Schlagwort: DIPG

  • Songs of Praise and Worship

    Songs of Praise and Worship

    Titien heute morgen um halb acht:
    Oh, ich kann nicht schlafen. Ich liege seit vier Uhr wach.

    Ich: Über was hast du nachgedacht in der Zeit?

    Sie: Über nichts. Mein Kopf hat gesungen.

    Ich: Dein Kopf hat gesungen? Was denn?

    Sie: Songs of Praise and Worship.

    In diesem Sinne. Schönen Sonntag.

  • Titiens Lebenserwartung mit H3.3_K27M-Mutation

    Titiens Lebenserwartung mit H3.3_K27M-Mutation

    Gliazellen tragen zu etwa der Hälfte der Masse des Gehirns bei. Sie geben Struktur, isolieren die Nervenzellen, bilden die Blut-Hirn-Schranke, und sorgen dafür, dass die Nervenzellen mit Nährstoffen versorgt werden.

    Wenn Gliazellen sich unkontrolliert teilen, entsteht ein Gliom. Titiens Gliom sitzt im Hirnstamm, genauer in der Pons. Die morphologische Charakterisierung des bei der Biopsie entnommenen Gewebes ergab, dass die Tumozellen eine fibriläre Matrix bilden. Titien hat ein diffuses intrinsisches pontines Gliom (DIPG).

    Die in der Biopsie entnommen Zellen wurden noch weiter untersucht. Man fand eine Mutation des Histonproteins H3.3. Die Aminosäure Lysin (K) an Position 27 ist zu einem Methionin (M) mutiert: H3.3_K27M.

    Paarweises Alignment der Aminosäuresequenz vom Histonprotein H3.3. Oben normal. Unten Titien. Rot umrandet ist die Stelle der Mutation

    Alle Tumore haben gemeinsam, dass sich die betroffenen Tumorzellen unreguliert teilen. Entweder eine Zellysklusbremse ist ausgefallen oder ein Faktor, der die Zellteilung anregt. Histone sind Proteinkomplexe, die für die dichte Packung und die Organisation der DNA verantwortlich sind. Dicht gepackte DNA wird nicht abgelesen.

    Man vermutet, dass die K27M Mutation im Histonprotein H3.3 bei Titien die Teilung der betroffenen Zellen fördert. Es könnten auch weitere Proteine an der Entstehung des Tumors beteiligt sein. Insgesamt ist der Einfluss der Histonvarianten (es gibt alleine sieben H3-Varianten im Menschen) und deren Mutationen bei Krebs noch schlecht verstanden.

    Es ist äußerst ungewöhnlich, dass ein diffuses intrinsisches pontines Gliom (DIPG) bei Frauen Mitte dreißig diagnostiziert wird. Am häufigsten tritt die Krankheit bei Kindern auf.

    Die durchschnittliche Lebenserwartung bei den mit DIPG diagnostizierten Kindern mit H3.3_K27M-Mutation ist 9 Monate. Erwachsene Patienten leben länger. Nach Aussage unserer Ärzte etwa zwei Jahre.

    Kaplan-Meier Plot der Überlebensdauer von Kindern mit DIPG. Hellgrün: Die Mutation in Histon H3.3, die Titien hat. Dunkelgrün: Die selbe Mutation in H3.1, einer Isoform des Histonproteins H3. Abbildung aus: Castel et al. Acta Neuropathol (2015).
  • Stereotaktische Biopsie des Stammhirns

    Stereotaktische Biopsie des Stammhirns

    Wenn bildgebende Verfahren darauf hindeuten, dass da was wächst, was nicht hingehört, will nicht zuletzt die Patientin oder der Patient wissen, was da eigentlich los ist. Man sticht da also mit einer hohlen Nadel rein und entnimmt ein paar Proben.

    Was bei verdacht auf Leberkrebs zum Beispiel noch relativ grobmotorisch und ambulant geschieht, verlangt bei Gehirntumoren mehr Geschick und Planung. Basierend auf CT und MRT Aufnahmen, wird der bestmögliche Weg zur Raumforderung geplant. Wichtiger als durchstochene Nervenzellen sind Blutgefäße, die möglichst umfahren werden wollen mit der Biopsienadel.

    Die Pons im Stammhirn ist eine delikate Region. Dort sitzen auf engstem Raum die Nervenzentren verantwortlich für den Schlaf-Wach-Rhythmus, für Atmung, Schlucken, Gleichgewicht, Augenbewegungen und für Gesichtsausdrücke.

    Eine Biopsie in der Pons erfolgt entweder von vorne oben (transfrontal) oder von hinten durchs Kleinhirn (transcerebellar). Dazu wird die Biopsienadel an ein fest mit dem Kopf verschraubtes Gerüst montiert. Eine Neurochirurgin oder ein Neurochirurg führt die sogenannte stereotaktische Biopsie entweder direkt oder ferngesteuert vor dem Bildschirm durch, die Patientin ist unter Vollnarkose.

    Insgesamt hat diese Methode eine erstaunlich hohe Erfolgsrate. In 96% der Fälle kann Material für die mikroskopische, histologische und molekulare Charakterisierung entnommen werden. In 6,7% der Fälle kommt es bei der Biopsie zu Komplikationen.

    Titien war eine von den 6,7%.

  • Der erste Schritt der Reise

    Der erste Schritt der Reise

    Manche Themen sind erst zu persönlich und dann zu kompliziert, um sie in einem Blogartikel zu behandeln.

    Meine Frau Titien fragte mich: „Warum schreibst du denn nicht über meine Krankheit auf deinem Blog?“

    Weil ich die Zeit, die uns bleibt, lieber mit dir verbringen möchte, als vor meinem Computer“ antwortete ich.

    Titiens rechtes Auge wollte vor 21 Monaten nicht mehr richtig zur Seite. Vor 20 Monaten sahen wir einen kleinen hellen Fleck auf einer CT-Aufnahme ihres Kopfes. Eine Raumforderung, wie uns der behandelnde Arzt erklärte. Vor 19 Monaten hatten wir einen Termin für eine stereotaktische Biopsie am Stammhirn. Vor 18 Monaten wussten wir, dass Titien einen Gehirntumor hat. Ein diffuses Mittelliniengliom. WHO Grad IV.

    Manche Themen sind erst zu persönlich und dann zu kompliziert, um sie in einem Blogartikel zu behandeln. Auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem ersten Schritt (Laotse).

    Die Reise geht hier auf WeiterGen in den nächsten Tagen weiter.
    Titien schreibt auf Titien.de.