf weggepackt.

  21. @Tobias
    TM:
    “Wie genau hat der Doktortitel ihre politische Karriere möglich gemacht?”
    Nun, ohne den Doktorgrad hätte sie kaum die Karriere als Referentin/Leiterin beim Cusanuswerk bekommen. – Soweit man die Referenten und früheren Leiter ergooglen kann, ist die Promotion eine der Grundlagen solcher Stellen dort.
    (hier übrigens für die heutige Situation: http://www.cusanuswerk.de/de/meta/kontakt/mitarbeiter/ Alle Leiter und ReferentInnen sind promoviert, auch wenn nicht alle den Titel führen).
    Die Leiter mindestens seit 1972 sind alle habilitiert oder wenigstens promoviert.
    Prof. Dr. Karl Delahaye (Leiter: 1972 – 1981)
    Prof. Dr. Ludger Honnefelder (Leiter: 1982 – 1991)
    Dr. Annette Schavan (Leiterin: 1991 – 1995)
    Dr. Rainer Bucher (Kommissarischer Leiter: 1995 – 1997)
    Dr. Dietmar Bader (Leiter: 1997 – 2003)
    Dr. Gregor Peters (Kommissarischer Leiter: 2003/04)
    Prof. Dr. Josef Wohlmuth (Leiter seit Mai 2004 – 2011)
    Prof. Dr. Georg Braungart (Leiter 2011 – dato)
    Spätestens seit 1991 war der Dr-Titel zur Bestallung als Leiterin dieser Institution de facto unabdingbar (und ich denke bereits kurz 1980 um als Referentin dort zu arbeiten (mindestens wird das sehr nützlich gewesen sein).
    TM:
    “Rechtfertigt ein Verstoß gegen die Promotionsordnung vor 33 Jahren wirklich die Forderung nach einem Karriereende?”
    Als generelles Statement kann das wohl kaum jemand feststellen, solange man nicht weiss, welche Karriere sie anstrebt, nachdem sie hoffentlich bald den BMBF-Ministerposten los ist.
    Bzgl. einer Karriere als hochrangige Politikerin, d. h. in öffentlichen Ämtern lautet meine Antwort: ja.
    Dabei finde ich ‘Verstoß gegen die Promotionsordnung’ zwar richtig formuliert, aber es verschleiert m. E. den Grad der Angelegenheit: Massive Täuschung bei der zentralen wissenschaftlichen Arbeit.
    “Ich finde in einer Demokratie muss man auch nach Relevanzkriterien entscheiden.”
    Ich finde zunächst einmal muß in einer Demokratie nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen entschieden werden (die natürlich den allgemeinen Menschenrechten entprechen müssen).
    Danach kommt für mich das subjektive Relevanzkriterium.
    Aber, was ist denn da nun irrelevant? Das systematische Täuschen, der mutmaßliche Meineid?

  22. Der Satz der beginnt mit
    “Spätestens seit 1991 war der Dr-Titel zur Bestallung als Leiterin dieser Institution de facto unabdingbar” ist unvollständig.
    Soll heissen:
    Als Schavan 1991 als Leiterin dieser Institution begann, war der Dr-Titel zur Bestallung de facto unabdingbar geworden …

  23. Für die höchsten Ämter in unserer Gesellschaft sollten nur Leute in Frage kommen, die nicht nur intellektuell dafür geeignet sind sondern auch höchsten ethischen / moralischen Ansprüchen genügen.

    Das sehe ich anders. Ob jemand fremdgeht, sich tugendhaft verhält, skrupellos Interessen durchsetzt, wohltätig ist, sich privat rüpelhaft benimmt etc. sollte alles unerheblich sein – Politiker müssen keine Heiligen sein. Es sei denn man nimmt sich amerikanische Verhältnisse zum Vorbild…

  24. Man sollte nicht Außer Acht lassen, dass die Aufsehen erregenden Plagiatsfälle der jüngeren Vergangenheit Doktorarbeiten aus den Geisteswissenschaften waren. Deshalb finde ich den Verweis auf eventuelle Plagiate in den Lebenswissenschaften etwas irreführend.
    Einen Doktortitel erhält man für eine wissenschaftliche Leistung, also dafür, dass man einen Erkenntnisfortschritt erarbeitet hat. In den Geisteswissenschaften besteht in der Regel der Erkenntnisfortschritt in einem Argument oder einer interessanten Idee. Wenn ich als Geisteswissenschaftler von Autor X einige Sätze/Seiten zu dessen Theorie Y abschreibe, und meine Arbeit auch Theorie Y betrifft, dann ist der Erkenntnisfortschritt, für den ich den Doktortitel haben will, eben nicht durch mich, sondern durch Autor X erbracht worden. Ich habe also (im Extremfall) nichts selbst an Erkenntnis hinzugefügt.
    In den Lebenswissenschaften und anderen empirischen Wissenschaften entsteht aber in der Regel der Erkenntnisfortschritt aus empirischer Arbeit: man macht ein Experiment, erhebt und analysiert Daten und interpretiert diese. Natürlich kann ich auch als Biologe oder Physiker Teile meiner Einleitung von anderen Autoren abschreiben, und natürlich ist das schlechter Stil. Möglicherweise reduziert es aber nicht im Mindesten der Erkenntnisfortschritt, den ich mit meinem Experiment erzielt habe*. Ich würde daher behaupten (möglicherweise stehe ich mit dieser Meinung alleine da), dass das Abschreiben in Maßen bei einer empirischen Arbeit eine lässliche Sünde sein kann.
    Um mal ein häufiges Beispiel zu nennen: in so ziemlich jeder empirischen Arbeit braucht man irgendwelche Gerätschaften. Diese müssen im Methodenteil der Arbeit entsprechend beschrieben werden. Das ist eine Pflichtübung; es muss sein, ist aber langweilig. Ich fände überhaupt nichts schlimmes daran, wenn z.B. die Beschreibung des Elektronenmikroskops, Teilchenbeschleunigers, fMRI Scanners, Teleskops, etc. aus anderen Arbeiten abgeschrieben ist. Meiner Erfahrung nach passiert dies recht häufig. Ich finde es deshalb nicht schlimm, weil niemand behaupten oder auf die Idee kommen würde, der Erkenntnisfortschritt meiner Arbeit sei die erstmalige Benutzung eines Elektronenmikroskops etc. Ob ich nun in einer kreativen Leistung das Gerät in eigenen Worten beschreibe oder nicht hat nichts zu tun mit dem eigentlichen Kern meiner Arbeit: den Daten, ihrer Analyse und deren Interpretation.
    Deshalb mache ich mir für die Lebenswissenschaften eher weniger Sorgen, was das Problem der Plagiate angeht.
    * Ich setze jetzt mal voraus, dass die Daten selber nicht geklaut waren. Nach meiner Erfahrung (Hirnforschung) kommt das tatsächlich so gut wie nie vor – schon alleine da man in der Regel gar keinen Zugang zu den Daten anderer Wissenschaftler hat. Natürlich können Daten gefälscht sein oder unseriös ausgewertet. Das kommt tatsächlich häufig vor und ist ein großes Problem, hat allerdings nicht direkt mit Plagiaten zu tun.

  25. Die Idee, dass ein “Verstoß” vor 33 Jahren durch die verstrichene Zeit quasi laufend in seiner Schwere gemindert wird, entspricht der von Verteidigern Schavans oft vorgebrachten Vorstellung, die Sache würde “verjähren”.
    Ich halte das für falsch, denn
    – es geht nicht um eine Straftat. Da wäre höchstens die Frage von strafrechtlicher Relevanz, ob nach der Klärung der Verfahrensfrage durch das OLG, die Schavan jetzt betreibt, der Vorwurf des Meineids zum tragen kommen könnte (und dann könnte die Verjährungseinrede wohl greifen, denn die eidesstattliche Versicherung hatte Schavan ja vor 33 Jahren abgegeben. Aber ich bin auch kein Jurist …)
    – die Aberkennung des Titels ist nur ein Verwaltungsakt: Die Rücknahme der unberechtigt erfolgten Verleihung.
    – die Mangelhaftigkeit der wissenschaftlichen Arbeit Schavans wird nicht gewissermaßen durch die Zeit geheilt.
    Will man unbedingt an Verjährungsvorstellungen festhalten, dann finde ich die folgende Feststellung eines Foristen im SPON-Forum bedenkenswert:
    “Die Verjährungsfrist beginnt im Fall Schavan frühestens heute zu laufen an, denn sie hat sich ja bis gestern mit diesem erschlichenen Titel geschmückt. Die Tat wurde erst mit der offiziellen Aberkennung unterbrochen.”
    (http://forum.spiegel.de/f22/schavan-im-titelkampf-doktor-ade-ministerin-d-82088-20.html#post11945409)
    und auch diesem schließe ich mich an:
    “Frau Schavan droht ja nun keine Haftstrafe. Lediglich moralisch muss sie die Konsequenzen ihres Fehlverhaltens tragen.”
    http://forum.spiegel.de/f22/schavan-im-titelkampf-doktor-ade-ministerin-d-82088-24.html#post11945743
    Und unmoralisches, unethisches Handeln verjährt m. E. nicht.

  26. @anonym
    “Ob jemand fremdgeht, sich tugendhaft verhält, skrupellos Interessen durchsetzt, wohltätig ist, sich privat rüpelhaft benimmt etc. sollte alles unerheblich sein – Politiker müssen keine Heiligen sein.”
    Ich stimme letzterem zu “Politiker müssen keine Heiligen sein.” Und im Grunde, dass jemand privat sich so frei verhalten kann, soweit es die Grundrechte und Freiheitsrechte anderer nicht beschneidet.
    Jedoch finde ich nicht, dass jemand der skrupellos ist, ein öffentliches Amt bekleiden sollte.
    Es ist allerdings etwas anderes, wenn jemand eine öffentlich einsehbare, wissenschaftliche Arbeit abgibt, noch dazu mit eidesstattlicher Versicherung sauber gearbeitet zu haben. Damit genießt die Arbeit gewissermaßen öffentlichen Glauben, jeder kann sich auf die saubere Arbeit verlassen.
    Damit ist die Vorlage einer Doktorarbeit und die dadurch begründete Verleihung des akademischen Grads m. E. kein privates Handeln mehr. Wer gegen die selbst eidesstattlich versicherten Grundsätze verstößt, tat/tut dies öffentlich.
    Und wird damit als Funktionsträger eines hohen politischen Amts unwürdig – in meinen Augen.

  27. Ich denke die Plagiatsjägerei entartet langsam zu einer Hexenverfolgung. Das was da angeprangert wird, ist zum Teil Allgemeinwissen bzw. von so geringer Schöpfungshöhe, dass es absolut lächerlich ist, von einem Plagiat zu sprechen. Eine Paraphrasierung der verlinkten Stelle aus Schavans Doktorarbeit findet sich wahrscheinlich in jedem Text der das betreffende Buch zum Thema hat. Meiner Meinung nach reicht es für einen Plagiatsvorwurf nicht aus, eine ähnliche Textstelle in einem anderen Werk zu finden – entscheidend ist, dass solche ähnlichen Textstellen nicht zum Allgemeinwissen gehören (d.h. in sehr vielen Quellen ähnlich formuliert sind).
    Darüber hinaus, scheint im Fall Schavan auch gerade das Eigen-/Selbst-Plagiat eine Rolle zu spielen. Bei der wohl inquisitorischen Auslegung dieses Grauzonenbereichs könnte man sicher ausnahmslos alle Naturwissenschaftler des Plagiats überführen. Vor allem, da diesbezüglich sehr viele Promotionsordnungen absolut antiquiert gegenüber der gängigen Wissenschaftlichen Praxis sind.
    Letzter Punkt: Es gibt/gab kaum Aufklärung an Universitäten bezüglich sauberer Zitierweisen, etc. Und wenn dann doch mal ein Referent zum Thema “gute wissenschaftliche Praxis” eingeladen wird, dann hört man nur “Du sollst nicht plagiieren!” anstatt einer genauen Erklärung was nun erlaubt ist und was nicht. Im Gespräch mit Kollegen wird dann auch schnell klar, das praktisch jeder wegen dieses Aufklärungsmissstandes eine andere Meinung vertritt. Als ich z.B. entsetzt über ein dreistes Plagiat eines Master-Studenten berichtet hatte (ganzer Absatz wortwörtlich kopiert), erntete ich nur Unverständnis – denn ihm käme es nur darauf an, dass der Student das geschriebene verstanden hat.

  28. Die innere Schuld verleitet einem dazu @Dr. Webbaer
    Gerade die am heftigsten über etwas monieren sind Personen die man genauer Studieren sollte.

  29. @ anonym
    “Ich denke die Plagiatsjägerei entartet langsam zu einer Hexenverfolgung.”
    Quatsch, es wird nur ein Bruchteil von Arbeiten gecheckt, und darunter sind Männlein und Weiblein aller politischen Parteien.
    “Das was da angeprangert wird, ist zum Teil Allgemeinwissen bzw. von so geringer Schöpfungshöhe, dass es absolut lächerlich ist, von einem Plagiat zu sprechen.”
    Wenn es nur ”zum Teil” ist, ist der andere Teil, der Rest, aber immer noch von so gravierendem Ausmaß, dass es reicht Schavan den Vorwurf der systematischen und vorsätzlichen Täuschung zu machen. Und möglicherweise den Vorwurf des Meineids.
    “Eine Paraphrasierung der verlinkten Stelle aus Schavans Doktorarbeit findet sich wahrscheinlich in jedem Text der das betreffende Buch zum Thema hat.”
    Mag sein: Jeder Text ist nicht eine wissenschaftliche Arbeit (und selbst dann gibt es noch den Begriff des “geistigen Eigentums”.)
    Aber bei einer wissenschaftlcihen Arbeit muss man ordentlich belegen und zitieren. Und wenn man paraphrasiert, von andern variiert übernimmt, zeigt man das auch tunlichst in einer Fußnote an.
    “… scheint im Fall Schavan auch gerade das Eigen-/Selbst-Plagiat eine Rolle zu spielen”
    Scheint. Vielleicht eruierst Du erstmal genaueres?
    Und, egal ob das auch eine Rolle gespielt hat. Die Hauptsache sind andere Dinge.
    “Es gibt/gab kaum Aufklärung an Universitäten bezüglich sauberer Zitierweisen, etc.”
    Diese Behauptung ist einfach grotesker Unfug.

