Kategorie: Medizin

  • Vaxxed: Wie die Sozialen Medien einem Filmfestival das Weltbild etwas gerade rücken

    Vaxxed: Wie die Sozialen Medien einem Filmfestival das Weltbild etwas gerade rücken

    Wir sprachen gerade über Soziale Medien in der Wissenschaftskommunikation. Wie der Zufall es will, liefert uns ein Filmfestival in den USA aktuell schönstes Anschauungsmaterial.
    Das Tribeca Film Festival schmückt sich jedes Jahr mit tollen Filmen, oft abseits des Mainstreams. Dokumentationen zählen zum Kernprogramm. Dieses Jahr sollte der Film “Vaxxed: From cover up to catastrophe” gezeigt werden.
    Der Regisseur des Films ist Andrew Wakefield. Wakefield ist eine Ikone der Impfgegner-Szene. Er ist durch die Publikation einer Studie in einem renommierten Wissenschaftsjournal bekannt geworden, in der ein vermeintlicher Zusammenhang zwischen der Kombi-Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) und Autismus bei Kindern gezeigt wurde.
    Inzwischen konnte klar gezeigt werden, dass kein Zusammenhang zwischen der Impfung und Autismus besteht. Wakefield wurde mehrfaches wissenschaftliches Fehlverhalten nachgewiesen, er hat seine Approbation als Arzt verloren und das besagte Paper ist zurück gezogen worden.
    Die auf der Tribeca-Seite publizierte Biografie von Wakefield. Rote Korrekturen von Joe Hanson https://twitter.com/jtotheizzoe/status/713414630572367872
    Fakten interessieren jedoch die Impfgegner-Szene wenig, und auch die Organisatoren des Tribeca-Filmfestivals waren offenbar ebenfalls schlecht informiert, als sie die Dokumentation ins Programm hoben. Robert, de Niro, einer der Gründer des Filmfestivals, begründete die Nominierung von “Vaxxed” unter anderem damit, dass er selbst ein autistisches Kind habe, und alle Themen im Zusammenhang mit den Ursachen von Autismus offen diskutiert und untersucht werden sollten [sic].
    Vor allem auf Twitter wurde Kritik an der Nominierung des Films laut. Um zu verdeutlichen, wie wenig die Dokumentation Wakefields mit der realen Datenlage zu tun hat, wurde unter dem Hashtag #futuretribecadocumentary absurde Titel für zukünftige Dokumentationen beim Tribeca Festival vorgeschlagen:
     


     
    Die Macher des Festivals reagierten. In einem ersten Schritt wurde die geschönte Biografie von Wakefield von der Webseite des Festivals entfernt.
    Gestern Nacht dann wurde auf der Facebook-Seite von Tribeca ein Statement von de Niro ergänzt, in dem er erklärt, dass er nachdem er unter anderem mit Wissenschaftlern gesprochen hat, sich entschieden hat, die Dokumentation aus dem Festivalprogramm zu entfernen.
    Screenshot von der Facebook-Seite des Tribeca Filmfestivals

  • Wie Big Biotech die Hepatitis C Therapie revolutioniert

    Wie Big Biotech die Hepatitis C Therapie revolutioniert

    Ich erinnere mich noch sehr gut an das Therapietagebuch von Jörg Böckem auf Spiegel Online. Herr Böckem ist Journalist und ex-Junkie. Er war mit dem Hepatitis C Virus (HCV) infiziert und unterzog sich von 2006 bis 2007 einer antiviralen Behandlung, die ihn heilte. Er dokumentierte die Therapie inklusive der fürchterlichen Nebenwirkungen in regelmäßigen Kolumnen auf Spiegel Online. Ich las damals jeden seiner Einträge im Therapietagebuch, vor allem weil mir Böckems offener, ehrlicher Stil gefiel, und zum Teil wahrscheinlich auch aus Voyeurismus.

    Seine Hepatitis C wurde mit einer Kombination aus dem Nukeleosidanalogon Ribavirin, das virostatisch wirkt, und einem PEGylierten (und damit retardiert wirkendem) Interferon behandelt. Jörg Böckem war mit dem Genotyp 1 des Hepatitis C Virus infiziert und hatte Glück zu jener Hälfte der Patienten zu gehören, die nach Abschluss der einjährigen Therapie virenfrei waren.

    Hepatitis C ist keine seltene Krankheit. Es wird davon ausgegangen, dass weltweit bis zu 200 Millionen Menschen infiziert sind. In Georgien sind mindestens 7% der Bevölkerung HCV-Positiv und in den USA sterben inzwischen mehr Menschen an den Folgen einer Hepatitis C Infektion als an AIDS.

    Seit Jörg Böckems interferongeschwängertem Tagebuch voller Horrorstories der Nebenwirkungen der Medikamente, fand eine Biotechrevolution bei der Hepatitis C Therapie statt.

    Das von Gilead Sciences entwickelte und erst seit kurzem zugelassene Kombipräparat Harvoni® kann oral eingenommen und muss nicht mehr injiziert werden. Die Nebenwirkungen sind im Gegensatz zur interferonbasierten Therapie äußerst mild. Die Therpiedauer ist von einem Jahr auf zwei bis drei Monate verkürzt und vor allem: Während die interferonbasierte Therapie nur bei der Hälfte der Träger des Hepatitis C Virus Genotyp 1 anschlägt, wirkt Harvoni®  bei über 95%, je nach Studie bis 99% der Infizierten.

    Harvoni® besteht aus einem spezifischen Inhibitor der RNA-Polymerase (Sofosbuvir) und einem Inhibitor des NS5A Proteins des Hepatitis C Virus (Ledipasvir). Sofosbuvir (Sovaldi®) wird auch alleine bei der Hepatitis C Therapie eingesetzt. 

    Andere Unternehmen wie AbbVie (Viekira Pak®), Bristol Myers Squibb und Merck USA ziehen mit ähnlichen Präparaten nach und haben die Zulassung Ihrer Hepatitis C Medikamente entweder beantragt oder bereits erhalten. Harvoni® wirkt auch bei Infektionen mit anderen Hepatitis C Genotypen zu über 90% und wird zur Therapie vorgeschlagen.

    Die Kosten des Fortschritts

    Klingt fast zu gut um war zu sein? Spätestens bei den Kosten der neuen Hepatitis C Medikamente schlucken Krankenkassen, Gesundheitspolitiker und Mitblogger Joseph Kuhn. Die Harvoni-Therapie schlägt in den USA mit umgerechnet über 1000 Euro zu Buche – pro Pille. Das sind fast 85 000 Euro für eine zwölfwöchige Behandlung.