  30. Ich jetzt auch noch: Habe 1990/1991 mein Jurastudium recht manierlich beendet, u.a. mit zwei recht umfangreichen Hausarbeiten (jeweils um 100 Seiten). Allerdings habe ich nicht promoviert, meine jedoch, daß die Regeln der Bearbeitung die gleichen sind.
    Was nicht originär von mir stammt, dessen Äußerungen habe ich in ” ” mit Fundstellenangabe und im Literaturverzeichnis aufzuführen (weil gute Formulierungen oft recht prägnant sind und eine Einsicht kaum besser verfaßt werden kann – das ist ja auch nicht schädlich, wo ist das Problem ?).
    Soweit ich als Grundlage für weiteres einen Meinungs- bzw. Diskussionsstand in allgemeiner Form referiere, dann nenne ich auch die Quellen. In etwa dann so: “Ausführlich hierzu: Dr. Kermit Frosch: Vorfahrtsregeln im römischen Wagenrennen, Hamburg, 1989, S. 201 ff.(insbes. S. 207 f.; ebenso: Dr. Dr. Krümel Monster: Kekse – eine üble Verführung, Hannover, 2013, S. 126 ff.”; dagegen: XY…”) Aber das wissen hier ja auch alle. Also: Wo ist unter diesem Gesichtspunkt das Problem ? Was auf Vroniplag an Vergleichen der Texte an Dutzenden von Stellen zu lesen war, ist m. E. eine simple Umformulierung von bereits Geschriebenem, ohne Angabe der Quelle oder Offenlegung der Herkunft.
    Ich halte ein solches Arbeiten für eine Backpfeife ins Gesicht seriöser Doktoranden und Diplomanden, weil es erstens ein billiger Sieg wäre und auch die Ergebnisse zeitlich nachfolgender Arbeiten und damit deren Inhalts- und Erkenntniswert u. U. verfälscht und der Disziplin einfach schadet.
    Ob Frau S. damals nun eine falsche Eidestattliche Versicherung oder “nur” eine unwahre Erklärung zum korrekten Zustandekommen dieser Arbeit abgegeben hat, hängt vom Wortlaut der Promotionsordnung ab. Eine falsche Eidesstattliche Versicherung ist eine Straftat, die auch eine solche bleibt, nur nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr verfolgt/ bestraft werden kann.
    Das Promotionsverfahren wie auch die Aberkennung des Doktorgrades ist ein schlichtes Verwaltungsverfahren, das dem Disziplinarverfahren (Beamtenrecht) einigermaßen nachgebildet ist und jetzt wohl vom zuständigen Verwaltungsgericht überprüft werden wird.
    Das Argument, das Frau S. bemüht hat, wonach es damals noch keine Computer gegeben habe, könnte i. ü. auch gut nach hinten losgehen: Hätte sie ihr “Werk” noch durch ein Kontrollprogramm überprüfen lassen können, hätte sie die Schwachstellen, aufgrund derer der Schummel womöglich aufgeflogen wäre, solange umbasteln können, bis es paßt… (böse Auslegung, ich weiß – aber es wurden auch “damals” gute Dissertationen korrekt und regelgerecht erarbeitet. Was soll also dieses “Argument” ?).
    Ich halte Frau Schavan bzw. ihre Arbeitsweise einfach für unredlich, halte aber auch die Prüfungsdichte bzw. -intensität etc. der Universitäten ebenfalls für diskussions- und verbesserungswürdig.
    Auch sehe ich durchaus Zusammenhänge zwischen persönlicher Integrität und der Amtsausübung, zumal sie ausgerechnet Bundesbildungsministerin ist. Abgesehen vom Titel der Arbeit (“Person und Gewissen” – das hat seine eigene Note).
    Sie alle haben Schaden angerichtet: Guttenberg, Koch-Mehrin, Chatzimakakis, Veronika Stoiber et al. aus fast allen Parteien… Es ist ein kulturelles Problem, eine Frage persönlicher Integrität. Durch Gesetze wohl kaum zu regeln, eher durch einen Diskurs über Ethik und persönlichem Anspruch.
    So, das war eine ganze Menge an Text. Sorry.

  31. Und dann wäre es noch hilfreich genauer in diese schöne Übersicht von deutschen Gerichtsentscheidungen hinein zu sehen, damit man nicht etwa denkt, nur genaue Zitate seien zu belegen:
    Entzug des Doktorgrads: Wann ist die Aberkennung eines Doktortitels möglich und was ist ein Plagiat?
    http://www.refrago.de/Entzug_des_Doktorgrads_Wann_ist_die_Aberkennung_eines_Doktortitels_moeglich_und_was_ist_ein_Plagiat.frage63.html
    Zum Beispiel
    “Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat entschieden [2007], dass in einer Doktorarbeit jeder Gedankengang und jede Fußnote, die nicht aus eigener gedanklicher Leistung, sondern von dem Werk eines anderen herrühren, als solche zu kennzeichnen sind.”
    “Das Gericht stellte klar, dass die wörtliche oder sinngemäße Übernahme von Textpassagen aus fremden Werken ohne (ausreichendes) Zitat gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstoße und damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall ausschließe (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil … 2006 …).”
    Und noch vieles andere Schöne…
    … was eigentlich jedem Wissenschaftler in jedem Fachgebiet von Beginn des Studiums an bekannt ist (sein muss).

  32. Frau Schavan sollte gehen / gekündigt werden, weil sie jetzt als oberste Chefin des Wissenschaftsbetriebes ein öffentliches Ärgernis darstellt. Wenn sie nicht weiß warum, kann sie ja mal ihre Freunde vom Generalvikariat fragen oder ihre Professorenkollegen an der Theologischen Fakultät der Freien Universität Berlin.
    Es gab neulich mal wieder am Niederrhein eine Kindergärtnerin, der vom kattholischen Träger des Kindergartens der Arbeitsplatz gekündigt wurde, weil sie aus Sicht der Katholischen Kirche als wiederverheiratet Geschiedene ein ” öffentliches Ärgernis” als Erzieherin in einem katholischen Kindergarten darstellte. Dasselbe wäre Arbeitnehmern/innen bei den vorherigen Arbeitgebern von Frau Schavan, nämlich der bischöflichen Studienföderung Cusanuswerk und dem Generalvikariat in Aachen auch passiert. Für die Einschätzung der Wiederverheiratung von Geschiedenen kommt es arbeitsrechtlich auf die Innenansicht der Kirche als Arbeitgeber an. Die Innenansicht der Wissenschaft zum Thema Schavan kann man im Statement des Fakultätsrates nachlesen: Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Schavan#Aberkennung_des_Doktorgrads

    „Die Häufung und Konstruktion dieser wörtlichen Übernahmen, auch die Nichterwähnung von Literaturtiteln in Fußnoten oder sogar im Literaturverzeichnis ergeben der Überzeugung des Fakultätsrats nach das Gesamtbild, dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte. Die Entgegnungen von Frau Schavan konnten dieses Bild nicht entkräften.“

  33. @ IO (# 26):
    Was die Überlegungen zum Beginn des Ablaufs der Verjährung angeht, sehe ich das anders als der SPON-Forist und evtl. auch Sie: Die “Tat” ist m. E. mit Vorlage der Dissertation bzw. vor allem mit der Abgabe der ggf. Eidesstattlichen Versicherung dazu beendet und spätestens mit Erhalt der Promotionsurkunde vollendet. Ab da läuft die Verjährungsfrist, die heute längst verstrichen ist. Man könnte darüber nachdenken, ob es sich daneben bzw. da nach um eine Art Dauerdelikt handelt, was einen Betrug bzw. Betrugsversuch angeht. Einen solchen kann man quasi auch “passiv” begehen, indem man nicht unbedingt aktiv täuschen muß, sondern den Irrtum eines anderen aufrecht erhält und ihm oder einem Dritten damit Schaden zufügt.
    Ob Frau Schavan zwischendurch seit 1980 mal auf Nachfrage gesagt hat, “Ja, ich habe meine Dissertation korrekt verfaßt” oder auf Nachfrage “beredt geschwiegen” und damit u. U. einen Irrtum unterhalten (= aufrechterhalten) UND damit Vermögen beschädigt hat o.ä., weiß ich natürlich nicht.
    § 263 StGB (Betrug)
    http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__263.html
    ist allerdings ein ziemlich komplexer Tatbestand, so “klar” der Wortlaut auch zu sein scheint. So verstiegen sind Juristen in der Auslegung dieser Norm nun einmal, deswegen mache ich diesen Job auch nciht mehr, weil mich diese Pseudogeistesakrobatik von Krawattenfuzzis einfach nur noch nervt.
    Verjährung gibt es im Verwaltungsrecht zwar auch, m. E. hier jedoch nicht, allenfalls Vertrauensschutz nach den §§ 48, 49 VwVfG
    http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__48.html
    http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__49.html
    (als quasi “Verfassung der Verwaltung”, die mit entsprechend gleichlautenden untergeordneten Spezialgesetzen arbeitet), auf den sich Frau Schavan allerdings kaum wird berufen können.
    Es ist ein kleines Desaster, was diese “Doktores” da angerichtet haben.
    Die Kanzlei Redeker pp., die von Frau Schavan beauftragt worden ist, gilt als durchaus renommiert, jedoch klingen sogar die etwas hilflos, wenn sie von einem “unfairen Verfahren” etc. schwurbeln. Ich habe jedenfalls Hoffnung in das Verwaltungsgericht (nicht OLG o.ä.) bzw. die nachfolgenden Instanzen.

  34. Himmel – es wird mir ja fast schon peinlich, daß ich hier soviel schreibe, aber es umtreibt mich doch so richtig, was diese Dissertationsschummelsachen angeht.
    Lieber Tobias Maier: Ein Abgeordneter und aus meiner Sicht erst recht ein Funktionsträger (hier eine Ministerin) sind nach dem Grundgesetz l- Artikiel 38 GG
    http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_38.html
    letztlich ihrem Gewissen unterworfen.
    Und ich halte Frau Schavan insoweit nicht für gewissens- oder satisfaktionstauglich. Selbst dann, wenn sie Landwirtschaftsministerin wäre – eine solche hat auch große Verantwortung, was Nahrungsmittelproduktion und anderes Grundlegendes angeht.
    Wäre sie Bundesfroschquakenberichts- oder Bundesgehwegplattenverlegungskontrollministerin, könnte man das eventuell anders sehen.
    Ist sie aber nicht.

  35. peinlich

    Ochnö, <a href="http://scienceblogs.de/weitergen/2013/02/ist-schavan-als-ministerin-noch-tragbar/#comment-24193" rel="nofollow">Olaf</a>, imho gehts noch.
    

    Bundesgehwegplattenverlegungs*

    <i>Das</i> aber geht nicht: Die Menschen gehen nicht, sie stolpern ja jetzt schon.
    
  36. Nun ja, es ist ja nun nicht so, dass sie mal in ihrer Jugend schwarz gefahren ist. Das würde zB Rammsauer nicht sehr zur Ehre gereichen.
    Nein, sie hat jahrelang grundlegende wissenschaftliche Pflichten missachtet. Und das jahrelang (ich gehe mal davon aus, dass auch bei den Geisterwissenschaften eine Promotion einige Jahre beansprucht).
    Die Zitierregeln waren um nichts lascher als heute. Nur mag halt der Eine oder die Andere (auch in höheren Spären) das nicht so gesehen haben.
    Trotzdem hat sie offensichtlich genau das getan, was sie bei Anderen so heftig kritisierte (von “Fremdschämen” sprach sie ja bei Guttenberg).
    Das ist wahre Heuchelei. Und nochmal, als Verkehrsministerin würde wohl kaum Einer was sagen, aber ausgerechnet eine überführte Betrügerin als Hüterin der hehren Wissenschaft, wie soll die da ihr Ressort erfolgreich verteidigen?
    Das wäre ja so, als sei Rammsauer jahrelang ohne Führerschein gefahren.

  37. Es zeugt auch von einer gewissen Arroganz und von Realitätsverlust, dass die Dame nun meint die Sache aussitzen zu können.
    Prognose: Sie wird die 12 Tage, die Guttie nach der Aberkennung des Doktortitels ausgehalten hat, nicht schaffen.

  38. @rolak (#39):
    😉
    Es war ja nur ein Phantasiebeispiel (und das Ministerium müßte noch erfunden werden) – das kann ja aber noch kommen, nachdem all die Landeslottogesellschaften ihre Aufsichtsräte schon seit langem mit gescheiterten Figuren besetzt haben.
    Irgendwo muß doch für Frau Schavan noch Platz sein.
    Notfalls im Jocenter als Beraterin oder “Fallmanagerin” ?
    Und sie ist ja auch “gestolpert” – weiß also, worum es beim Kunden geht.
    Wollen Sie etwa eine Anschlußverwendung als Bundesgehwegsplattenstolperministerin anregen ? 😉

  39. Hier noch eine deutliche Formulierung aus dem SPON-Forum zur Frage der “Verjährung”.
    Kurz und griffig:
    = = = = = =
    [Zitat von soziologe79]
    Die “Tat” geschah vor 33 Jahren. da könnte sagen, dass sie verjährt ist.
    [Zitatende]
    Die “Tat” begeht sie seit 33 Jahren[,] indem sie einen Doktortitel führt[,] den sie sich ergaunert hat.
    = = = = = =
    http://forum.spiegel.de/member.php?u=186714

  40. Ludgers Argument (#36) ist genau der “springde Punkt”. Für mich als Wissenschaftler ist das genau mein Empfinden (alldieweil mir als grünen Parteigänger schon manche politische Haltung von Frau Schavan sauer aufstiess – ich also auch bis dato keine neutrale Haltung hatte)
    Darüber hinaus denke auch ich, daß es unerheblich ist, wie lange das Delikt zurückliegt: Schließlich wird sie nicht bestraft, sondern es wird ihr per Verwaltungsakt der Profit aus einem betrügerischen Verhalten genommen. Daher ist das “Verjährungsargument” absolut unpassend. (Wurd hier auch schon geschrieben, aber das muß ich unbedingt loswerden.)
    Und bzgl. Natur- vs. Geisteswissenschaft: Das Verhältnis ist ohnehin gespannt, aber IMHO für die Vergabe von akadem. Graden unerheblich. Es wird Zeit (und wird lange dauern) das Promotionsrecht an die tatsächlichen Forschungsleistungen von Fachbereichen und Fächern zu knüpfen: Warum sollen FHs weiterhin keines haben (dort wird oft mehr geforscht, als an manchem Fachbereichsuniequivalent)? Warum haben theologische Fakultäten noch ein Promotionsrecht (oftmals haben dortige Arbeiten weder historischen noch philosophischen Inhalt, sondern sind rein intentioneller Natur – ok, damit mache ich mir wohl sogar hier Feinde)? Warum sollen Mediziner weiterhin en masse fürs Klingelschild “promovieren” (dort könnte man Promotionen beispielsweise auf experimentelle und originär statistische bzw. klinische Arbeiten beschränken – die Erhebung der Daten 1(!) Patienten in einer Studie wäre damit keine Dissertationsequivalent)?
    Dies und manches andere, was hier im Thread anklingt braucht sehr viel politischen Mut – auf Landesebene. Es reicht, wenn ein Bundesland vorangeht und es ist umso bedauerlicher, das Nichts geschieht. (Mir ist auch klar, dass das ein Minenfeld ist und andere Dinge in der allgemeinen Wahrnehmung wichtiger sind.)
    Gruß,
    Christian

  41. Der normale Bürger blickt bei dieser Sache überhaupt nicht durch, die meisten dürften nicht einmal wissen, wer Frau Schavan überhaupt ist.

  42. “ich denke eben, dass ein Verstoß gegen die Promotionsordnung vor 33 Jahren die Glaubwürdigkeit der Politikerin Schavan heute nicht angreift.”
    Warum nicht? Man kann Betrug verzeihen, wenn der Täter Einsicht und Reue zeigt. Wenn Frau Schavan aber 33 Jahre später immer noch leugnet, betrogen zu haben obwohl die Universität überzeugt ist, dass sie genau das getan hat, dann greift das sehr wohl ihre heutige Glaubwürdigkeit an und beeinträchtigt ihre Eignung für ein Ministeramt.

  43. Ob Frau Schavan für ihren Job noch taugt? Hat sie das denn jemals?
    Jedenfalls kann man feststellen, dass sich Frau Schavan in der von ihr vorgelegten Arbeit rein abstrakt mit Ethik und Gewissen auseinander setzen hat lassen.
    Eigentlich passt sie ganz gut in Merkels Gruselkabinett – der Kollege FInanzminister hat einmal vergessen, 100.000 DM von einem Waffenhändler bekommen zu haben, der Kollege Entwicklungshilfeminister wollte sein jetzt eigenes Unternehmen während des Wahlkampfes noch abschaffen.
    Warum da nicht eine Bildungsministerin, die, wenn sie beim Betrügen erwischt wird, Klage einreicht?

  44. “Das sehe ich anders. Ob jemand fremdgeht, sich tugendhaft verhält, skrupellos Interessen durchsetzt, wohltätig ist, sich privat rüpelhaft benimmt etc. sollte alles unerheblich sein – Politiker müssen keine Heiligen sein. Es sei denn man nimmt sich amerikanische Verhältnisse zum Vorbild…”
    Kann ich, ehrlich gesagt, überhaupt nicht verstehen. Diese Menschen sind schlußendlich diejenigen, die , bis zu einem gewissem Grad, über unser Leben bestimmen. Und wenn sie asoziale Egoisten sind, braucht man sich nicht wundern, wenn sie eben alles tun, was ihnen hilft, und nichts tun, was der Gemeinschaft hilft – also das polare Gegenteil von dem, WOFÜR WIR SIE BEZAHLEN.
    Klar, sie müssen keine absolut rein-weiße Weste haben, besonders, wenn sie dafür mit Kompetenz punkten – aber wenn beides fehlt, sind sie schlicht ungeeignet. Ich meine, wofür wählen wir überhaupt? Wenn wir an Politiker keine höheren Maßstäbe als an “durschnittliche” Menschen anlegen, können wir genau so gut auch die Posten verlosen.
    Meiner Meinung nach sollten wir uns langsam mal mehr Schutzmechanismen überlegen, dass solche Menschen garnicht erst in so wichtige Ämter kommen. Einfache Routinechecks bei jedem Minister, auf charakterliche Eignung u. hinreichende Kompetenz.
    Selbst als niedrigster Richter/Polizist/Rechtsanwalt (eigtl. jede Person in der Justiz) werden mehr “harte” Kriterien angelegt – für ein Ministeramt muss du nur das vergleichsweise “weiche” Kriterium erfüllen, dass du in einer Partei, die viele Stimmen bekam, hinreichend beliebt bist.

  45. Wir alle (auch in diesem Blog) sollten uns mal überlegen, ob wir nicht wieder mal dazu missbraucht werden, um persönliche Interessen unserer politischen Führungsriege zu unterstützen. Letztlich geht es doch gar nicht um einzelne Personen, sondern darum, vor der Wahl von politischen Inhalten oder auch dem Fehlen von Inhalten abzulenken und wieder medienwirksam irgendeine Sau durchs Dorf zu treiben.
    Sicher ist Frau Schavan jetzt unglaubwürdiger, als noch zuvor. Unabhängig von der politischen Gesinnung denke ich aber doch, dass die von Frau Schavan abgelieferten Arbeitsergebnisse nicht wirklich mit einem Doktortitel besser oder schlechter werden. Wenn jemand für einen Job wirklich ungeeignet ist, dann macht sich das unabhängig von Titeln bemerkbar.
    Schlimm ist eigentlich, dass wir uns immer wieder vorgauckeln lassen, dass dies Politik sein soll. Politiker bekämpfen sich nach Dschungelcampmanier und machen sich gegenseitig nieder, anstatt mal Entscheidungen für die Wähler zu treffen.

  46. Diese Menschen [Politiker] sind schlußendlich diejenigen, die , bis zu einem gewissem Grad, über unser Leben bestimmen.

    Über Dein Leben bestimmt jeder Deiner Mitmenschen zu einem gewissen Grad. Auch die weniger tugendhaften.

    Meiner Meinung nach sollten wir uns langsam mal mehr Schutzmechanismen überlegen, dass solche Menschen garnicht erst in so wichtige Ämter kommen.

    Keineswegs, denn Tugend im Amt ist nicht erforderlich, bzw. wäre sie es nur dort, wo die Staatskonstruktion nichts taugt. Wo alle einem Anführer gehorchen, spielt dessen Tugend freilich eine Rolle — und sie geht auf lange Sicht stets auf 0 zurück. Weil das also nicht funktioniert, geben sich moderne Staaten ein Institutionengefüge, das die Staatsmacht demokratisiert. Minister gehören in diesem Gefüge zwar zu den sichtbarsten Personen — unter anderem, weil sie von anderen Teilen, etwa dem Parlament und den Medien, ständig ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden — aber sie sind nicht besonders wichtig.
    Zudem halten wir bereits fast alle Menschen davon ab, Minister zu werden; und dann gibt es auch noch vielfältige Möglichkeiten, Minister wieder loszuwerden. Für zusätzliche Tugendwächter auf dem Weg zum Ministeramt gibt es nun wirklich keinen Anlass.

  47. Zum Thema Verwaltungsakt:
    http://www.uni-duesseldorf.de/home/fileadmin/redaktion/Oeffentliche_Medien/Presse/Pressemeldungen/Bilder/Gutachten.pdf
    http://www.phoenix.de/content/phoenix/die_sendungen/diskussionen/566309
    Prof. Bernhard Kempen (Präsident Deutscher Hochschulverband) sagte, dass man an Hochschulen mit Vertrauen aufeinander zugeht. Der Doktorvater vertraut seinen Doktoranden, dass sie sich ehrlich und redlich verhalten. Wenn dieses Vertrauen so mißbraucht wird (im Fall Schavan durch Missachtung der Zitierregeln, die ihr bekannt sein mußten), und das so öffentlichkeitswirksam bekannt wird, besteht die Gefahr, dass ein Klima des Misstrauens entsteht.
    Ich möchte annehmen, dass über 90 % der Doktorarbeiten wissenschaftlichen Standards und Gepflogenheiten gerecht werden.
    Bei Frau Schavan sind die Hinweise, dass sie Vertrauen mißbraucht hat, meiner Meinung nach deutlich. Wenn das stimmt, hat sie die Wissenschaft geschädigt und wäre dann aus diesem Grunde als Wissenschaftsministerin untragbar.

  48. @Türpe

    Keineswegs, denn Tugend im Amt ist nicht erforderlich, bzw. wäre sie es nur dort, wo die Staatskonstruktion nichts taugt.

    Ein wichtiger und grundsätzlich, zumindest in D, immer angebrachter Hinweis, aber letztlich doch falsch:
    Erkennbar daran, dass eine bestimmte Kultur benötigt wird, um bestimmte, wir nennen sie einmal: hochwertig-komplexe Gesellschaftssysteme fahren zu können.
    Insofern muss es ein den jetzigen Gesellschaftssystemen geschuldetes Ziel bleiben ethische Minder-, Mangel-, Fehl- und Minusleister möglichst frühzeitig zu erkennen und als solche bloß zu stellen, als Teil der politischen Kultur.
    Wie sich ja nun auch dankenswerterweise bei Frau Schavan ablesen lässt.
    Dass es nicht immer die Richtigen trifft und das Skandalisierungen schon die eine oder andere Karriere vorzeitig beendet haben, steht natürlich nicht in Frage.
    MFG
    Dr. W

  49. Super, schönen Dank schon mal für die rege Teilnahme an der Diskussion. Es sind natürlich wieder verschiedene Gedankenstränge, die hier erörtert werden, ich will gar nicht mehr auf alle eingehen. Was mich aber noch interessiert: Wo ist denn die Grenze, aber der ein Politiker noch tragbar ist im Amt. Hier ein paar Vorschläge:
    – Verstoß gegen die Promotionsordnung vor 33 Jahren
    – Steuerhinterziehung aktuell oder vor langer Zeit
    – Außereheliche Affäre
    – Drogenkonsum oder Alkoholabhängigkeit vor langer Zeit oder aktuell
    – Ausnutzung beruflicher Bonusmeilen zu privaten Zwecken aktuell oder vor langer Zeit.
    – Überführung des Ladendiebstahls aktuell oder vor langer Zeit?

  50. Wo ist denn die Grenze, aber der ein Politiker noch tragbar ist im Amt.

    Diese wird im politischen Diskurs jeweils neu bestimmt. FJS bspw. war sehr zäh, den hätte vielleicht eine außereheliche Affäre politisch umgebracht, extralegale Maßnahmen dagegen eher nicht.
    Heutzutage gilt es ja eher als cool in der erweiterter Jugendzeit linksextremistisch gewesen zu sein und regelmäßiger Austausch der Ehefrau wird in etwa so nachgesehen wie früher Antisemitismus oder rechtsradikale Aktion.
    Diese Grenzen bestimmen aber das Leistungsvermögen der Gesellschaftssysteme. Leiden Personal wie Wahlvolk, wird auch irgendwann das System in Frage gestellt und es kann zu Rückbau kommen. Man kann nur mit echten oder ethischen Analphabeten die Systeme nicht halten.
    MFG
    Dr. w

  51. Vorweg:
    “Zitiert werden muss jeder Gedankengang und jede Fußnote, die nicht aus eigener gedanklicher Leistung”
    Eben hier sehe ich das Problem in den Geisteswissenschaften. Ab wann ist etwas eine eigene Leistung? Um es mal mit einer Naturwissenschaftlichen Arbeit zu vergleichen. Jedes Allgemeinwissen muss eine Quellenangabe beinhalten? (Bspw. (Von anonym #30 verlinkt) Jungs Werk von 1912… setzte sich von Freud ab) Nur weil jemand das anders formuliert schon einmal geschrieben hat, sollte es doch für jeden selbst verständlich sein, der die entsprechenden Werke gelesen hat. In den Naturwissenschaften wäre es zu vergleichen als müsste man Meter, Watt, Lichtgeschwindigkeit etc. immer Zitieren. Denn komplett selber hat man diese ja nicht erarbeitet.
    Ich glaube auch das die Frau, nach klage ihren Doktortitel zurück bekommen wird. Die Uni musste (bei geringsten Zweifel) einfach so entscheiden, wenn sie nicht in vorderste Kritiklinie geraten wollte. Und das ist schon wirklich eine Hexenjagd.
    Zum eigentlichen Thema:
    Ich glaube dass Schavan zurück treten muss und auch wird. Allein aus parteipolitischen Gründen, denn so eine Munition kann man der Opposition einfach nicht liefern.
    Zu der moralischen Frage, ob sie bleiben darf:
    Als Bildungsministerin würde ich auch eher davon absehen, da es den Ruf des Amtes zu sehr schadet. Als andere Ministerin finde ich könnte sie bleiben. (Rein moralisch gesehen, nicht parteitaktisch) Ich finde es immer wieder widerlich wie moralische Integrität für alle in der Öffentlichkeit gefordert wird. Dabei wird ein Standard angelegt wie er in Zeiten des Internets kaum noch zu halten ist. Das widerliche dabei ist nicht der Wunsch das Vorbilder auch Vorbilder seien sollen, sondern das der Pöbel die Macht besitzt einen Kopf nach dem anderen der Guillotine zu überführen. Wohl gemerkt geht es hier nicht um strafrechtlich relevante Vorwürfe. Man erinnere sich da zum Beispiel an eine Ruderin mit NPDler Exfreund (und evtl. eigene Verstrickungen). Das ganze geht dann schon in Richtung Gesinnungsterrorismus! Auch sollte man sich fragen, was das für Auswirkungen hat. Nämlich das nur noch Popstars und Blender in der Öffentlichkeit bestehen können. In der alten Einteilung der Herrschaftsformen nach (eben Wiki fragen) Polybios ist das genau die Entwicklung zur gescheiterten demokratischen Herrschaftsform, nämlich der Ochlokratie, also der Pöbelherrschaft.
    Das denken nur “gute” Menschen tragen zu einer besseren Welt bei ist Irrsinn und genau das was ein kapitalistisches System zu nutzen weiß. Als abschließendes Beispiel: Auch Wagner machte gute Musik!

  52. @Spoing
    Gehen Sie ruhig mal davon aus, dass Schavans Doktorarbeit wie ihr wissenschaftliches Wirken im großen und ganzen wertlos war.
    Die Dame hatte ihre Karriere einer Deckungslücke bei den Unionsparteien zu verdanken, wie etwa auch Frau Süssmuth, und hat vermutlich noch nie einen Satz gesagt, bei dem der Schreiber dieser Zeilen denken würde: Reschpekt, die Frau kann etwas!
    Die Fehlleistung ihrer Doktorarbeit betreffend rundet die Sache nur ab. Ihr voraussichtliches Ausscheiden belegt nur die noch gegebene Funktionsfähigkeit der demokratischen Systeme, wie auch die der umgebenden Mediensysteme. Blogs gehören heute dazu, sind oft auch besser als die “Qualitätsmedien”.
    MFG
    Dr. W

  53. Webbär #56: “Heutzutage gilt es ja eher als cool in der erweiterter Jugendzeit linksextremistisch gewesen zu sein”
    Das habe ich bei der Ochlokratie gerade noch vergessen. Neben den Strafrechtlich irrelevanten taten die zum Karriereende führen gibt es noch jene Taten welche strafrechtliche Relevanz besitzen, den Täter aber heroisieren (Wohl gemerkt, strafrechtlich und keine Ordnungswidrigkeiten!). Manch ein Lokalpolitiker konnte sich so zum Beispiel schon durch Gewaltaufrufe beliebter machen.
    Hier wird dann zusätzlich noch eine Diskrepanz zwischen dem Volk und dem Pöbel in Sachen Rechtsstaatlichkeit erzeugt. Natürlich ist dieses Problem nicht neu, aber die Rechtsstaatlichkeit scheint in meinen Augen immer mehr der gefühlten Gerechtigkeit zu unterliegen, wenn man sich die Shit-Storms mal an sieht. (Gerade die Unschuldsvermutung scheint etwas zu sein, an das sich nur noch die Polizei zu halten hat)

    • im Großen und Ganzen
      ** Fehlleistung ihre Doktorarbeit betreffend
      Sie sehen, liebes Spoing, wie Schwächen in der Schriftsprache herunterziehen…
  54. @IO:

    Wenn es nur ”zum Teil” ist, ist der andere Teil, der Rest, aber immer noch von so gravierendem Ausmaß, dass es reicht Schavan den Vorwurf der systematischen und vorsätzlichen Täuschung zu machen.