    Wie sind diese Kosten zu rechtfertigen? Aus Sicht der Pharmaunternehmen sind es neben dem Ziel natürlich Gewinn machen zu wollen, die hohen Forschungs- und Entwicklungsausgaben, die durch Verkäufe erfolgreicher Medikamente wieder eingespielt werden müssen. Außerdem würden durch die medikamentöse Behandlung hohe Folgekosten für die Gesundheitssysteme vermieden, beispielsweise durch nun nicht mehr notwendige Lebertransplantationen nach Zirrhosen.

    Tatsache ist, dass die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller selten den realen Marktpreisen entsprechen und zum Teil deutliche Preisnachlässe ausgehandelt werden. Für die Märkte in Schwellenländern werden außerdem Lizenzen an Unternehmen vergeben, die auch von patentgeschützen Wirkstoffen Generika herstellen und deutlich günstiger anbieten können.

    Gilead hat sich unterdessen vorgenommen Hepatitits C auszurotten. Das Unternehmen plant eine Pilotstudie im 5 Millionen Einwohner Land Georgien, in dem, wie weiter oben schon erwähnt, 7% aller Bewohner HCV positiv sind. Gilead plant, die notwendigen Medikamente allen Infizierten Georgiern kostenlos zur Verfügung zu stellen. Unterstützt werden sie dabei vom US-amerikanischen Center for Disease Control and Prevention. Ein globaler Fond zur Bekämpfung von Hepatitis C, ähnlich wie zur Bekämpfung von Tuberkulose, AIDS und Malaria, ist angedacht.

    Foto: Gilead
    Erklärung zu einem möglichen Interessenkonflikt: Der Autor besitzt Aktien von Gilead Sciences.
  • Chikungunya-Epidemie – Kommt das Virus bald nach Deutschland?

    Chikungunya-Epidemie – Kommt das Virus bald nach Deutschland?

    Im Dezember 2013 gab es die erste Meldung bestätigter Verdachtsfälle von Infektionen mit dem Chikungunya-Virus auf der Karibikinsel Saint Martin. Wie ein kleiner Punkt, der auf dem Radarschirm einmal schwach aufblinkt wurde registriert, dass ein Virus, dass im mittleren und südlichen Afrika, sowie in Südostasien heimisch ist, zum ersten Mal in der westlichen Hemisphäre auftaucht.
    Inzwischen ist auf dem kleinen Punkt auf dem Radar auf Saint Martin eine veritable Epidemie geworden. Es gibt über 180 000 Verdachtsfälle aus der gesamten Karibik, inklusive der Touristenziele Dominikanische Republik und Martinique. Mehrere Fälle werden inzwischen auch aus Cuba, Mexico, anderen mittelamerikanischen Ländern, sowie den USA beschrieben.
    Die Fälle sind bislang durch Touristen oder Geschäftsreisende eingeschleppt worden, Experten warnen jedoch, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis das Virus auch auf dem amerikanischen Festland endemisch wird.
    Chikungunya-Virus Infektionen in der Karibik seit Ende 2013. Quelle: CDC

    Was ist Chikungunya?

    Das Chikungunya Virus ist ein Alphavirus mit einem 11,6 kB großen, einsträngigen RNA-Genom. Das Virus hat die Form eines Ikosaeders und ist etwa 40 nm im groß. Es befällt Fibroblastenzellen und Muskelvorläuferzellen. Eine Infektion mit dem Chikungunya-Virus führt nach einer normalerweise zwei bis dreitägigen Latenzzeit zu Hautausschlag und akuten Fieberschüben, die mehrere Tage anhalten.
    In der Folge klagen infizierte über arthritis-ähnlichen Schmerzen in den Gelenken der Extremitäten, die in Ausnahmefällen mehrere Jahre anhalten können. Es gibt aktuell weder die Möglichkeit, eine Infektion spezifisch zu therapieren, oder einen Impfstoff gegen die Infektion mit dem Virus. Übertragen wird das Chikungunya-Virus von Stechmücken der Gattung Stegomyia (früher: Aedes).
    Die aktuell dokumentierten Chikungunya-Fälle beschränken sich nicht auf Amerika alleine. In Katalonien sind erste Verdachtsfälle aufgetreten, und Frankreich hat 47 Verdachtsfälle, allesamt bislang jedoch vermutlich eingeschleppt durch Aufenthalte in der Karibik.
    Asiatische Tigermücke. Quelle: Wikipedia
    Was muss passieren, dass die Krankheit auch in Europa zur Epidemie wird? Neben dem Einschleppen aus betroffenen Regionen, muss der Überträger endemisch sein, also die Stechmücken, die das Virus übertragen.
    Ein bekannter Überträger von Chikungunya ist die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus. Die Moskitoart wurde 1990 nach Italien gebracht und ist inzwichen im gesamten Mittelmeeraum verbreitet. 2011 wurde die Moskitoart auch in  in Deutschland gesichtet. Im warmen, äußersten Südwesten des Landes.

  • Hilft die E-Zigarette beim Aufhören mit dem Rauchen?

    Hilft die E-Zigarette beim Aufhören mit dem Rauchen?