    Ich habe keine Zeit, alle Vorwürfe zu überprüfen. Ich kann aber stichprobenartig die “Auswahl eindeutiger Plagiate” überprüfen, bei denen es sich angeblich selbst “beim Anlegen eines großzügigen Maßstabs um eindeutige Plagiate handelt”. Und im zitierten Fall, stelle ich eindeutig fest, dass es sich um kein Plagiat handelt, da es unmöglich ist, das Buch von C.G. Jung zu zitieren, ohne den Kontext zu Freud, das “Verständnis der Libido” und den Begriff “psychische Energie” zu erwähnen. Die gleichen Wörter, die in genau diesem einen (kurzen) Satz von Schavan kritisiert werden, finden sich ebenfalls im Klappentext von C.G. Jungs Buch, und in jedem anderen Text darüber, z.B. hier, hier oder auch wieder fast wortwörtlich hier. Im konkreten Fall handelt es sich also eindeutig nicht um ein Plagiat, sondern schlicht um Allgemeinwissen. Und wenn sich Plagiatsjäger auf Allgemeinwissen von geringer Schöpfungshöhe stürzen, dann ist das sehrwohl eine Hexenjagd.

    […] selbst dann gibt es noch den Begriff des “geistigen Eigentums”.

    Geistiges Eigentum bedarf einer gewissen Schöpfungshöhe, die im konkreten Fall nicht vorliegt, da der kurze Satz von Schavan zum Allgemeinwissen gehört.

    Aber bei einer wissenschaftlcihen Arbeit muss man ordentlich belegen und zitieren. Und wenn man paraphrasiert, von andern variiert übernimmt, zeigt man das auch tunlichst in einer Fußnote an.

    Sicher. Aber Allgemeinwissen muss man nicht zitieren – von wem auch?

    “… scheint im Fall Schavan auch gerade das Eigen-/Selbst-Plagiat eine Rolle zu spielen”
    Scheint. Vielleicht eruierst Du erstmal genaueres?

    Gerne.

    Und, egal ob das auch eine Rolle gespielt hat. Die Hauptsache sind andere Dinge.

    Eine solche Argumentation ist typisch für eine Hexenjagd.

    Diese Behauptung ist einfach grotesker Unfug.

    Es ist die traurige Realität – oder werfen Sie mir vor, ich hätte mir meinen Kollegen nur ausgedacht?
    Die alleinige Schuldzuweisungen an die “Plagiatoren” werden nur solange gut gehen, bis jemand feststellt, dass wahrscheinlich so gut wie jede Doktorarbeit eine strikte Überprüfung nicht übersteht. Wie gesagt, die meisten Promotionsordnungen sind veraltet – jeder Doktorand verstösst zwangsweise gegen die Eigenplagiatsregelung. Hexenverfolgung relaoded eben.

  55. @Tobias Meier:
    Ich hab die Fragen mal so beantwortet, wie ich es ganz persönlich sehe, es besteht also kein Anspruch auf Richtigkeit.
    -Verstoß gegen die Promotionsordnung vor 33 Jahren
    Werte ich als Vortäuschung falscher Tatsachen, und damit wäre ein Minister/in untragbar. Denn die Frage ob diese Person Minister/in geworden ist WEIL ihr/m der Doktortitel bestimmte Türen geöffnet hat, darf und muss auch gestellt werden.
    – Steuerhinterziehung aktuell oder vor langer Zeit
    Diebstahl am Volk. Wie sollte man so jemandem vertrauen?
    – Außereheliche Affäre
    Schwierig. Da würde ich ganz persönlich zweierlei Maß ansetzen: Jemand vom eher linken Flügel des Parlamentes, da würde ich sagen: Na ja, nicht nett, aber DAS ist Privatsache.
    Wenn sich aber jemand das große „C“ auf die Fahne schreibt, dann würde ich auch erwarten, dass er/sie dieses auch ernst nimmt. Wenn nicht, dann ist das ein Zeichen dafür, dass man dieser Person nicht vertrauen kann, sie also unwählbar ist.
    – Drogenkonsum oder Alkoholabhängigkeit vor langer Zeit oder aktuell
    Wenn vor Jahren (und seit Jahren trocken/drogenfrei), durchaus OK. Wenn aktuell: niemals geeignet ein Staatsamt zu tragen. -> siehe Boris Jelzin.
    – Ausnutzung beruflicher Bonusmeilen zu privaten Zwecken aktuell oder vor langer Zeit.
    Vorteilsnahme/Diebstahl am Volk. Die Bonusmeilen gehören nicht dem Minister, sondern eigentlich dem Steuerzahler, der die Flüge ja im Endeffekt bezahlt hat. Insofern dürften Bonusmeilen, welche im Rahmen dienstlichen Reisen angesammelt wurden ausschließlich für Dienstreisen verwendet werden.
    – Überführung des Ladendiebstahls aktuell oder vor langer Zeit?
    Wie soll jemand, der sich nicht an Gesetze halten kann/will denn bitte geeignet sein Gesetze zu „machen“?

  56. @anonym
    Verweisen Sie gerne auf eine im Web verfügbare Publikation, die Frau Schavan entlastet, der Schreiber dieser Zeilen guckt gerne mal rein.
    MFG
    Dr. W (der bisher davon ausging, dass der Fakultätsrat der Sache angemessen entschieden hat)

  57. @Tobias Maier:
    hab ich zwar vorhin gelesen, aber so nicht dran gedacht (ging ja auch um Alkoholsucht 😉 ):
    Der Typ ist gerade als Justizminister, der wie ich denke, auch mit Fahrzeug und Fahrer ausstaffiert wird (für viel Steuerzahlergeld) völlig ungeeignet diesen (oder einen anderen Posten) weiter zu bekleiden. Siehe auch dazu -> Käßmann
    Allerdings bin ich auch ein Vertreter der 0,0 Promille Grenze sowie lebenslangen Führerscheinentzug bei Alkoholfahrt (beim ersten Mal teuer; beim Zweiten Mal sollte schon eine richtig empfindliche Strafe, orientiert am Einkommen, verpasst werden (so drei – fünf Monatsgehälter) + Nachschulung; beim dritten Mal: Lappen weg, richtig hohe Geldstrafe (2-3 Jahresgehälter), und ggf Gefängnis [ja, ich bin in der Beziehung ein Hardliner, weiß ich, kümmert mich aber nicht!])

  58. @Webbär 58.
    Eben hier sehe ich auch ein Problem. Jemand der einen schlechten Job macht, sollte auch für diesen gefeuert werden und nicht unter einem Vorwand. Wenn jedoch der Pöbel richtet entscheiden eben nur noch Charisma und nicht mehr Kompetenz. (Und bei Charisma reicht es schon keinen Skandal zu verursachen).
    @Wolf 67:
    Sie sagen also jeder Poltiker sollte sich an den eigenen moralischen Maßstäben messen lassen. Gut, wie sieht es dann mit Fischer aus?
    Und wieso sollte der C Politiker denn zurücktreten? Der stärkere Grundsatz am C ist eindeutig das vergeben von Sünden.
    Der Promotionsbetrug vor 33 Jahren? Nun ja bisher ist es nur eine Uni Entscheidung und sie hat noch das Recht zu klagen. Eine Betrugsschuld ist somit noch nicht gegeben. Nur eine nicht ausreichende Arbeit.
    Bei der Nulltolleranzpolitik zu Diebstahl am Volk:
    Jeder siebte Euro geht durch die Schattenwirtschaft. Dazu noch Steuerhinterziehung gerechnet und das ganze Geld dann mal eben Gausverteilt auf das Volk geschätzt. Somit bleiben 0-1% Der Leute die noch nie einen Schwarzen Euro in der Tasche hatten oder gezahlt haben. Dazu zählt auch den Kommilitonen für 20€ mal den Laptop fertig machen zu lassen.
    Wer gegen ein Gesetz verstoßen hat (mal geklaut), nie wieder Politik? Selbst Firmen können verklagt werden wenn sie in der Vergangenheit der Angestellten schnüffeln und ihn wegen eines Diebstahls in der Jugend raus werfen würden.
    Mal eben die Frage, wer soll in einem demokratischen Staat Repräsentant sein? Leute aus dem Volk oder Scheinelite?
    Wenn man so starke moralische Ansprüche stellt kann man ja eigentlich auch mal an den Formalen Ansprüchen ansetzen.

  59. @enbeh:

    In den Lebenswissenschaften und anderen empirischen Wissenschaften entsteht aber in der Regel der Erkenntnisfortschritt aus empirischer Arbeit: man macht ein Experiment, erhebt und analysiert Daten und interpretiert diese. Natürlich kann ich auch als Biologe oder Physiker Teile meiner Einleitung von anderen Autoren abschreiben, und natürlich ist das schlechter Stil. Möglicherweise reduziert es aber nicht im Mindesten der Erkenntnisfortschritt, den ich mit meinem Experiment erzielt habe*. Ich würde daher behaupten (möglicherweise stehe ich mit dieser Meinung alleine da), dass das Abschreiben in Maßen bei einer empirischen Arbeit eine lässliche Sünde sein kann.

    Ich halte diese – übrigens sehr oft vorgebrachte – Unterscheidung für einen heuchlerischen Versuch, die Aufmerksamkeit bei den Geisteswissenschaften zu belassen. Auch in den Naturwissenschaften/empirischen Wissenschaften gibt es Doktorarbeiten in denen eine Theorie, die Entwicklung eines Algorithmus oder eine Interpretation im Mittelpunkt steht. In jeder Doktorarbeit gibt es einen Abschnitt, der das bisherige Wissen zusammengefasst, einen Teil in dem die angewendete Methode beschrieben wird und den zentralen Teil, in dem die neuen Erkenntnisse präsentiert werden. Darin sollten sich Doktorarbeiten in Lebens-, Geistes-, Natur-, Sozial-Wissenschaften, etc. gar nicht unterscheiden. Natürlich ist ein Plagiat in der Einleitung oder im Methodenteil nicht so schwerwiegend wie im Hauptteil – das sollte allerdings für alle Wissenschaftsbereiche gleichermassen gelten. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, warum Plagiate in empirischen Wissenschaften nur eine “lässliche Sünde” sein soll, während sie in Geisteswissenschaften eine “Todsünde” darstellen.

  60. @Wolf:
    “Allerdings bin ich auch ein Vertreter der 0,0 Promille Grenze sowie lebenslangen Führerscheinentzug bei Alkoholfahrt”
    Dann sind sie aber kein Freund vom Verhältnissmäßigkeitsprinzip was laut wiki “ein Merkmal des deutschen Rechtsstaats (ist). Zweck des Grundsatzes ist es, vor übermäßigen Eingriffen des Staats in Grundrechte, insbesondere auch in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), zu schützen”
    Oder wie würden sie die Beeinträchtigung in etwa vergleichbar mit schlechtem Schuhwerk oder unzureichender Brille (größer ist die bei geübten Trinkern und 0,4 Promille nicht). Mit der Strafe der lebenslangen Untauglichkeit ein Kraftfahrzeug zu führen (Was nebenbei noch in vielen Spaten einem Berufsverbot gleich kommt) in das Verhältnis setzen?
    Anders sieht es natürlich bei fahrlässiger Gefährdung von Menschenleben aus (Volltrunkenes fahren) Aber da ist die Schuldfähigkeit eingeschränkt. Ansonsten ist man dabei aber auch als Wiederholungstäter heute schon richtig dran (zurecht!).

  61. @Wurgl #69:
    Das ist doch nur logisch. Was wäre der Regierung denn daran gelegen die Opposition zu zerlegen? Ein Oppositionspolitiker kann ohne aufsehen verschwinden. Ein Regierungspolitiker hält sich lange in den Schlagzeilen. Die frage ist nur ob die Anhänger des jetzigen Regierungslager das in der späteren Opposition auch machen werden, denn wenn sie da keinen von ganz oben stürzen können wird das nur wie eine billige Retourkutsche wirken. Da brauch man keine Verschwörung zu, das ist ein ganz normales Gesamtbild durch die Summe der Einzelinteressen.

  62. Also ist der Grund der Nachforschungen die Mitgliedschaft in der Regierungspartei und nicht die pure Suche nach der Wahrheit? Warum soll mir das jetzt besser gefallen?
    PS: Man könnte natürlich noch den Titel des Dr. sk. einführen, “sk” steht für Schrödingers Katze — isser noch da, der Titel oder isser schon weg?

  63. @anonym (#67)
    Ich sagte ja: möglicherweise bin ich mit dieser Meinung alleine. Nun gebe ich Ihnen in vielen Punkte recht. Empirische wie Geisteswissenschaftliche Arbeiten haben einen Einleitungsteil, in dem der theoretische Hintergrund beschrieben und auf existierende Theorien Bezug genommen wird. In jeglicher Art Wissenschaft kann in diesem Teil plagiiert werden. Mein Punkt ist folgender: so lange das Abschreiben darin besteht, dass ich eine Passage eines anderen Autors X zu dessen Theorie Y kopiere (ohne es als Zitat zu kennzeichnen), aber dabei nicht den Eindruck erwecke, ich hätte mir selber Theorie Y ausgedacht, halte ich das für relativ harmlos. In jedem Paper liest man doch Sätze wie:
    “Von zentraler Bedeutung ist hier die Sowieso-Theorie von Hinz & Kunz (1960). Die Sowieso-Theorie besagt, dass … (hier ein bis zwei Sätze zu den Kernaussagen)”.
    Was die Sowieso-Theorie nun besagt, lässt sich hervorragend von Hinz & Kunz abschreiben. Damit würde ich die Formulierung als meine eigene ausgeben, aber natürlich ist trotzdem klar, dass die Sowieso-Theorie nicht auf meinem Mist gewachsen ist. Das ist nie wirklich korrekt, aber m.E. lässlich, egal welcher Wissenschaft man angehört.
    Problematisch wird es erst dort, was Sie den “Hauptteil” nennen, also dort, wo die neue Erkenntnis und Eigenleistung dargestellt wird. Wer hier plagiiert, hat grob betrogen, auch wiederum egal welcher Wissenschaft man angehört. Mein Argument war, dass man als empirischer Wissenschaftler recht selten überhaupt die Gelegenheit hätte, hier etwas zu plagiieren – im Gegensatz zu den Geisteswissenschaften.
    Außerdem möchte ich nochmal betonen, dass ich die empirischen Wissenschaften keineswegs für ethischer, sauberer oder sonstwie besser halte als die Geisteswissenschaften. Ich finde lediglich, dass die schwerwiegenden Probleme andere sind: erfundene/geschönte Daten und unsaubere Analysen hier, Plagiate dort.