    Kaum ein Raucher, der restlos glücklich mit seiner Sucht ist, wird freiwillig auf die E-Zigarette umsteigen. Wer umsteigt, das sind die Gesundheitsbewussten, die mit dem schlechten Gewissen, diejenigen, die aufhören wollen.
    Die E-Zigarette wird auch so vermarktet: Zwei Drittel der in einer Studie untersuchten Marketing Claims von Anbietern der elektrischen Zigarette nehmen direkt auf den Ausstieg aus dem Tabakkonsum Bezug.
    Wie sieht es aber mit der Evidenz aus? Hilft die E-Zigarette um mit dem Rauchen aufzuhören? Dadurch, dass die elektrische Variante der Zigarette eine relativ neue Erfindung ist, gibt es nicht besonders viele Studien zum Thema. Diejenigen, die ich mir angeschaut habe, zeigen keinen klaren Nutzen des Tabakersatzprodukts beim Abgewöhnen der Sucht.
    Eine klinische Studie mit 657 aussteigewilligen Teilnehmern aus Australien hat untersucht, ob die E-Zigarette beim Aufhören besser hilft als Nikotinpflaster oder der kalte Entzug in Form von Placebo-E-Zigaretten.
    Die Teilnehmer der Studie wurden drei Monate mit den Zigarettenersatzpräparaten versorgt, und sechs Monate nach Studienstart wurde der Erfolg beim Aufhören ausgewertet. 7,3% der Teilnehmer, die auf E-Zigaretten umgestiegen waren, hatten auch sechs Monate nach Studienstart den tabakhaltigen Zigaretten entsagt. 5,8% der Teilnehmer, die Nikotinpflaster benutzten und 4.1% der Teilnehmer, die nikotinfreie Placebo-E-Zigaretten bekamen, waren ebenfalls zigarettenfrei nach den sechs Monaten Beobachtungszeitraum. Ein klarer Nutzen sieht anders aus.
    Eine aktuell publizierte Populationsstudie fand zwar, dass signifikant mehr Frauen, junge Erwachsene und Menschen mit wenig Bildung sich auf die E-Zigaretten einlassen; in der Studie war jedoch der Anteil derjenigen, die nach einem Jahr aufgehört hatten in der Gruppe jener, die E-Zigaretten rauchten sogar niedriger als in der Zigaretten rauchenden Kontrollgruppe.
    Die Autoren schreiben, mit Einschränkung der statistischen Aussagekraft ihrer Daten, dass es verboten werden sollte, E-Zigaretten in der Werbung als Mittel zum Aufhören anzupreisen, so lange die Evidenz hierfür fehle. Eine Stellungnahme des Deutschen Krebsforschungszentrums dkfz zur E-Zigarette kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen: „Die Evidenz reicht bislang nicht aus, um qualifizierte Aussagen zur Wirksamkeit der E-Zigarette als Hilfsmittel zum Rauchstopp zu treffen.
    Zur Frage, ob ehemalige Raucher mit den weniger direkt gesundheitsschädlichen E-Zigaretten wieder anfangen, also auf die alte Sucht im neuen Gewand hereinfallen, habe ich leider keine Daten gefunden. Eine Annekdote aus den Kommentaren zum Artikel gestern beschreibt, wie die E-Zigarette von einem ehemaligen Raucher zur Kontrolle von Hunger und Gewicht eingesetzt wird.
    Vielleicht besinnen sich ja die Hersteller der E-Zigarette und bewerben ihre Produkte in Zukunft als Diätmittel.

  • Die E-Zigarette kann Millionen Menschenleben retten. Wozu dann regulieren?

    Die E-Zigarette kann Millionen Menschenleben retten. Wozu dann regulieren?

    Tabak hat im zwanzigsten Jahrhundert 100 Millionen Menschenleben gefordert. Die WHO prognostiziert 1 Milliarde Tabaktote weltweit für dieses Jahrhundert – wenn der bisherige Trend anhält.
    Seit 2007 wird ein Mittel gegen den Tabaktod angeboten. Die E-Zigarette raucht nicht, sie produziert Dampf. Die E-Zigarette stinkt nicht, weil nichts verbrannt wird. Die E-Zigarette ist weniger gesundheitsschädlich, denn es entsteht kein Kohlenmonoxid, keine Blausäure, kein Arsen, keine Nitrosamine und keine polyzyklischen Kohlenwasserstoffe.
    Ist die elektrische Zigarette also die Lösung eines der größten Gesundheitsprobleme unserer Zeit? Die Teilnehmer einer Vortragsrunde mit dem Titel “Sanftes Töten oder unsere größte Chance für das Gesundheitswesen” äußerten sich gestern auf dem Euro Science Open Forum (ESOF) vorsichtig positiv, hatten allerdings auch Bedenken.
    Wilson Compton, Stellvertretender Direktor vom NIDA zitierte Literatur, wonach genetische Unterschiede in Nikotinrezeptoren dazu beitragen, wie viele Zigaretten ein Raucher braucht und wie abhängig und krank er dementsprechend wird. Auch sei bei Jugendlichen die Plastizität des Gehirns noch hoch, und daher die Gefahr der Abhängigkeit von Nikotin daher höher.
    Das sind allerdings keine Bedenken spezifisch gegen die elektrische Variante der Nikotinzufuhr, und so hatte Sudhanshu Patwardhan, internationaler Engagement Officer von Nicoventures Media, also der Vertreter der Industrie, es leicht, die E-Zigarette als die Lösung aller Gesundheitsprobleme darzustellen. Er prognostizierte, dass 2021 mehr Geld mit E-Zigaretten als mit traditionellen Tabakprodukten umgesetzt wird.
    Als Kontrapunkt sprach danach Deborah Arnott, die Leiterin der not-for-profit Organisation ASH (action on smoking and health). Die E-Zigarette sei seit 2007 auf dem europäischen Markt, und obwohl die Hälfte der Raucher in Großbritannien sie schon ausprobiert habe, würde nur ein Drittel derjenigen die es probieren, tatsächlich umsteigen, berichtete Arnott. Dennoch sei zu beobachten, dass obwohl die Zahl der Nutzer der E-Zigaretten derzeit stark ansteigt, die Gesamtzahl der Raucher weiter abnehmen würde.
    Alle Teilnehmer der Session erkannten großes Potential in den elektronischen Zigaretten, da die gesundheitlichen Gefahren durch die giftigen Inhaltsstoffe tabakbasierter Zigaretten weitgehend wegfallen würden. Besonders Arnott warnte aber auch vor potentiellen neuen Gefahrenquellen durch zugesetzte Aromastoffe, Verunreinigungen, und vor fehlender Regulierung des Marktes. Auch die Gefahr, dass die E-Zigarette eine Einstiegsdroge für Jugendliche sei, ist gegeben und kann noch nicht beurteilt werden, da der Markt einfach noch zu jung sei.
    “People smoke for nicotine but die from tar” war die Erkenntnis, auf die alle Präsentationen aufbauten. Der Rauch ist also das Problem, und nicht das Nikotin. Zumindest aus gesundheitspolitischer Sicht.
    Wer Abhängigkeiten aber generell nicht mag, für den sind aber auch mit LED Lämpchen bestückte Vaporisieraparaturen keine Alternative. Für den gibts nur den Entzug. Und für ehemalige Raucher die Hoffnung, nicht auf die alte Sucht im neuen Gewand hereinzufallen.

    Wie funktioniert die E-Zigarette?

    Die inzwischen in der dritten Generation verfügbaren elektronischen Zigaretten enthalten ein Reservoir für eine Nikotinhaltige Lösung, ein Heizelement, welches diese Lösung verdampft, einen Sensor, der erkennt, ob und wie stark der Raucher an der Zigarette zieht, und ein elektrisches Schaltelement, welches mit einer wiederaufladbaren Batterie verbunden ist und welches das Heizelement, sowie bei manchen ein eingebautes LED Lämpchen reguliert.

    Was wird mit der E-Zigarette eingeatmet?

    Die durch das Heizelement verdampfte Lösung basiert häufig auf Propandiol und Glycerin und enthält bis zu 20 mg/ ml Nikotin. Den meisten E-Zigartetten werden noch Aromastoffe beigemischt. Am Heizelement wird das dickflüssige Gemisch verdampft, es wird also kein Rauch eingeatmet.

    Ist die E-Zigarette gesundheitsschädlich?

    Propandiol und Glycerin sind nicht giftig. Nikotin ist in den verwendeten Dosierungen ebenfalls nicht gesundheitsschädlich. Bei den zugesetzten Aromastoffen ist es häufig nicht abschließend geklärt, wie gesundheitsschädlich diese sind, und insbesondere ob sie durch das notwendige Erhitzen nicht gesundheitsschädlich werden. Weiter besteht die Gefahr durch Verunreinigungen unbekannte Stoffe einzuatmen.

  • Nonnen für die Alzheimerforschung

    Nonnen für die Alzheimerforschung

    Bei der Untersuchung von Risikofaktoren für die Alzheimersche Krankheit kann David Snowdon von der Universität in Minnesota auf eine höchst bemerkenswerte Zielgruppe zugreifen: Seit 1986 findet in den USA eine Studie mit 678 katholischen Schwestern des Ordens Unserer Lieben Frau statt. Die Nonnen waren zu Studienbeginn mit 75 bis 102 Jahren alle schon im fortgeschrittenen Alter. Sie unterziehen sich zu Lebzeiten regelmäßigen Tests ihrer geistigen Leistungsfähigkeit und die Nonnen haben allesamt zugestimmt, dass ihr Körper nach dem Tod der medizinischen Forschung überlassen wird.
    Vor allem eine detaillierte Untersuchung des Gehirns soll ergeben, in wie weit Alzheimer schon durch einfache Tests zu Lebzeiten vorausgesagt werden kann — und möglicherweise entsprechende Vorkehrungen getroffen werden können.
    Die Nonnen eignen sich aus mehreren Gründen ganz ausgezeichnet als Studienobjekte. Seit Jahrzehnten wohnen sie zusammen, sie haben daher sehr ähnliche Tagesabläufe und soziale Bindungstrukturen. Weiter stellen sie durch ihre von weltlichen Versuchungen relativ freie Lebensweise eine recht homogene Gruppe dar: keine Drogen, kaum Alkohol, keine Kinder. Es gibt also wenige externe Faktoren, die bei der Auswertung der Korrelationen zwischen Zustand des Gehirns und dem Abschneiden bei den Tests berücksichtigt werden müssten.
    Erste Ergebnisse der Nonnenstudie zeigen, dass Schwestern, die beim Eintritt in den Orden in ihrer Jugend schon komplexe und stilistisch flüssige Autobiografien verfassten, ein geringeres Risiko hatten später im Leben an Alzheimer zu erkranken — und da die meisten Nonnen sich weiterhin bester Gesundheit erfreuen, ist mit weiteren Ergebnissen auch erst in den nächsten Jahren zu rechnen.
    Die Untersuchungen der Gehirne der bislang verstorbenen Nonnen mit Alzheimer bestätigten die bislang bekannten Befunde: Neben einem deutlichen Zurückgang der Gehirnmasse, können in Dünnschnitten unter dem Mikroskop sogenannte Plaques identifiziert werden. Die Plaques bestehen hauptsächlich aus einem Teil des sogenannten Amyloiden Präproteins (APP) und die meisten Wissenschaftler sind sich einig, dass in diesem Protein der Schlüssel zum Verständnis der Ursachen und der molekularen Zusammenhänge der Alzheimerschen Krankheit auf zellulärer Ebene liegt

    Die Molekularen Grundlagen von Alzheimer

    Das Amyloide Präprotein kommt konzentriert in den Verbindungen von Nervenzellen zueinander vor, in den Synapsen im Gehirn. Die eigentliche Funktion von APP ist bislang nicht klar; man weiss jedoch, dass das Protein im Gehirn ständig neu gebildet und von sogenannten Sekretasen in Stücke geschnitten und wieder abgebaut wird. Eines der APP- Abbauprodukte, ein Proteinstück aus 42 Aminosäuren, genannt A-beta-42, hat eine physikalisch ungünstige Eigenschaft: Es kann mit seinesgleichen zusammenkleben, also aggregieren. Normalerweise werden auch die A- beta-42 Peptide, direkt nachdem sie entstehen, wieder entsorgt. Im Lauf eines Lebens kann es aber zu deren Anhäufung kommen — mit fatalen Folgen:
    Die Reizübertragung zwischen Nervenzellen wird behindert; Im Gehirn laufen Entzündungsprozesse ab und größere Mengen aggregierter A- beta-42 Peptide bilden eben die für Alzheimer typischen und unter dem Mikroskop identifizierbaren Plaques, in die auch andere, wichtige Proteine rekrutiert werden können. Innerhalb von Nervenzellen bilden sich fibrilläre Knäule aus dem sogenannten Tau-Protein, was schließlich dazu führt, dass die betroffenen Zellen absterben. Dieser Nervenzellverlust ist der Grund für den nach dem Tod messbaren Zurückgang der Gehirnmasse bei an Alzheimer erkrankten Menschen.

    Das Amyloide Präprotein wird von Sekretasen geschnitten. Dabei entsteht manchmal A-beta-42. Quelle: Wikipedia

    Diese komplexen und nur bislang unvollständig verstandenen Vorgänge im Gehirn gehen im Verlauf der Alzheimerschen Krankheit mit dramatischen Symptomen und Folgen für Betroffene und deren Angehörige einher. Anfängliche Wortfindungsstörungen und lückenhafte Erinnerungen führen über Jahre zum kompletten Verlust kognitiver Fähigkeiten bis hin zum Vergessen des eigenen Namens und zur Unfähigkeit, sich verbal zu äußern. Damit einher gehen deutliche Veränderungen des Charakters, Misstrauen den Nächsten gegenüber, ungekannte Aggressivität und Feindseligkeit gegenüber bislang Vertrauten, bis zu vollständiger Demenz.
    Es wird angenommen, dass derzeit rund 700 000 Menschen in Deutschland an Alzheimer erkrankt sind. Die Zahl wird in Folge der Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung weiter steigen, da bei alten Menschen das Erkrankungsrisiko ungleich höher ist: Während 3% der 65-69-Jährigen Alzheimer Symptome zeigen und 9% bei den 75-79-Jährigen, sind es bei den 85-89-Jährigen bereits rund 40%. Wir werden zwar immer älter aber leider auch immer häufiger dement.
    Die Suche nach den Risikofaktoren erlaubt möglicherweise präventiv der Krankheit zu begegnen oder zumindest deren Fortschreiten zu verzögern. So kann die langfristige Einnahme von bestimmten entzündungshemmenden Medikamenten die Gefahr an Alzheimer zu erkranken verringern.
    Die Erforschung der molekularen Ursachen und Zusammenhänge der Alzheimerschen Krankheit eröffnet außerdem therapeutische Ansätze für diese häufigste Demenzkrankheit. Die Symptome können beispielsweise durch die medikamentöse Beeinflussung der Reizübertragung zwischen Nervenzellen abgemildert werden. Es ist weiter denkbar, direkt auf die Bildung oder die Aggregation des A-beta-42 Peptides Einfluss zu nehmen. Möglicherweise haben Derivate des Tetrahydrocannabinol (THC), der aktiven Substanz in Marihuana, ebenfalls einen positiven Effekt auf den Verlauf der Krankheit und können gar therapeutisch eingesetzt werden.