  64. @Tobias:
    Ich finde, du zäumst das Pferd von hinten auf; Die Frage sollte eher lauten “Wann ist ein Mensch für ein Ministeramt geeignet?” – Die von dir aufgeführten Gründe können o. können nicht “das Fass zum Überlaufen bringen”, je nach Umständen. Wenn jemand zB. außergewöhnlich kompetent ist, kann es vllt sinnvoller sein, ihm einfach nur genauer auf die Finger zu schauen, aber sonst im Amt zu lassen.
    Trotzdem versuche ich mal, die Sachen irgendwie einzuordnen:
    Verstoß gg. Promotionsordnung, Steuerhinterziehung, Ladendiebstahl,Alkohol/Drogenabhängigkeit,Ausnutzung von Bonusmeilen sind imo kein Problem, solange sie hinreichend lange zurückliegen u. der Täter damit transparent umgeht, also klar ist, dass die Person, die sie damals waren, kaum noch Gemeinsamkeiten mit ihrem heutigen Ich haben.
    Umgekehrt, wenn sie nur sehr knapp zurückliegen/aktuell sind, oder die Person alles tut, um die Taten immer noch zu verschleiern, ist es sehr fraglich, ob sie für ein Ministeramt geeignet sind.
    Einfacher Drogenkonsum u. außereheliche Affären sind meiner Meinung nach idR überhaupt kein Problem, da man bei einer Affäre selten die Hintergründe durchblickt u. man deswegen kaum auf den Charakter der Person schließen kann, während Drogenkonsum imo schlicht Privatsache ist(solange es nicht die Amtsführung behindert).
    @Wurgl:
    Das ist doch nur logisch. Die Regierung hat praktisch per Definition weitaus mehr Macht als die Opposition, also wird ihnen auch genauer auf die Finger geguckt. Wir haben wohl kaum die Kapazitäten, jede Doktorarbeit im Land zu überprüfen – also werden die “Relevantesten” als erstes angeguckt. Imo sehr vernünftig.
    Viele VTs lassen sich durch einfache soziale Dynamik erklären, wie auch das hier.

  65. @Reki: Schavan hat nichts verschleiert. Das ganze geschah sogar auf Ihre Initiative hin.
    @Wurgl:
    Die Intention bei der Aufdeckung eines Betruges ist irrelevant. Wichtig ist nur dass man dabei nicht gegen geltendes Recht verstößt. Zwar ist hier das Gleichbehandlungsgebot moralisch verletzt, rechtlich wird dieses aber nicht für Privatpersonen gelten (Genaues müsste ein Jurist dann dazu sagen).
    Mir sind diese Plagiatsjäger auch suspekt und ich glaube auch das es niederste Motive sind, die die antreiben. Aber das entwertet das Ergebnis nicht.
    Hey, wie wäre denn der Politiker zu bewerten, welcher Privatdetektive engagiert um bei Konkurrenten Dreck auf zu wühlen? Also für mich wäre so jemand unten durch aber zurücktreten muss er deswegen nicht. (Ich würde ihn nur nicht mehr wählen).

  66. Wenn jemand sein Führungszeugnis fälscht und dadurch an einen Job (im öffentlichen Dienst) kommt, würde die Person sobald der Betrug aufgedeckt werden würde, nachträglich den Job verlieren. Warum also hier eine Ausnahme machen ?
    Ob sie ihr Amt auch ohne Titel bekommen hätte, kann man schlecht sagen. Wäre der Betrug jedoch vorher aufgedeckt worden, hätte sie wohl kaum so weit kommen können.

  67. @Spoing:
    Ich schrieb (in einem anderen Blog las ich den Begriff “schrub”; auch nett.):
    “Ich hab die Fragen mal so beantwortet, wie ich es ganz persönlich sehe, es besteht also kein Anspruch auf Richtigkeit.”
    Natürlich kann das jeder anders sehen. Bin ja nicht der Papst.
    “Gut, wie sieht es dann mit Fischer aus?”
    Oh verdammt, wollen wir jetzt den Beitrag mit Beiträgen über Fischer zuspammen? Oder besser gleich noch Otto Schily…
    “Und wieso sollte der C Politiker denn zurücktreten? Der stärkere Grundsatz am C ist eindeutig das vergeben von Sünden.”
    Wer das “C” so vor sich herträgt muss sich auch an ganz einfachen Dingen messen lassen, z.B. “Das sechste Gebot:
    Du sollst nicht ehebrechen.”
    Wenn ein Parteiler damit ein Problem hat, dann scheint er entweder in der falschen Partei zu sein, oder das “C” ist nichts worum man sich kümmern müsste.
    “Bei der Nulltolleranzpolitik zu Diebstahl am Volk:
    Jeder siebte Euro geht durch die Schattenwirtschaft. Dazu noch Steuerhinterziehung gerechnet und das ganze Geld dann mal eben Gausverteilt auf das Volk geschätzt. Somit bleiben 0-1% Der Leute die noch nie einen Schwarzen Euro in der Tasche hatten oder gezahlt haben. Dazu zählt auch den Kommilitonen für 20€ mal den Laptop fertig machen zu lassen.”
    Und weil es alle machen ist es nicht so schlimm?
    By the way, ich habe noch nie einen Schwarzarbeiter bezahlt oder selbst schwarz gearbeitet, gehöre also zu dem 0-1% Part.
    “Wer gegen ein Gesetz verstoßen hat (mal geklaut), nie wieder Politik? Selbst Firmen können verklagt werden wenn sie in der Vergangenheit der Angestellten schnüffeln und ihn wegen eines Diebstahls in der Jugend raus werfen würden.”
    Genau! Rauswerfen! Gar nicht erst einstellen ist die Devise!
    “Mal eben die Frage, wer soll in einem demokratischen Staat Repräsentant sein? Leute aus dem Volk oder Scheinelite?”
    Also die Scheinelite haben wir ja offensichtlich bereits im Bundestag sitzen, gell.?
    “Dann sind sie aber kein Freund vom Verhältnissmäßigkeitsprinzip was laut wiki “ein Merkmal des deutschen Rechtsstaats (ist). Zweck des Grundsatzes ist es, vor übermäßigen Eingriffen des Staats in Grundrechte, insbesondere auch in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), zu schützen”
    Genau lesen! Ich schrub (lustiges Wörtchen):
    “(beim ersten Mal teuer; beim Zweiten Mal sollte schon eine richtig empfindliche Strafe, orientiert am Einkommen, verpasst werden (so drei – fünf Monatsgehälter) + Nachschulung; beim dritten Mal: Lappen weg, richtig hohe Geldstrafe (2-3 Jahresgehälter), und ggf Gefängnis [ja, ich bin in der Beziehung ein Hardliner, weiß ich, kümmert mich aber nicht!])”
    Wer es nach 2 Warnschüssen nicht kapiert hat, wird es niemals mehr kapieren, hat also den Beweis angetreten, dass er / sie nicht die notwendige geistige Reife besitzt ein Fahrzeug zu führen.
    “Oder wie würden sie die Beeinträchtigung in etwa vergleichbar mit schlechtem Schuhwerk oder unzureichender Brille (größer ist die bei geübten Trinkern und 0,4 Promille nicht). Mit der Strafe der lebenslangen Untauglichkeit ein Kraftfahrzeug zu führen (Was nebenbei noch in vielen Spaten einem Berufsverbot gleich kommt) in das Verhältnis setzen?”
    Fahren ohne Brille (obwohl benötigt) und falsches Schuhwerk, kann im Schadensfall bereits jetzt dazu führen das die Versicherung die Leistung zumindest teilweise ablehnt.
    Ansonsten: genau so wie oben.
    Zum “Berufsverbot”: Hm, lass mich überlegen. EIn Berufskraftfahrer der schon mehrmals dabei erwischt wurde, dass er ohne Brille gefahren ist obwohl er sie eigentlich tragen müsste, hm, fände ich das wirklich schlimm, wenn der in diesem Beruf nicht mehr arbeiten dürfte?
    Öh, nein!
    Ein Alkoholiker als Berufskraftfahrer, auch ne tolle Idee (gibt es wahrscheinlich schon zu viele von).
    Oh, fast noch besser: Ein Alkoholiker als Laborant in einem S4 Labor (Schade! Ich mochte Hamburg.).
    Berufsverbote können manchmal Sinn machen.
    Kleines Beispiel: Würde ich mich in meinem Beruf mehrfach nicht an die Datenschutzvorschriften halten, würde ich hier rausfliegen und mit Sicherheit keinen anderen Job in diesem Bereich mehr finden.
    Aber wie gesagt: Meine Meinung.

  68. @Spoing
    Klar muss der Titel weg, wenn jemand gegen die Kriterien verstoßen hat um eben diesen Titel zu erhalten — ähem wie war das bei Verjährung im Strafrecht?
    Lesen wir mal nach:
    http://dejure.org/gesetze/StGB/78.html
    24 Jahre ist die Dissertation her, also müsste man ihre Untat mit jenen bösen Dingen aus dem Strafrecht vergleichen, deren Verjährungsfrist über 20 Jahre beträgt. Und was lesen wir da:
    dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
    Hallo? Ist eine Dissertation damit vergleichbar? Wohl kaum.
    Und der andere Teil ist dann eben die (unterstellte) Motivation der Jäger. Wobei diese Unterstellung schwer zu unterdrücken ist, wenn man die politische Zugehörigkeit der Entpromovierten ansieht. Alles das zusammen hinterlässt ein Geschmäckle, das mir gar nicht gefällt.

  69. “Wer es nach 2 Warnschüssen nicht kapiert hat, wird es niemals mehr kapieren, hat also den Beweis angetreten, dass er / sie nicht die notwendige geistige Reife besitzt ein Fahrzeug zu führen.”
    Also ab 3 mal Ladendiebstahl lebenslang?
    Zumindest ab der dritten Schlägerei, oder? Immerhin wird zeit seines Lebens eine Gefahr für das Körperliche Wohl anderer ausgehen, so lange der frei herumläuft.
    “Wenn ein Parteiler damit ein Problem hat, dann scheint er entweder in der falschen Partei zu sein, oder das “C” ist nichts worum man sich kümmern müsste.”
    Die CDUler werden das Christentum (oder auch nur Teile des Christlichen Weltbildes) als anstrebendes Ideal verwenden und nicht als Dogmatische Lehre. (Es soll sogar Leute mit vorehelichen Sexualkontakten in der Partei und gar Schwule, sogar der ein oder andere Atheist ist da zu finden!)
    “Genau! Rauswerfen! Gar nicht erst einstellen ist die Devise!”
    Das unser Strafvollzug auf Resozialisierung und nicht auf Schadensminimierung ausgelegt ist, ist aber schon klar?
    Wie wäre es denn sonst mit präventiver Haft/Überwachung?
    “Und weil es alle machen ist es nicht so schlimm?”
    Ja. Es ist damit nicht weniger falsch. Aber es bedarf weniger krimineller Energie. Sicherlich gehört so ein Verhalten nicht tolleriert und bestraft. Aber nur weil jemand mal bei Rot über eine Ampel geht (Ignorieren von Regeln, gar Anarchist, der das Leben dritter gefährdet) ist er damit noch lange nicht Gesellschaftsuntauglich.
    Wie sieht es denn mit Lügen aus? Auch hier eine Null-Tolleranzschiene? Auch wenn es Zynisch ist, aber beim Taktieren gehört lügen dazu. Das muss ein Politiker können. Trotzdem darf er es natürlich nur in bestimmten Situationen. (Darf jemand mit dem C in der Partei dann gar kein Politiker sein?)

  70. @ anonym
    Ich habe keine Zeit, alle Vorwürfe zu überprüfen.
    Brauchen Sie eigentlich auch nicht, denn dass findet laufend statt (u. a. Schavanplag, Gutachten von Rohrbacher, die Untersuchung des Ausschusses der Uni Düsseldorf).
    Schauen Sie bitte bei nur mal den großflächigen Übernahmen (incl. Fehlern) hinein.
    Und hier das gesamte derzeitige Dokument http://schavanplag.files.wordpress.com/2013/02/plagiatsdokumentation_schavan_20130205.pdf
    Im übrigen reicht es nach aktueller (und gewiss auch früherer Rechtsprechung, dass auch nur wenige wörtliche oder sinngemäße Übernahmen, die nicht als solche gekennzeichnet werden, dazu führen, dass (siehe oben) eine solche Übernahme “gegen grundlegende Maßstäbe wissenschaftlichen Arbeitens verstoße und damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall ausschließe (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil … 2006 …).”
    Und es geht darum, dass Schavan dies massiv und systematisch getan hat.
    IO:
    Scheint. Vielleicht eruierst Du erstmal genaueres?
    anonym:
    Gerne. (http://www.faz.net/aktuell/politik/vroniplag-eigenplagiat-neuer-vorwurf-gegen-schavan-11768474.html)”
    Was soll der veraltete Zeitungsartikel?
    http://schavanplag.wordpress.com/#Hinweis
    Die von dem umstrittenen Kleinunternehmer Martin Heidingsfelder verbreitete Behauptung, Annette Schavan habe in ihrer Dissertation einen bereits zuvor in einem Sammelband publizierten eigenen Aufsatz wiederverwertet und damit von sich selbst plagiiert (sog. Eigenplagiat), ist falsch. Im Rahmen der in Auszügen öffentlich bekannt gewordenen Sachverhaltsermittlung durch Mitglieder des Promotionsausschusses konnte dieser Vorwurf nicht bestätigt werden (vgl. z.B. Frankfurter Allgemeine vom 14.10.12).
    Der Genannte betreibt ebenfalls ein Twitter-Account “Schavanplag @ozapftis”, mit dem der Autor dieses Blogs in keinerlei Beziehung steht.