    Was haben Alzheimer und BSE gemeinsam?

    Das Amyloide Präprotein APP, bei dessen Prozessierung das Plaque-bildende A-beta-42 Peptid entsteht, ist nicht das einzige Protein, das direkt Krankheiten auslösen kann. Vor achtzehn Jahren kam es zu einer wahren Massenpanik, als bekannt wurde, dass einige Briten nach dem Verzehr von Gerichten, die vornehmlich Rinderhirn enthielten, an einer seltsamen neurodegenerativen und tödlich verlaufenden Krankheit litten, der bovinen spongiformen Enzephalopathie, kurz BSE.

    Eine Kuh mit BSE-Symptomen. Quelle: Wikipedia

    Bilder von Rindern, die an BSE litten und auf den Knien rutschend durch den Matsch auf britischen Bauernhöfen zur Schlachtbank getrieben wurden, waren Teil der Abendnachrichten. Es kam schon bei einzelnen Verdachtsfällen zu Massentötungen von ganzen Rinderherden und von der EU wurde ein Exportverbot für britisches Fleisch ausgesprochen. Noch nie zuvor konnte man beim Metzger so gutes Rindfleisch so günstig einkaufen; genießen konnten es allerdings nur die Mutigen.
    Die verantwortlichen Erreger waren weder Parasiten, Bakterien oder Viren, sondern Proteine, sogenannte Prionen. Prionproteine können spontan ihre Stuktur ändern und in einer Kettenreaktion gleiche Proteine mit der ursprünglichen Struktur ebenfalls dazu bewegen, die veränderte, krank machende Form anzunehmen. Das ist, vereinfacht gesagt, die Prionenhypothese, für deren Postulierung und für die Entdeckung, dass die infiziösen Partikel tatsächlich Proteine sind, Stanley Prusiner 1998 den Nobelpreis für Medizin bekam.
    Die veränderte Variante des Prionproteins führt nicht direkt zu den typischen motorischen Ausfallserscheingungen, es sind — ähnlich wie bei Alzheimer — nachgeordnete Effekte in den betroffenen Zellen, die für das Krankheitsbild verantwortlich sind. Veränderte Prionproteine aggregieren und rekrutieren andere wichtige Proteine der Zelle. Diese Aggregate können von der Zelle nicht mehr entfernt werden, sie häufen sich an und bringen das empfindliche Gleichgewicht aus Proteinsynthese und -abbau durcheinander.
    Höchstwahrscheinlich weiß sich die Zelle dann nicht mehr anders zu helfen, als den eigenen Tod einzuleiten. Da das Prion-Protein hauptsächlich in Nervenzellen und im Gehirn vorkommt sind es eben jene Zellen die in Folge der Erkrankung absterben und zu den beobachteten Symptomen bis hin zum Tod führen. Wenn die Gehirne von betroffenen Menschen oder Tieren nach deren Ableben untersucht werden, ist das Organ durch den massenhaften Zelltod regelrecht durchlöchert und sieht aus wie ein Schwamm. Daher wird diese Erkrankung in der Fachsprache auch spongiforme Enzephalopathie, also schwammförmige Gehirnkrankheit genannt.
    Der Grund für die Verbreitung von BSE bei den britischen Rindern war damals das Zufüttern von unzureichend aufbereitetem Tiermehl von Schafen, die an Scrapie, einer ähnlichen Krankheit litten. Schafe mit Scrapie, Rinder mit BSE und Menschen mit einer Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit. Drei Namen in drei Spezies für letztendlich die gleiche neurodegenerative Krankheit.

    Kuru bei Einwohnern Papua-Neuguineas.

    Bereits Ende der 1950er Jahre wurde in Papua-Neuguinea eine ganz ähnlich verlaufende Krankheit entdeckt. Sie wurde unter dem Namen bekannt, den ihr die betroffenen Angehörigen des dort ansässigen Stammes der Fore gaben: Kuru. Der Arzt Daniel Carleton Gajdusek lebte mit den Fore, beschäftigte sich mit deren Kultur, und obduzierte Leichen, die an Kuru verstorben waren. Er vermutete, dass sich die Stammesangehörigen bei ihren Ahnen ansteckten, da ein kannibalistisches Bestattungsritual darin bestand, das Hirn der verstorbenen Verwandten zu verspeisen. Gajdusek bewies die Übertragbarkeit der Krankheit in Experimenten mit Affen.
    Er bekam für seine Arbeit 1976 den Nobelpreis für Medizin, und obwohl er selbst in seiner Rede in Stockholm den Erreger noch ein “ungewöhnliches Virus” nannte, wurden bereits damals Parallelen zu Scrapie bei Schafen gezogen und es war bekannt, wie die Erreger der seltsamen Krankheit unschädlich gemacht werden konnten, zum Beispiel durch Autoklavieren, also durch eine halbstündige Garzeit bei 121°C im Dampfkochtopf. Hätten sich die Briten die Nobelpreisrede von Gajdusek gründlich durchgelesen, bevor Sie das unzureichend aufbereitete Tiermehl an ihre Rinder verfüttert hätten, wären wohl rund 200 Menschen weniger gestorben — und über vier Millionen Rindern wären, statt auf dem Scheiterhaufen und im Krematorium, auf den Tellern gelandet.

    Dieser Artikel wurde zuerst auf Medium publiziert. Das Bild ganz oben ist aus Wikimedia Commons.
  • Wer es sich leisten kann. Randy Schekman gegen den Impact Factor und über Open-Access-Publishing

    Heute findet die diesjährige Preisverleihung der Nobelpreise statt. Ab kurz vor eins sollte hier der die Liveübertragung der Vergabe des Friedensnobelpreises in Oslo zu sehen sein und ab zwanzig nach vier sollten dann auch die Naturwissenschaftler in Stockholm ihre Medaillen und Urkunden entgegen nehmen dürfen.

    Einer der diesjährigen Preisträger ist Randy Schekman, der zusammen mit James Rothman und Thomas Südhof den Preis für Physiologie und Medizin bekommt, und zwar für die Aufklärung der zellulären Sekretionswege und Vesikeltransport. Auf Englisch heißt das so:
    „for their discoveries of machinery regulating vesicle traffic, a major transport system in our cells.

    Hier ist der Link zu Scheckmans 54 minütigem Vortrag den er am 7.12. am Karolinska-Institut hielt. Für diejenigen, die sich näher mit der Thematik befassen wollen oder einen historischen Überblick über das Feld bekommen möchten.
    Wissenschaftler stehen ja nur selten im öffentlichen Rampenlicht. Die Verleihung der Nobelpreise ist jedoch eine der Ausnahmen und Randy Schekman nutzt die momentane Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird, um in einem Artikel im Guardian Open Access zu propagieren und explizit die von ihm so gekannten Luxusmagazine Cell, Nature und Science, sowie den Impact Factor im Allgemeinen zu kritisieren. Insbesondere geht es ihm um den negativen Einfluss, den die hochselektiven Magazine auf den generellen Wissenschaftsbetrieb haben:

    Luxury-journal editors […] accept papers that will make waves because they explore sexy subjects or make challenging claims. This influences the science that scientists do. It builds bubbles in fashionable fields where researchers can make the bold claims these journals want, while discouraging other important work […].

    Scheckman erklärt weiter, wie Open-Access Magazine (wie das von ihm co-herausgegebene eLife Journal) den kostenfreien Zugang zu wissenschaftlichen Literatur erlauben und unter Einhaltung aller notwendigen Qualitätskriterien fairer publizieren, da sie eine größere Anzahl an Artikeln veröffentlichen können als die Luxusmagazine und nicht auf Abonnenteneinnahmen angewiesen sind.
    Obwohl aktuell bereits etwa 20% der biomedizinischen Fachliteratur frei zugänglich sind, vollzieht sich der Kurswechsel hin zu offenen Modellen zu langsam – und stößt an Grenzen.  Ein Artikel in einem „Luxusmagazin“ wird in den Köpfen der Wissenschaftler immer noch mit hoher Qualität gleichgesetzt. Einer aktuellen Umfrage der Nature Publishing Group zur Folge, sind es demnach  immer noch das Prestige des Magazins, sowie der Impactfaktor, die neben der fachlichen Relevanz entscheiden, an welches Magazin das eigene Manuskript geschickt wird.
    Weiter werden in den Auswahlkriterien der Forschungfinanzierer und der Berufungskommissionen viel Wert auf Publikationen in Luxusmagazinen gelegt. Ein Erstautorenpaper in Cell, Nature oder Science ist in meiner Erfahrung immer noch fast so etwas wie eine Garantie für das berufliche Weiterkommen auf der akademischen Karriereleiter. Es zählt der Name mehr als die Inhalte.
    Es ist daher leider immer noch eine Luxusposition, die der Nobelpreisträger Schekman einnimmt, wenn er sagt, dass sein Labor die Luxusmagazine boykottiere und seine Mitarbeiter ihre Manuskripte woanders einreichen würden. Es ist eine Luxusposition, die ihm nach 46 eigenen Artikeln in Cell, Nature und Science nichts mehr anhaben wird, die einigen Postdocs in seinem Labor aber die Karriere kosten kann.

  • Gehirnstudie zeigt Geschlechtsunterschiede – und sonst?

    Es ist ein dankbares Thema, weil es Geschlechterstereotypen schön bedient. Ein PNAS Artikel, mit dem Title „Sex differences in the structural connectome of the human brain” der vorgestern vorab publiziert wurde, wird von den Medien aufgegriffen. Männer können besser Landkarten lesen, Frauen können besser analytische und intuitive Informationen miteinander verbinden. So oder so ähnlich. Jetzt auch gezeigt mit neuester Technik direkt im Gehirn.
    Für die Studie wurde bei fast eintausend Heranwachsenden die Konnektivität der Neurone im Gehirn untersucht. Die Autoren nutzen Diffusionsmagnetresonanz (DTI) um die Konnektivität unterschiedlicher Gehirnregionen zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen zweierlei:

    1. Generell scheint die Konnektivität innerhalb einzelner Hirnregionen bei Frauen höher zu sein als bei Männern, mit Ausnahme vom Kleinhirn.
    2. Bei Frauen sind die beide Hirnhälften relativ stärker miteinander verbunden als bei Männern.

    Die Ergebnisse der Studie werden von Ragini Verma, der verantwortlichen Autorin folgendermaßen eingeordnet:

    „These maps (Die Konnektivitätskarten des Gehirns) show us a stark difference – and complementarity – in the architecture of the human brain that helps provide a potential neural basis as to why men excel at certain tasks, and women at others”.

    Die Studie liefert Daten, die mit geschlechtsspezifischen Verhaltensunterschieden korrelieren. Die Ergebnisse erlauben es aber sicher nicht, bestimmte Verhaltensmuster kausal mit Unterschieden in der Gehirnarchitektur zu erklären.
    Die Konnektivität verschiedener Gegenden in Gehirnregionen ist bei Frauen höher als bei Männern, außer im Kleinhirn. Copyright: PNAS
    Kritik an der Studie direkt, nicht an der Berichterstattung darüber, betrifft vor allem die Zuverlässigkeit der DTI-Messungen. Das Blog Neuroskeptic und anonyme Kommentatoren auf Pubpeer merken an, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in Stillhalten des Kopfes die Ergebnisse beeinflussen könnten.
    Tatsächlich wurde in einer Studie letztes Jahr gezeigt, dass die Kopfbewegung zwischen Individuen stark variiert und Faktoren wie Alter, und Krankheit das Kopfwackeln und damit die MRI-Messungen beeinflussen. Wackeln vielleicht Männer einfach mehr?
    Journalisten suchen natürlich nach einer Story hinter der wissenschaftlichen Publikation, wobei die Übergänge zwischen originalgetreuer Wiedergabe und freier Interpretation der Studienergebnisse fließend sind. Am schönsten hat „The Mouth“ die Studie zusammengefasst und illustriert:

    „Female brains are just scribbled multicoloured mess reveals science study.“

    ResearchBlogging.orgIngalhalikar M, Smith A, Parker D, Satterthwaite TD, Elliott MA, Ruparel K, Hakonarson H, Gur RE, Gur RC, & Verma R (2013). Sex differences in the structural connectome of the human brain. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America PMID: 24297904