    IO:
    Und, egal ob das auch eine Rolle gespielt hat. Die Hauptsache sind andere Dinge.
    anonym
    Eine solche Argumentation ist typisch für eine Hexenjagd.
    Nachdem Du ein angebliches Beispiel für ein deiner Ansicht nach unbedeutendes Plagiats (damit meine ich jetzt verkürzend alle Unregelmäßigkeiten, die Schavan zur Täuschung beging), war “Hauptsache” offensichtlich die ca. 99 % relevante(re)n Pagiate gemeint.
    Diese halbgaren Versuche eine “Hexenjagd” zu konstruieren, verfangen nicht.
    Es ist die traurige Realität – oder werfen Sie mir vor, ich hätte mir meinen Kollegen nur ausgedacht?
    Ich werfe dir gar nichts vor – hier ist kein Tribunal.
    Die alleinige Schuldzuweisungen an die “Plagiatoren” werden nur solange gut gehen, bis jemand feststellt, dass wahrscheinlich so gut wie jede Doktorarbeit eine strikte Überprüfung nicht übersteht.
    Toolle Behauptung, etwa in der Qualität, dass um den Erde auch der Russellsche Teekanne kreiste.
    Ich denke, dass die weitaus größte Mehrheit der Arbeiten einer Überprüfung auf Plagiat (incl. anderer Unregelmäßigkeiten) standhält. Vielleicht leichte Abweichungen nach Fachgebiet.
    Wie gesagt, die meisten Promotionsordnungen sind veraltet – jeder Doktorand verstösst zwangsweise gegen die Eigenplagiatsregelung.
    Die im Fall Schavan nicht von Bedeutung ist s. oben.
    Im Übrigen ist die Eigenplagiatregelung wohl eher ein Problem der Forschungslandschaft Deutschlands. Ich kenne es hier nicht.
    Es gilt in etwa was u. a. in der Wikipedia so beschrieben wird:
    “In academic fields, self-plagiarism occurs when an author reuses portions of his own published and copyrighted work in subsequent publications, but without attributing the previous publication.”
    http://en.wikipedia.org/wiki/Plagiarism#Self-plagiarism
    Dort auch
    “Pamela Samuelson in 1994 identified several factors which excuse reuse of one’s previously published work without the culpability of self-plagiarism.[27] She relates each of these factors specifically to the ethical issue of self-plagiarism, as distinct from the legal issue of fair use of copyright, which she deals with separately. Among other factors which may excuse reuse of previously published material Samuelson lists the following:
    1. The previous work needs to be restated in order to lay the groundwork for a new contribution in the second work.
    2. Portions of the previous work must be repeated in order to deal with new evidence or arguments.
    3. The audience for each work is so different that publishing the same work in different places was necessary to get the message out.
    4. The author thinks they said it so well the first time that it makes no sense to say it differently a second time.”
    Davon gilt das eine oder andere unter anderem bei sogenannten “kumulativen Dissertationen” http://de.wikipedia.org/wiki/Kumulative_Dissertation
    Das gibt es auch in den Geisteswissenschaften, wobei allerdings in manchen Fächern nicht nötig ist peer-review-te Artikel dazu zu nehmen.
    Es gibt auch Mischformen, bei der nur wenige Kapitel einer Diss.. (ein, zwei Kapitel) zuvor veröffentlicht wurden und dann umgearbeitet werden.
    Hier kräht kein Hahn oder keine Henne nach so etwas.
    Und wie gesagt, bei Schavan spielt das Eigenplagiat offenbar keine nennenswerte Rolle.
    Hexenverfolgung relaoded eben.
    = de facto Unsinn.

  71. @ Wurgl
    Ich hab da sehr gemischte Gefühle. Auch wegen der Verteilung der Entpromovierten quer über die Parteien:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Aberkennung_eines_akademischen_Grades
    Irgendwas stimmt da nicht. Das ist jedenfalls eine sehr einseitige Verteilung und schreit nach Verschwörungstheorie.

    Ja, ist doch merkwürdig, dass die “Bürgerlichen” und Neoliberalen es nicht schaffen, an die Dissertationen der SPDler, Grünen oder Linken heran zu kommen. Die Arbeiten letzterer sind alle wohlweislich in den Giftschränken der Unibibliotheken verschlossen.
    Ironie beiseite.
    Jeder kann zum Plagiate-Suchen beitragen, jede Arbeit kann geprüft werden.
    Zum Thema hier
    http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/VroniPlag_Wiki:FAQ
    Wie werden die Arbeiten ausgesucht?
    Eigentlich gar nicht. Damit eine Arbeit kollaborativ untersucht wird, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein: Zum einen muss ein begründeter Anfangsverdacht bestehen, und zum anderen müssen sich Leute im Wiki finden, die ihre Freizeit darauf verwenden, diese Arbeit zu untersuchen.

    und
    Ist die Arbeit im Wiki politisch motiviert?
    In einem offenen Wiki wie diesem kann jeder etwas beitragen. Und jeder, der etwas beiträgt, tut dies aus ganz persönlichen Motiven. Es ist deshalb schwierig eine allgemeingültige Antwort zu geben – trotzdem scheint bei vielen regelmäßigen Autoren eher die Sorge um die Wissenschaft im Vordergrund zu stehen und nicht parteipolitische Überlegungen. Siehe auch Frage zum Thema Motivation.
    Werden nur Arbeiten von bestimmten Parteien untersucht?
    Nein. Parteizugehörigkeit ist kein Kriterium.

    Warum also trotz Unparteilichkeit eine enorme Überzahl an Fällen bei den Damen und Herren Ex-Wissenschaftlern der “bürgerlichen” Parteien zu finden ist, sollte zu denken geben.
    Verschwörungstheorien braucht es da genauso wenig wie sonst im Leben.
    Cui bono? Money (and career) talks …
    usw.
    Die Schlüsse daraus zu ziehen, ist jedem überlassen!

  72. Tobias, du unterscheidest zwischen der politischen und akademischen Glaubwürdigkeit. Du sagst aber nichts zur repräsentaiven Funktion. Nochmal: die Ministerin repräsentiert die Wissenschaft der gesamten Republik! Um mal auf Stammtischniveau hochzukommen: ich wette einen Kasten Bier, dass sie die Titel “Prof. Dr.” auf ihrem Namenschild auf dem Tisch wärend der Verhandlungen über das EU-Förderrahmenprogramm hatte.
    Der Hinweis auf Guttenberg ist ablenkend, aber dennoch: auch Schavan bleibt aktuell bei ihrer Aussage, dass sie nicht getäuscht hat. Und das sah der Fakultätsrat anders, nach eingehender Prüfung. Guttenberg log, Schavan nicht? Komische Logik.
    tl:dr:
    Wer sich mit falschen Titeln schmückt, sollte nicht mehr ‘die Wissenschaft’ repräsentieren.
    Ach, übrigens, dagda: auch wenn’s üblich ist, Ausreißer zu ignorieren und sogar ganz aus dem Datensatz zu trimmen, ist das nicht mal annähernd die selbe Ebene wie Datenfälschung. Geschweige denn, sich mit fremden Gedanken zu schmücken ohne zu referenzieren.
    Äpfel und Birnen kann man guten Gewissens vergleichen. Scientific misconduct und data cleansing bitte nicht.

  73. Oh, Nachtrag wg. “sorgfältig mit Daten umgehen”: agreed. That’s what coauthors and the peer review should prevent, and quite often fail to. Shit happens. Immer noch keine bewußte Täuschung, right?

  74. Ich bitte die verspätete Freischaltung der Kommentare #79 und #81 zu entschuldigen. Obwohl eigentlich alles mit drei und weniger Links hier sofort publiziert werden sollte, bleiben doch manche offenbar hängen.

  75. Lieber Tobias Maier (#54):
    Das ist eine gute und interessante lebensnahe Frage, auf die ich selber keine perfekt-genaue allgemeingültige Antwort wüßte.
    Soweit es die Gesellschaft aktuell oder künftig nicht übermäßig in einem bestimmten sozial relevanten Kontext schädigt oder belastet, sollte man besser eher etwas gelassen großzügig sein.
    Ein uralter Ladendiebstahl mit 16 Jahren, eine einmalige Suff-Fahrt von der Discothek nach Hause ohne Crash, Demo-Keilerei mit der Polizei vor einem Atomkraftwerk im Jahre 1978 oder ein nichteheliches Kind neben der Ehe (ohne üble Gemeinheiten gegenüber der Mutter des Kindes o.ä.), eine gleichgeschlechtliche Beziehung oder dergleichen übersichtliche und in der Wirkung auf das kleine private oder lokale Biotop begrenzte Angelegenheit halte ich für eher unschädlich. Das sind Sachen, die im Kontext von jugendlicher Unerfahrenheit, Naivität, Spontaneität erfolgen können, für die man – wenigstens innerlich und/ oder unter Vertrauten – und am allerbesten gegenüber den davon Betroffenen um deren Entschuldigung bittet. Ohne staatlichen Zwang o.ä.
    Das wäre dann die Lebenserfahrung eines lebendigen Menschen.
    Alles andere wäre für mich eher problematisch.
    Wie will denn Frau Schavan als “Bundesbildungsministerin” (als was auch sonst ?) z. B. künftig an einer Universität auftreten, ohne gründlich nachhallendes Gelächter oder gespenstisch stille aversive Skepsis hervorzurufen ?
    Und das liegt dann nicht an der Reaktion des Promotionsausschusses, sondern an dem Murks, den sie vor etwa 30 Jahren hingelegt hat.
    Wie will denn Frau Schavan sich künftig – wie auch immer – zum Urheberrecht äußern, ohne breites Grinsen zu ernten ?
    Aktuelle Probleme (im Beispiel :Alkohol- Drogenabhängigkeit o.ä.) hätte ich an verantwortlicher Stelle auch nicht gern. Länger zurückliegende Erfahrungen dieser Art können einen Menschen dagegen – nach entsprechender Einsicht – sehr wohl stärken.
    Mir geht es dabei um persönliche Integrität und um eine entsprechende produktive und würdevolle Amtswahrnehmung.
    Und genau das ist es, was bei ihr wohl nicht mehr klappen wird.
    Der Grundstein dafür ist nicht erst einige Wochen alt, sondern ruht seit ca. 1980 in der akademischen Erde.
    Sei es drum.

  76. @IO:

    “Ich habe keine Zeit, alle Vorwürfe zu überprüfen.”
    Brauchen Sie eigentlich auch nicht, denn dass findet laufend statt

    Und was dabei rauskommt, sehen Sie an meiner obigen Stichprobe aus den angeblich 20 eindeutigsten und dreistesten Plagiaten: Eine aus einem (kurzen) Satz bestehende Inhaltsangabe zu einem Buch, die sich in ähnlicher Formulierung in dutzenden anderer Publikationen findet und damit als Allgemeinwissen angesehen werden kann, wird als Plagiat verkauft. Wenn das wirklich der Massstab sein sollte, dann findet sich in absolut jeder Doktorarbeit Plagiate.

    Schauen Sie bitte bei nur mal den großflächigen Übernahmen (incl. Fehlern) hinein.

    Ja was jetzt? Muss ich nun doch alles überprüfen oder nur fest daran glauben, dass die Plagiatsjäger in den anderen nicht so eindeutigen Fällen sorgfältiger vorgegangen sind als im von mir kritisierten Beispiel?

    Im übrigen reicht es nach aktueller […], dass auch nur wenige wörtliche oder sinngemäße Übernahmen, die nicht als solche gekennzeichnet werden, dazu führen, dass […] damit die Annahme einer Arbeit als Dissertation im Regelfall ausschließe[…]

    Wenn man das wie im kritisierten Beispiel auch auf Allgemeinwissen anwendet, dann kann man jede Dissertation beanstanden.

    Und es geht darum, dass Schavan dies massiv und systematisch getan hat.

    Das mag sein – möglicherweise ist die Aberkennung des Doktorgrades auch gerechtfertigt. Das von mir angeführte stichprobenartig ausgewählte “Plagiat” kann diese Aussage aber nicht stützen.

    Was soll der veraltete Zeitungsartikel?

    Er zeigt, in Verbindung mit dem von Ihnen verlinkten Hinweis und dem neueren Zeitungsartikel, dass Selbstplagiatsvorwürfe ernst genommen werden.

    Nachdem Du ein angebliches Beispiel für ein deiner Ansicht nach unbedeutendes Plagiats […], war “Hauptsache” offensichtlich die ca. 99 % relevante(re)n Pagiate gemeint.

    Nochmal: Allgemeinwissen kann man nicht plagiieren. Ausserdem habe ich extra eines der angeblich relevanten Plagiate genauer unter die Lupe genommen (bei denen es sich selbst beim “Anlegen eines großzügigen Maßstabs um eindeutige Plagiate handelt”). Wenn die anderen Textstellen eines noch strengeren Massstabs bedürfen um als Plagiat durchzugehen, na dann gute Nacht.

    Ich denke, dass die weitaus größte Mehrheit der Arbeiten einer Überprüfung auf Plagiat (incl. anderer Unregelmäßigkeiten) standhält.

    “Toolle Behauptung, etwa in der Qualität, dass um den Erde auch der Russellsche Teekanne kreiste.”

    Es gilt in etwa was u. a. in der Wikipedia so beschrieben wird:

    Na toll – schwammiger geht’s nicht mehr. In Wikipedia steht auch, dass das Thema umstritten ist und bei einer strengen Auslegung der DFG-Richtlinien ein Selbstplagiat vorliegt, wenn in bestimmten Fällen Teile der Doktorarbeit vorher in Fachpublikationen veröffentlicht werden – was nun wirklich absoluter Standard ist. Um “Kumulative Dissertationen” geht es hier nicht – das ist ein anderes (unproblematisches) Thema. Es geht darum, dass Teile der Doktorarbeit vorher in Fachpublikationen oder Jahresberichten veröffentlicht werden, obwohl dies nach einigen Promotionsordnungen immer noch ein Ausschlusskriterium ist. Es geht darum, dass die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis z.T. nicht einheitlich und klar definiert sind/waren und in vielen Studiengängen den Studenten nicht vermittelt werden/wurden insbesondere bezüglich Regelungen wann etwas als Plagiat gilt und wann nicht.
    Wenn wir uns hier schon darüber streiten was als Allgemeinwissen gilt und ob es zitiert werden muss – was bleibt dann einer Kommission anderes übrig als nach den strengstmöglichen Plagiatskriterien zu urteilen, um von den eigentlichen Missständen an den Universitäten abzulenken?