  • Fast ohne Risiko? Doping im Amateursport

    Fast ohne Risiko? Doping im Amateursport

    Doping im Radfahren war in den vergangenen Wochen mehrfach Thema hier. Es ging um Methoden, wie gedopte Fahrer auch ohne die Analyse von Blut und Urinproben identifiziert werden könnten und konkret um die Frage ob der Gewinner der diesjährigen Tour de France, Chris Froome, gedopt war. In einem Gastartikel wurde die Frage untersucht, ob es überhaupt möglich ist, die Tour ohne Doping, nur durch verbesserte Ernährung und Training, zu gewinnen.
    Alle drei Artikel haben eins gemein: Sie handeln von Profis, die mit Radrennen ihr Geld verdienen. Radfahren ist aber Breitensport und auch im Amateurbereich werden Rennen gefahren. Wenig verwunderlich aber weitgehend ignoriert: Auch dort wird gedopt. Ich habe ein Interview mit Jasper Vanuytrecht geführt. Jasper hat seine Masterarbeit zum Thema Doping im Amateurradsport in Flandern gerade fertig gestellt.
    WeiterGen: Jasper, hat der Amateurradsport ein Dopingproblem
    Jasper Vanuytrecht: Auf jeden Fall. Ich habe für meine Massenarbeit mehrere Amateurrennfahrer, aber auch Trainer, Ärzte, Teambetreuer, einen Polizeiinspektor, sowie den Leiter der Anti-Doping Agentur in Flandern (TeamMVS) befragt und Aussagen zur Häufigkeit von Doping im Amateursport gesammelt, aber auch zu Gründen warum im Amateursport gedopt wird, und was dagegen unternommen werden kann. Basierend auf den Aussagen in den Fragebögen schätze ich, dass mindestens 10% aller Amateurrennfahrer gedopt sind.
    WG: Mit welchen Mitteln wird gedopt?
    JV: Die Dopingmittel im Amateursport sind die gleichen, die wir vom Profisport der letzten Jahre und Jahrzehnte kennen: Steroidhormone, EPO, Corticosteroide. Ältere Fahrer nehmen auch häufig Amphetamine. Weiter werden Diuretika genommen, um Dopingmittel vor den Rennen aus dem Körper auszuschleusen.
    WG: Wie kommen die Fahrer an die Medikamente?
    JV: Das meiste wird über das Internet bestellt und ist Angaben der von mir interviewten Sportler zu Folge binnen einer Woche im Briefkasten zu Hause. Die Anbieter findet man mit einer einfachen Googlesuche. Es gibt aber auch Ärzte, die auf Bitten der Sportler leistungssteigernde oder schmerzhemmende Präparate verschreiben, obwohl dies möglicherweise nicht notwendig wäre, beispielsweise Kortison. Außerdem gibt es lokale Dealer, über die Dopingmittel bezogen werden, etwa bei Wettkämpfen. Ein Problem mit den bestellten Präparaten ist, dass man nie sicher sein kann, dass auch tatsächlich das drin ist, was drauf steht.
    WG: Warum dopen Amateursportler überhaupt?
    JV: Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist es natürlich Ehrgeiz. Egal ob Amateur oder Profis, wer Rennen fährt, will gewinnen. Dazu kommt ein nur eingeschränkt vorhandenes Unrechtsbewusstsein, das durch dopende Profis, die ja Vorbildfunktion haben, sicher nicht gefördert wird. Im Profiradsport gab es lange eine Kultur des Dopings, die weit in den Amateurbereich hinein reicht. Wer sich ambitionierte Ziele steckt, möchte diese erreichen – häufig offenbar egal mit welchen Mitteln und zu welchem Preis. Ein weiterer Faktor ist, dass das Risiko erwischt zu werden im Amateurbereich einfach sehr gering ist.
    Vielen Sportlern scheint außerdem nicht bewusst zu sein, dass die Einnahme von Dopingmitteln kurzfristige und langfristige negative gesundheitliche Folgen hat. Die Nebenwirkungen von vielen Substanzen sind nicht adäquat untersucht. In Flandern gab es in den letzten Jahren zum Beispiel mehrere plötzliche Todesfälle von Amateurrennfahrern, die zuvor außergewöhnlich gut gefahren sind.
    WG: Wird im Amateurbereich nicht auch getestet?
    JV: Doch. Dopingkontrollen sind jedoch teuer und die Logistik ist kompliziert. Der Fokus liegt daher hauptsächlich bei den Profis. Bei Amateuren wird zwar auch getestet, allerdings nur bei den Rennen. Es finden so gut wie keine Trainingskontrollen statt. Die Kontrolleure müssten für effektive Kontrollen ja jederzeit unangemeldet bei den Athleten auftauchen können und müssten daher ständig wissen, wo sich die Amateurfahrer befinden. Das ist nicht zuletzt ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre. Die Zeit zwischen den Rennen kann also von Amateursportlern genutzt werden, um beispielsweise mit EPO die Ausdauer zu verbessern.
    WG: Was wären dann deiner Meinung nach passende Maßnahmen, um Doping im Amateurbereich einzudämmen?
    JV: Das wichtigste ist ein Mentalitätswechsel im Amateurradsport, so dass vor allem Nachwuchssportler nicht mit Doping anfangen. Dazu muss das Problem nicht nur von den Verbänden und der Politik als solches erkannt werden, sondern auch dementsprechend gehandelt werden, beispielsweise durch Aufklärungskampagnen, Präventionsmaßnahmen und die Androhung drastischer Strafen. Ein Problem ist sicher das fehlende Geld für eine adäquate Kontrollinfrastruktur. Da die Dopingkontrollen von den Verbänden selbst durchgeführt werden, besteht außerdem ein Interessenkonflikt, der nicht zur Lösung des Problems beiträgt. Welcher Radsportverband möchte schon dem Radsport schaden, dadurch dass er Dopingfälle bekannt macht?
    Meine Erfahrungen mit Amateursportlern zeigt auch, dass die Legalisierung von Doping mit Sicherheit nicht zur Lösung des Problems beiträgt. Der Meinung sind übrigens auchdie meisten Experten und Wissenschaftler. Durch bessere Kontrollen ist der Profisport in den letzten Jahren sauberer geworden, jetzt muss sich das auch auf den Amateursport übertragen.
    WG: Hat einer der von dir befragten Sportler eigentlich Doping gestanden?
    JV: Nein, obwohl ich den interviewten Sportlern natürlich Anonymität garantierte, ist das ist nicht passiert. Ich habe wahrscheinlich auch einfach zu wenig Interviews geführt und vielleicht haben diejenigen, die dopen, auch schlicht abgelehnt mit mir zu sprechen. Die Strafen für Doping im Amateursport sind genauso hoch wie im Profisport, also Rennsperren und empfindliche Geldstrafen. Wer aktiv fährt möchte das nicht riskieren. Außerdem: Wer seiner Familie und seinen Freunden nichts davon erzählt, gibt sicher in einem Interview nicht zu, gedopt zu haben. Aber das Insiderwissen einiger meiner Interviewpartner war schon erstaunlich.
    Jasper Vanuytrecht studiert an der Universität in Ghent an der Fakultät für Strafrecht und Kriminalistik. Er beantwortet hier in den Kommentaren gerne aufkommende Fragen, ist auch per Email unter Jasper.Vanuytrecht[ät]ugent.be für Rückfragen erreichbar.

  • Warum Rosalind Franklin nicht die Anerkennung zu Teil wurde, die sie verdiente

    Warum Rosalind Franklin nicht die Anerkennung zu Teil wurde, die sie verdiente

    Google feiert die Geburtstage einflussreicher Persönlichkeiten und wichtige Jahrestage in dem sie ihr Logo thematisch anpassen. Ein sogenanntes Google-Doodle wurde vorgestern Rosalind Franklin zu teil. Wer war Rosalind Franklin?
    Sie war eine Strukturbiologin bevor der Begriff überhaupt erfunden war. Sie hat an der Entdeckung der Struktur der DNA entscheidend mitgearbeitet und ihr ist dennoch akademische Anerkennung, vergleichbar mit der von Francis Crick und James Watson, versagt geblieben.
    Rosalind Franklin. Quelle: Wikipedia
    Die Geschichte von Rosalind Franklin ist sehr gut recherchiert, von etlichen Briefen und Aufzeichnungen gestützt und daher recht einfach nachzuerzählen. Sie gibt einen ungewöhnlich detaillieren Einblick in den damaligen akademischen Alltag mit erfolgreichen Kooperationen und persönlichen Antipathien, genialen Momenten, Managementfehlern und der unautorisierten Nutzung der Daten Dritter.
    Ähnliches spielt sich auch heute noch in den Laboren ab, wenn auch die Entdeckungen oftmals weit weniger bahnbrechend sind als die Aufklärung der Struktur der DNA.
    Franklin begann 1951 am MRC in London als wissenschaftliche Assistentin in der Abteilung Biophysik von John Randall zu arbeiten. Randall gab ihr ein Projekt zur Untersuchung von DNA durch Röntgenstrukturanalyse, einer Methode mit der sie Erfahrung hatte.
    Bislang hatte Maurice Wilkins und sein Doktorand Raymond Gosling an dem Projekt gearbeitet – mit erfolgsversprechenden, jedoch zu ungenauen Ergebnissen. Während Wikins im Urlaub war, wurde Franklin das Projekt (und die Aufsicht über den Doktoranden Gosling) komplett übertragen – allerdings ohne Wilkins rechtzeitig und adäquat davon zu unterrichten.
    Dieser klare Kommunikationsfehler von Randall war der Auslöser für Reibereien zwischen den Kollegen Wilkins und Franklin. Die Charaktere beider Forscher – Wilkins scheu und bedacht, Franklin ungeduldig und direkt – tat ihr übriges um das Verhältnis beider Forschern weiter zu belasten.
    Neben den technischen Aspekten der Röntgenstrukturanalyse, die Franklin ohne Zweifel beherrschte, war die größte Herausforderung die richtige Interpretation der Daten. Watson, Crick, sowie Linus Pauling vermuteten, dass DNA helikal vorlag, jedoch hatten deren Modelle Fehler, die erst durch die Arbeit von Franklin an DNA mit unterschiedlich starker Hydratation und durch ihre hervorragenden Beugungsaufnahmen der DNA erkannt werden konnten.
    Am 30. Januar 1953 reiste Watson ans MRC, um Wilkins eine Kooperation vorzuschlagen. Er wollte mit vereinten Kräften Linus Pauling bei der Lösung der Struktur der DNA zuvor zu kommen. Wilkins war nicht in seinem Büro und Watson traf auf Franklin, die ihm klar zu verstehen gab, dass sie alleine in der Lage sei, ihre Daten zu interpretieren und nicht auf die Kooperation angewiesen wäre.
    Beugungsaufnahme 51 (Quelle: Wikipedia)
    Der vor den Kopf gestoßene Watson traf sich am selben Tag dennoch mit Wilkins, der ihm im Rahmen der geplanten Kooperation eine Beugungsaufnahme Franklins zeigte – ohne deren Wissen oder Zustimmung.
    Diese Aufnahme 51 war der Schlüssel zum Verständnis der DNA Struktur. Es war keine einfache Helix, wie von Pauling postuliert, es waren keine drei umeinander geschlungene Fasern, wie Watson und Crick dachten, sondern zwei Stränge, die eine Doppelhelix bildeten.
    Fünf Wochen nach dem verhängnisvollen Meeting am MRC in London hatten Watson und Crick die DNA-Struktur gelöst. Sie publizierten ihr Doppelhelixmodell in Nature am 25. April 1953. Franklin war inzwischen ans Birbeck College in London gewechselt. Randall, ihr alter Chef, legte großen Wert darauf, dass ihre Daten zur DNA-Struktur am MRC verblieben.
    Obwohl die Daten von Franklin nach Aussagen von Francis Crick entscheidend für die Aufklärung der DNA Struktur waren, wurde ihr keine eigentliche Autorschaft auf dem Paper zu Teil. Sie wurde in einem Nebensatz gegen Ende des Briefs an Nature erwähnt:

    We have also been stimulated by a knowledge of the general nature of the unpublished experimental results and ideas of Dr. M. H. F. Wilkins and Dr. R. E. Franklin and their coworkers at Kings College, London.

    Wenn man den historischen Aufzeichnungen glauben kann, war Franklin auch nach der Publikation des Artikels von Watson und Crick nicht von der vorgeschlagenen Struktur überzeugt. Sie vermisste stichhaltige, experimentelle Daten, die das Modell stützten.
    Neun Jahre später war die Doppelhelixstruktur wissenschaftlich etabliert und Watson, Crick und Wilkins bekamen 1962 der Nobelpreis für Physiologie und Medizin für die Entdeckung der Struktur der DNA.
    Franklin freilich ging leer aus. Sie war bereits 1958 mit 37 Jahren an Krebs gestorben.