  77. Nochmal zu dem was Wolf geschrieben hatte, da ich den Ansatz ganz interessant fande. Jeder muss an seinen eigenen moralischen Standpunkt gemessen werden.
    An sich stimme ich dieser Aussage zu, aber man kann ja auch eine 0,3 Promillegrenze fordern und trotzdem mit 0,8 erwischt werden, denn man kann ja den kollektiven Vorteil als groß genug sehen um den persönlichen Nachteil zu überwiegen (Natürlich unglaubwürdig wenn er bei der Werbung dafür a la “kann auch mal einer an die Kinder denken” gemacht hat). Das Problem an dieser Definition sind das dann mit Doppelstandards gemessen wird, sofern die Entscheidung nicht komplett bei der Person selber liegt. Das ist mir gerade in den letzten Jahren am Beispiel der FDP klar geworden. Da ich eine Grundliberale Einstellung habe, war mir die FDP nie ein Feindbild wie sie es manch anderen ist (mögen wäre aber auch geprahlt, da sie sich selbst völlig auf “Steuern runter” reduziert haben).
    Jetzt ist es wieder so das die Worte von Herrn Hahn (kannte vorher auch keine Sau) absichtlich Missverstanden werden. (Ja absichtlich, denn wird mir erzählen können er wäre so dämlich und würde mit rassistischen Argumenten am Vorgesetztenstuhl sägen wollen). Da gibt es auch schon wieder Rücktrittsforderungen!
    Rassismus gegenüber Rösler? Aber hallo! Der wird extrem häufig als “der Asiate” bezeichnet in Beiträgen die Ihn kritisieren. Von Özdemir habe ich bisher noch keinen der Türke in einem Negativartikel vernommen. Dann wird der Außenminister in Foren manchmal “Schwesterwelle” genannt (auch von mir, aber nur im lustigen und nicht im abwertenden Kontext. Zum Beispiel um in der Beziehung zu Angela Merkel eine Ehe zu konstruieren in der Sie der Mann ist).
    Einer der Höhepunkte der Doppelmoral die mir im Gedächtnis geblieben sind war damals in einem Jahresrückblick als zum Selbstmord von Möllemann der Kommentar kam “Er wollte unbedingt vor der FDP auf den Boden aufschlagen” (Ok, zwar genau meine Art von Humor. Aber es ist ein Unding sich öffentlich über Suizide lustig zu machen. Bei Enke gab es da komischer Weise auch massiv Gegenwind!).
    Ach und Abschließend noch mal etwas zu Rassismus gegenüber Rösler: Ein Kabarettist hatte ihn mal als “Die Rache der Roten Khmer” bezeichnet. Gehts noch? Ein Regime welches dem Naziregime in nichts nachstant? Einen Vietnamnesen so etwas an zu hängen ist ähnlich geschmacklos wie einen Deutsch-Juden zu einem Nazi zu deklarieren. Komischer Weise gibt es dafür aber Lacher und keinen Aufschrei in der Presse!
    Um den Bogen zum Anfang wieder zu bekommen. Wie soll man Leute an ihren eigenen Worten Messen wenn wir Ihre Worte auslegen wie es uns gefällt und Moral so extrem mit zweierlei Maß messen? Sollte nicht viel besser allein der Rückhalt bei den Wählern und der Partei und nicht die Stimmungsmache der Medien und Opposition ein Grund für Rücktritt sein?

  78. Das Problem an dieser Definition sind das dann mit Doppelstandards gemessen wird, sofern die Entscheidung nicht komplett bei der Person selber liegt.

    Ganz kleiner Hinweis: Das Setzen oder Befürworten einer Norm bei anschließendem Verstoß gegen dieselbe ist kein “doppelter Standard”.
    Doppelte oder n-fache Standards, die als sittlich niedrig gelten, ganz zurecht! – wie übrigens auch das Deligitimieren und das Dämonsieren, die drei Ds -, sind am besten erkennbar, wenn vergleichbare Sachverhalte mit unterschiedlichen Maßstäben bearbeitet, eingeordnet und letztlich bewertet werden.
    Bei den SB.de gibt es hierzu, das Politische betreffend, genau zwei Spezialisten. Wissen Sie welche?
    MFG
    Dr. W

  79. @ Tobias
    In den Kommentaren #22 und 23 hatte ich auf die Frage geantwortet
    (Tobias:)
    “Wie genau hat der Doktortitel ihre politische Karriere möglich gemacht?”
    IO:

    Nun, ohne den Doktorgrad hätte sie kaum die Karriere als Referentin/Leiterin beim Cusanuswerk bekommen.

    Dem ist noch hinzu fügen ein Text aus einem längeren Zeit-Artikel
    “Von 1974 an studiert sie in Düsseldorf und Bonn Katholische Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften. Sie ist unsicher, was aus ihr werden soll, vielleicht Lehrerin? Durch Förderer an der Universität lockt eine Aufgabe am katholischen Cusanuswerk, das Begabte unterstützt. Doch vorher muss sie ihr Studium beenden, 1980, mit Mitte 20, schließt sie es mit einer Direktpromotion ab, also ohne Magisterarbeit, Titel: Person und Gewissen.”
    Das bestätigt meine Annahme, das es für Schavan im Cusanuswerk ohne den Doktor keine Referentenstelle gegeben haben dürfte.
    Schavan hätte die Karriere von Beginn an nicht ohne den Doktorgrad durchlaufen!
    Dann ist es interessant wie Seilschaften funktionieren:
    Der oben von mir gelistete, frühere Leiter des Cusanus-Werks, Ludger Honnefelder, also der unmittelbare Vorgänger Schavans im der Position, tritt in diesem Artikel auf (http://aktuell.evangelisch.de/artikel/78229/markschies-kein-grund-den-doktorgrad-zu-entziehen) in dem ein Humboldt-Prof. Markschies das Vorgehen der Uni Düsseldorf angreift:
    “Mein katholischer Kollege Ludger Honnefelder, ein prominenter Philosoph aus Bonn, äußert sich durchaus anerkennend über die Qualität dieser knappen referierenden Abschnitte [in der Dr.-Arbeit Schavans!].”
    Dass Honnefelder an der Arbeit eher nicht kritteln wird bzw. sich so vorsichtig äußern wird, dass man es so oder so auslegen kann … wen wundert das?
    Nach dem Gerichtsurteil werden dann wohl alle auf den Zug “Ich hab’s ja immer gesagt” aufspringen.
    Aus der Humboldt-Uni wiederum redt sich der Präside Olbertz für Schavan warm (und wird als einer der möglcihen Nachfolger als Bildungsminister gehandelt, was er bestimmt nicht würde, wenn er sich gegen die Täuscherei geäußert hätte)!
    Weiteres hier im Artikel Schavan und die Seilschaften:
    http://www.heise.de/tp/artikel/38/38528/1.html
    und darin wiederum das erste Link zum Blog-Artikel Verteidigen befangene Wissenschaftler Annette Schavan?
    http://hogymag.wordpress.com/2012/10/23/verteidigen-befangene-wissenschaftler-annette-schavan/

  80. “Ganz kleiner Hinweis: Das Setzen oder Befürworten einer Norm bei anschließendem Verstoß gegen dieselbe ist kein “doppelter Standard”.”
    Argh, missverständlich Ausgedrückt Sorry!
    Der doppelte Standard meinte, dass man die Intention der Tat, je nach Person, unterschiedlich Unterstellt. Wollte da eigentlich bei dem Beispiel von Hahn nochmal Bezug darauf nehmen. Seine Gegner unterstellen ihm jetzt ein rassistisch motivierten Angriff auf Rösler und wollen ihm nicht glauben er würde den Rassismus der Gesellschaft kritisieren. Der doppelte Standard meinte also hier beim Einem immer die schlechteste Auslegung zu suchen, während beim Anderen immer vom Besten ausgegangen wird.

  81. Ich weiss gar nicht was ihr in Deutschland habt. 😉
    In Österreich treten PolitikerInnen nicht einmal dann zurück, wenn gegen sie wegen Delikte nach dem Strafgesetzbuch ermittelt wird.
    In völliger Verwunderung reagieren die LeserInnen in diversesten Online-Medien-Foren über erfolgte Rücktritte in Deutschland (wie des ehmaligen Verteidgungsministers). Bei uns würds das nicht geben.
    Zwar werden schon mal PolitikerInnen wegen bestimmter Vorfälle abserviert, aber meist nach Monaten nach der Tat, nach dem die jeweilige Partei das kleingeredet hat. Und dann ists kein Rücktritt wegen der Sache, sondern aus “gesundheitlichen” Gründen.
    Nur sehr wenige male hat es “echte” Rücktritte gegeben, beim Weinskandal in die 80er (da hört sich bei uns der Spaß auf) und Felix Hurdes (1958), ehemaliger Präsident des österreichischen Parlaments, der einen schweren Autounfall seines Sohnes mit Todesfolge eines Passanten vertuschen lies. Aber auch nur deswegen erfolgte der Rücktritt, da ein berühmtes Kabarett-Pogramm (Bronner/Qualtinger) sich dieses Thema widmete und das für einen Aufschrei in der Bevölkerung sorgte: https://www.youtube.com/watch?v=hTS6-lt9UBo
    Ein solch kleines Missgeschickt, wie eine Doktorarbeit abgeschrieben zu haben, wäre in Österreich nur ein Randthema (die Vorwürfe gibt es auch gegen den Wissenschaftsminister Hahn). Bei uns sind Politiker (Amon von der ÖVP) Fraktionsvorsitzende in parlamentarische Untersuchungs-Ausschüsse (im Jahr 2012), die den Verdacht auf Korruption untersuchen – und gleichzeitig wird gegen diese Politiker von der Staatsanwalt genau wegen dieser Korruptionsfälle ermittelt.
    Ein ehemaliger Innenminister (Ernst Strasser, ÖVP) wurde zu 4 Jahren verurteilt. Gegen weitere ehmemalige Minister (Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ, später ÖVP), Infrastrukturminister Hubert Gorbach (FPÖ), Verkehrsminsiter Matthias Reichhold (FPÖ), Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP), Verteidgungsminister Herbert Scheibner (FPÖ), etc – wegen Untreue, Betrug, Geldwäsche) wird ein Verfahren angestrebt. Die Verdachtsmomente und auch Anzeigen gab es schon oftmals zu Zeiten, wie die angesprochenen Personen noch ihren Posten inne hatten. Zurückgetreten sind sie aber nicht.
    Gegen den aktuellen Bundeskanzler Faymann (SPÖ) wird wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue ermittelt. Die ehemalige Innenministerin und jetzige Finanzministern, Maria Fekter (ÖVP), gibts den Verdacht der Untreue wegen der Vergabe von Aufträgen des Minsiteriums. Und es gäbe da noch vieles aufzuzählen, das erspar ich mir jetzt (gegen die halbe Landesregierung in Kärnten wird ermittelt oder gibt es schon Urteile und die sitzen weiter im Amt).
    (Ein insofern nicht ganz ernstgemeintes Posting, da ich nicht den Fall von Schavan relativieren will, sondern nur um mir etwas Frust von der Seele zu schreiben, wenn ich mir Deutschland ansehe, wo es ansich [abgesehen von diesem Fall] so etwas wie eine Rücktrittskultur gibt ;-))

  82. Das Ding ist verjährt. Es ist traurig wie hier mitlerweile Lapalien aufgeblasen werden um jemanden am Zeug zu flicken. Es entbehrt doch auch jeder wissenschaftlichen Grundlage aus einem (n=1) vermeintlichen Fehlverhalten von vor 33 Jahren auf die jetzige Kompetenz in einem ganz anderen Gebiet zu schließen.

  83. Sim, kannst Du nicht lesen:
    Das ist keine Lappalie, es betrifft auch nicht jeden, und Schavan hat ihre gesamte Karriere mit der Täuschung begonnen, darauf aufgebaut und bis vor zwei Tagen mindestens öffentlich vertreten, dass sie den Verlust des ertäuschten Doktorgrads nicht akzeptiert. Es ist ein mehrfaches n, jedes multipliziert mit der Anzahl von Jahren für jedes n

  84. Ich weiß nicht, was es bei diesem Thema groß zu diskutieren gibt? Ich hab das damals schon beim Plagiat von Pröfrock geschrieben und es passt hier immer noch genau so:

    Politikern wie Guttenberg, Koch-Mehrin, Chatzimarkakis oder Pröfrock fehlt anscheinend jedes Unrechtsbewusstsein. Es ist ihnen anscheinend absolut nicht klar, dass es nicht in Ordnung ist, sich einen wissenschaftlichen Abschluss zu erschleichen in dem man akademische Leistungen vortäuscht, die in Wahrheit von anderen Wissenschaftlern stammen. Anscheinend meinen viele Politiker tatsächlich, sie könnten machen was sie wollen ohne für ihr Fehlverhalten gerade stehen zu müssen so wie der Rest der Bevölkerung.

    Genauso ist es bei Schavan. So jemand ist nicht geeignet, ein politisches Amt auszuüben.

  85. @ IO
    Ich kann lesen und ich kann meine Meinung kund geben. Und diese Meinung lautet, dass es sich für mich um eine Lappalie handelt. Ich bin so freimütig und vergebe der Frau. So einfach ist das.
    Und deinen Eifer find ich hier ehrlich gesagt etwas ungesund. Das ihre Karriere auf einer Täuschung aufbaut ist eine wilde Spekulation und genau die Übertreibung die ich kritisiere. Die Zusammenhänge halte ich für konstruiert.
    Und wenn sie den Verlust des Doktorgrades nicht akzeptiert und juristisch dagegen vorgehen will, dann ist das doch ihr gutes Recht in einem Rechtsstaat, oder hab ich da was falsch verstanden?

  86. @Spoing
    Jenau, dass sich Schavan erst mal einen heuchelt – sie soll ja, eventuell in Absprache mit Merkel, seinerzeit im Guttie-Abschuss-Sinne dieses Interview mit dem “Schämen” bewusst produziert haben, das weiter oben verlinkt ist – ist OK, wir sind alle kleine Sünder. Was aber nicht geht ist das Anlegen doppelter Standards bei der politischen Einordnung der Aberkennung des Doktortitels.
    Klar, vielleicht hat die Dame nicht die täuscherische Energie und den Leichtsinn Guttenbergs gehabt, fühlte sich sicherer, allein, das Problem ist genau dasselbe.
    KA, warum sie nicht sofort die Konsequenzen zieht, denn sie ist, wie leicht erkennbar, nicht tragbar. (Sie wittert vielleicht irgendwie noch die Chance, dass sich die Opposition für sie ausspricht, weil sie auch linke Politik gemacht hat.)
    MFG
    Dr. W

  87. @ Sim
    Ich kann lesen und ich kann meine Meinung kund geben. Und diese Meinung lautet, dass es sich für mich um eine Lappalie handelt.
    Niemand hat Dein Recht bestritten, eine Meinung zu haben und die auch kund zu tun.
    Du bist halt einer von denen, die es ganz in Ordnung finden, dass sich jemand ” einen wissenschaftlichen Abschluss” “erschleich[t] in dem man akademische Leistungen vortäuscht” (wie Florian gerade richtig schreibt).
    Ich bin so freimütig und vergebe der Frau. So einfach ist das.
    Sehr einfach.
    Ich dagegen habe der Frau nichts zu vergeben, da sie mich persönlich nicht interessiert!
    Aber als Wissenschaftler interessiert mich, wie Wissenschaft betrieben wird.
    Und so wie Schavan es betrieben hat, mit Lug und Trug, geht es nicht, zumal wenn man ein hohes öffentliches Amt hat.
    Aber ich akzeptiere, dass Dir verlässliche wissenschaftliche Arbeit nur als Angelegenheit erscheint, die eine Lappalie ist, und dass Politiker ruhig durch Bescheißen sich in hohe Ämter hocharbeiten können.
    Und das Bescheißen ging wie gesagt, bis letzte Woche, als der Doktorgrad entzogen wurde.
    Und deinen Eifer find ich hier ehrlich gesagt etwas ungesund.
    Dann geh zum Arzt. Ich bin kein Mediziner oder Psychologe.
    Gute Besserung!
    Das[s] ihre Karriere auf einer Täuschung aufbaut ist eine wilde Spekulation und genau die Übertreibung die ich kritisiere.
    Wo ist da etwas übertrieben?
    Stimmen die Angaben zu Schavans Tätigkeit im Cusanuswerk nicht?
    Brauchte sie den Dr.-Hut da nicht (als Referentin, die Doktoranden zu betreuen hatte?)
    Hat sie nicht den Dr.-Titel 33 Jahre lang geführt, den sie zu erheblichen Teil durch Vortäuschen wissenschaftlichen Arbeitens erschlichen hat?
    Die Zusammenhänge halte ich für konstruiert.
    Du kannst gerne halten, was Du willst.
    Aber hast Du auch mal schlüssige, folgerichtige Argumente?
    Und wenn sie den Verlust des Doktorgrades nicht akzeptiert und juristisch dagegen vorgehen will, dann ist das doch ihr gutes Recht in einem Rechtsstaat, oder hab ich da was falsch verstanden?
    Nein.
    Wieso?
    Sie kann sich doch gerne so dumm und dusselig klagen, wie sie möchte: Ihre Beschubserei ist ja dokumentiert und durch noch so viel Juristerei nicht mehr aus der Welt zu schaffen.

  88. @anonym
    Und was dabei rauskommt, sehen Sie an meiner obigen Stichprobe aus den angeblich 20 eindeutigsten und dreistesten Plagiaten: Eine aus einem (kurzen) Satz bestehende Inhaltsangabe zu einem Buch, die sich in ähnlicher Formulierung in dutzenden anderer Publikationen findet und damit als Allgemeinwissen angesehen werden kann, wird als Plagiat verkauft. Wenn das wirklich der Massstab sein sollte, dann findet sich in absolut jeder Doktorarbeit Plagiate.
    Deine “Stichprobe” auf der nun herumreitest, ist nicht mehr als Herauspicken, dessen was Dir gerade in den Kram zu passen scheint. Wissenschaftliche Methodik ist das nicht, dass man nur einen (vermeintlichen) Beleg
    Was ist mit all den anderen Stellen? Keine Plagiate?
    Hat Schavan nicht systematisch und vorsätzlich abgekupfert?
    Und, nein, Inhaltsangaben sind kein “Allgemeinwissen”.
    Aber, selbst wenn es so wäre, wie Du behauptest:
    1)
    Das Plagiat an sich erfüllt schon den Tatbestand des Täuschungsversuchs! Auf den Inhalt des Plagiats kommt es nicht an (egal ob Allgemeinwissen oder Spezialwissen).
    Wer systematisch und vorsätzlich plagiiert, muss mit Konsequenzen seines Lugs und Trugs rechnen.
    2)
    Bei Schavan sind es ausserdem viele Plagiate, darunter eine größere Anzahl substantiellen Umfangs und z. T. systematisch manipuliert um die Erkennbarkeit als Plagiat zu vermindern.
    Der Umfang des Schavanschen Täuschens ist ein Knackpunkt, denn ein oder zwei kurze Plagiate würde man noch als Flüchtigkeitsfehler sehen.
    3)
    Erkläre doch bitte mal, warum Schavan den Allgemeinwissen überhaupt plagiieren müsste?
    Man sollte meinen, dass jemand der ein Abitur gemacht hat, Allgemeinwissen (so es solches ist) in eigene Worte bringen kann.
    Für dumm halte ich Schavan nicht: Sie hätte gerade Allgemeinwissen gewiss selbst formulieren können.
    4)
    In welchen “dutzenden anderen Publikationen” tritt die “ähnliche Formulierung” auch auf, und warum sind die keine Plagiate?
    Nenne bitte mindestens mindestens zwei Dutzend solcher Publikationen (wenn du “dutzende” sagst, müssen es ja mindestens zwei Dutzend sein), die deine Behauptung begründen, und gib die Fundstellen und Zitate an.
    Offenbar hast Du das ja genau untersucht, oder ist da auch nur leeres Gerede?

  89. @anonym
    Ich schrieb:
    Und es geht darum, dass Schavan dies massiv und systematisch getan hat.
    anonym antwortete:
    Das mag sein – möglicherweise ist die Aberkennung des Doktorgrades auch gerechtfertigt. Das von mir angeführte stichprobenartig ausgewählte “Plagiat” kann diese Aussage aber nicht stützen.
    Nein, ein einzelnes kurzes, von Dir herausgepicktes Plagiat kann das alleine nicht. (die Anführungsstriche, die du darum setzt sind abwegig: Abgekupfert ist abgekupfert.)
    Aber da sind ja noch viele andere Stellen, die Du alle geflissentlich übersiehst.
    Die Aberkennung ist nicht nur “möglicherweise” gerechtfertigt. Das vielfache Plagiieren Schavans ist sehr gut belegt und darf von einer ordentlichen Uni nach Aufdeckung nicht akzeptiert werden.

  90. anonym
    Nochmal: Allgemeinwissen kann man nicht plagiieren.
    Plagiieren kann man Wissen nicht, ja, das kann man sich nur erwerben.
    Man kann nur Werke plagiieren (ganz oder in Teilen), Quellen.
    Und wenn diese Werke Allgemeinwissen vorbringen, kann man das vorgebrachte auch plagiieren.
    Bsp.: Ein Plagiat aus einem allgemeinen Lexikon ist auch ein Plagiat.

  91. Zurück zur Frage von Tobias, ob Schavan noch als Ministerin tragbar ist.
    Wenn sie es wäre, dann wird sie sicher dabei bleiben, die Didacta-Messe zu eröffnen (19. Januar in Köln).
    Das ist doch sehr passend, denn da sind Plagiate und sauberes wissenschaftliches Arbeiten Thema:
    Siehe Seite 5 des Messe-Flyers “Schule/Hochschule”
    http://www.didacta-koeln.de/media/didacta/downloads_42/pdf_49/event_4/programme/didacta_2013_Programm_Schule_Hochs_einz_4.pdf
    Frau Schavan könnte sich als Forschungs-/Bildungsministerin mit dem nötigen Gewicht zum Thema einbringen.
    Die Kompetenz hat sie ja mit vielen Plagiaten unter Beweis gestellt.

  92. Frankfurter Allgemeine
    soeben:
    “Die Bundesregierung kündigte an, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frau Schavan um 14 Uhr gemeinsam vor die Presse treten.”

  93. @Florian: Stimmt, es gäbe eigentlich nicht mehr viel zu Schavan zu sagen.
    Würdest vielleich mal ein paar Briefe (!) an die Pappnasen schreiben, die gerade Büttenreden verbreiten und behaupten, die Unis im allgemeinen und die Heine-Universität in Ddorf im besonderen hätten versagt, und außerdem solle man keine heutigen Massstäbe an eine Diss von vor 30 Jahren anlegen? Ich denke da z.B an Martin Spiewak bei der ZEIT (wie gerade bei Thilo diskutiert) und Frau Schmoll bei der FAZ (triggerwarnung, ihre Texte nur mit eingelegtem Beißholz lesen, es schmerzt arg).
    Ich finde, Schavan hat den Orden Wider Den Tierischen Ernst verdient. Dann kann sie sich wenigstens mit dem OWDTE am Bande schmücken, und ihre Fangemeinde kann sich über eine Auszeichnung freuen.

  94. @ IO

    Du bist halt einer von denen, die es ganz in Ordnung finden, dass sich jemand ” einen wissenschaftlichen Abschluss” “erschleich[t] in dem man akademische Leistungen vortäuscht” (wie Florian gerade richtig schreibt).

    Nein, ich bin ein Freund von Verhältnismäßigkeit. Einen Menschen auf eine kleine Sünde von vor einer halben Ewigkeit zu reduzieren finde ich ehrlich gesagt ekelhaft. Für dich scheint es in dem Zusammenhang nur “Lug und Tug” und “Beschiss” zu geben. Da gibt es keine Zwischentöne. Aber wenn ich mal KTzG Doktorarbeit und Schavans vergleiche da sehe ich schon einen großen Unterschied. Aber Nein, es handelt sich ja um Betrug an der Wissenschaft. Das kann natürlich nicht folgenlos bleiben. Egal wie gering das vergehen, egal wie lange her, egal ob mit Vorsatz oder nicht.
    Früher gabs auch für jeden Mist die Todesstrafe, heute behandeln wir vergehen ein klein wenig differenzierter. Das würde ich mir hier auch wünschen.

    Stimmen die Angaben zu Schavans Tätigkeit im Cusanuswerk nicht?
    Brauchte sie den Dr.-Hut da nicht (als Referentin, die Doktoranden zu betreuen hatte?)
    Hat sie nicht den Dr.-Titel 33 Jahre lang geführt, den sie zu erheblichen Teil durch Vortäuschen wissenschaftlichen Arbeitens erschlichen hat?

    Das bewegt sich ungefähr auf dem Niveau wie “Wenn das Tor aus der 5. Minute wegen Abseits nicht gegeben worden wäre, dann wär das Spiel ganz anders verlaufen.” Im Fußball spricht man von Tatsachenentscheidung und das Spiel geht weiter. Nun ist das Leben kein Fußballspiel aber der Vergleich ist trotzdem ganz richtig. Du weißt nämlich einfach nicht was passiert wäre, wenn Schavan vor 33 Jahren nicht den Doktor bekommen hätte. Vielleicht hätte sie ihn wann anders bekommen, vielleicht wäre sie heute Bundeskanzlerin, vielleicht würde sie Hartz IV beziehen aber das gäbs vielleicht auch nicht.

  95. Hallo Sim,
    für mich gibt es zwei verschiedene Diskussionspunkte.
    1. Soll Frau Schavan ihren Dr.-Titel behalten?
    2. Ist sie weiterhin als Spitzenpolitikerin tragbar?
    Zu 1.
    Dies ist für mich keine Frage der Politik, der “mehrheitlichen Meinungsbildung”, “demokratischer Abstimmungen” oder was auch immer. Dies entscheidet ausschließlich die Wissenschaft an Hand der Regeln, die sie selbst aufgestellt hat. Und das hat sie mit einem eindeutigigen Ergebnis getan.
    Zu 2.
    Das ist schon nicht mehr so einfach, denke ich. Sie hat immerhin einen langen Lebensweg zurückgelegt, in dem sie viel getan hat. Dieses, sozusagen ihre Lebensleistung, ist bei einer Beurteilung der Sache sicher zu berücksichtigen. Das sehe ich so wie du.
    ABER! Zum einen kann sie definitiv nicht ihren jetzigen Platz behalten. Für mich ist eine Bildungsministerin, die mit wissenschaftlicher Arbeitsweise ganz offensichtlich nicht vertraut ist, in keinem Fall tragbar.
    Zum anderen bewerte ich zu ihrer Lebensleistung auch ihr jetziges Verhalten. Sie leugnet ihr Fehlverhalten weiterhin, trotz eindeutiger Beweise. (Ich glaube nicht, dass ihr der Dr. wegen zwei fehlender Anführungsstriche und einem fehlenden Buchtitel im Quellenverzeichnis aberkannt wurde.) Jemand, der nicht ehrlich ist, hat in so einem Job nichts zu suchen.

  96. Frau Schavan ist solange nicht schuldig, solange der Prüfungsausschuss dies beweisen kann. Der Prüfungsausschuss muss ebenso alle Promotionsarbeiten aller Studenten überprüfen und auch diese Resultate vorlegen. Sollte dies der Ausschuss nicht tun können, müsste man davon ausgehen, dass es sich um eine gezielte Kampagne gegen Frau Dr. Schavan handelt, das ist eine Ungleichbehandlung. Das würde wohl weislich als Ungleichbeandlung gelten. Das ist nicht o.k.

  97. Korrektur:
    Frau Schavan ist solange nicht schuldig, solange der Prüfungsausschuss das Plagiat nicht beweisen kann. Der Prüfungsausschuss muss ebenso alle Promotionsarbeiten aller Studenten überprüfen und auch diese Resultate vorlegen. Sollte dies der Ausschuss nicht tun können, müsste man davon ausgehen, dass es sich um eine gezielte Kampagne gegen Frau Dr. Schavan handelt, das ist eine Ungleichbehandlung. Das würde wohl weislich als Ungleichbeandlung gelten. Das ist nicht o.k.

  98. @IO:

    Ein Plagiat aus einem allgemeinen Lexikon ist auch ein Plagiat.

    Dass ein Plagiat ein Plagiat ist, ist trivialerweise richtig – und nichtssagend. Ein wörtlich abgeschriebener oder paraphrasierter Ausschnitt aus einem Lexikon ist allerdings nicht zwangsweise ein Plagiat. Es kommt dabei immer auf den Umfang und die Schöpfungshöhe an. Der Sprachwissenschaftler A. Stefanowitsch erklärt das sehr schön in seinem Blog und (etwas versteckt in) den Kommentaren. So stellt der Satz “Napoleon starb 1821.”, selbst wenn er aus einem Lexikon wortwörtlich übernommen wäre, kein Plagiat dar, da die Schöpfungshöhe zu gering ist. Ihr Verständnis von dem was ein Plagiat ist, ist also falsch. Und dass liegt wie bereits gesagt daran, dass die Universitäten nicht ausreichend über diese Thematik aufklären.
    P.S.: Ich habe im Beitrag Nr. 61 auf die genauen Textstellen in 3 Bücher verlinkt die ebenfalls als Quelle für den diskutierten Satz aus Schavans Doktorarbeit gelten könnten. Zur Erinnerung, Schavan schrieb diesen kurzen(!) Satz:

    Bereits in seinem ersten großen Werk “Wandlung und Symbole der Libido” setzt sich C.G.Jung 1912 vor allem durch sein Verständnis der Libido als psychischer Energie schlechthin deutlich von seinem Lehrer Freud ab.

    Schavanplag identifiziert dies als paraphrasierte Aussage von Nowack 1978 – obwohl dieser Satz genauso gut aus Nicolaus 1967 stammen könnte:

    Carl Gustav Jungs Buch Wandlungen und Symbole der Libido […] aus dem Jahr 1912 gilt als das Werk, mit dem der Schweizer Psychologe sich von seinem Lehrer Sigmund Freud lossagte. Anders als Freud versteht Jung den Begriff “Libido” […] als psychische Energie des Menschen schlechthin […].

    Wie bereits erklärt, kommt man bei einem Erwähnen dieses Buches von C.G. Jung nicht um die entsprechenden Fachbegriffe und die Verbindung zu Freud herum. Damit handelt es sich eindeutig nicht um ein Plagiat. Die Schöpfungshöhe dieses Satzes ist einfach zu gering.

  99. @Tobias

    Warum jedoch die Politikerin Annette Schavan jetzt nicht mehr als Ministerin tragbar sein soll, das muss mir jemand noch mal erklären.

    Diese Bemerkung ist meiner Meinung nach nur peinlich. Warum das so ist, sollte meiner Meinung nach klar sein, auch wenn in Deutschland Kurse in Ethik, Wissenschaftsphilosophie und verwandte Themen nicht zum Pflichtprogramm von Doktoranden gehören. Und, dass das nicht geht, hat ja Annette Makellos inzwischen selbst beantwortet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert