Monat: Juli 2020

  • Großer Nackenkissen und Halskrausentest

    Großer Nackenkissen und Halskrausentest

    Jeder Sportler weiß: Wer längere Zeit nicht trainiert, verliert nicht nur Kondition, sondern auch die Leistungsfähigkeit der nicht mehr beanspruchten Muskelgruppen. Eine Folge der Coronaviruspandemie ist daher sicher massenhafter Muskelkater bei Freizeitsportlern, die durch Covid-bedingte Einschränkungen wochenlang nicht trainieren konnten. 

    Muskelschwäche betrifft aber nicht nur Freizeitsportler. Eine weithin unterschätzte Folge des mit der Coronakrise zusammenhängenden Rückgangs der Reisetätigkeit, ist eine durch Trainingsmangel verursachte Schwächung der Hals- und Genickmuskeln der Fahrgäste und Passagiere in Bus, Bahn und Flugzeug. “Ich habe Genick” wird das neue “Ich habe Rücken”, sobald längeres unterwegs sein wieder Teil des Berufsalltags Vielreisender wird.

    Um nach langer Reisepause schmerzhaften Genickschmerzen und möglichen Langzeitschäden vorzubeugen, empfiehlt es sich, den nach monatelangem Ausharren im Home Office gänzlich untrainierten Nacken mit einem entsprechenden Kissen zu stützen. 

    Auch wer nur sporadisch verreist, erfährt hier im großen Nackenkissen und Halskrausentest, welche Produkte die Profis wählen, und welche Kissentrends zur unmittelbar bevorstehenden Urlaubszeit an zahllosen Koffern und Rucksäcken baumeln werden.

    Die Testerin

    Wir konnten für unseren großen Nackenkissentest eine hervorragend geeignete Testerin gewinnen. Titien Maier leidet in Folge eines Gehirntumors an zunehmender Muskelschwäche. Sie kann ohne Kissen den Kopf nicht mehr gerade halten. Ihr Ehemann und Pfleger Tobias verriet uns im Interview: “Wenn ich sie ohne Nackenkissen im Rollstuhl durch Karlsruhe fahre, wackelt ihr Kopf wie ein Kuhschwanz”.

    Die Testbedingungen

    Um trotz eingeschränkter Reisemöglichkeiten die Herausforderungen von Langstreckenreisen an die Nackenmuskulator möglichst realistisch zu simulieren, wurden zwei Testszenarien entworfen. Zum einen wurden Rollstuhlfahrten durch Karlsruhe, beispielsweise zum Enten füttern, durchgeführt und ausgewertet. Um die Belastungen von Langestreckenflügen zu simulieren wurden stundenlange Sitzungen auf dem Sofa im Wohnzimmer evaluiert.

    Das Testfeld 

    Getestet wurden fünf verschiedene Produkte. Drei der getesteten Produkte sind Nackenkissen, zwei der Produkte sind Halskrausen. Preislich lag das Testefeld zwischen knapp zwölf Euro und vierzig Euro. Die Produkte wurden in den Kategorien Stützleistung, Tragekomfort und Features/ Design bewertet.

    AmazonBasics Nackenkissen

    Das Nackenkissen von AmazonBasics war mit etwas über zwölf Euro mit das günstigste im Testfeld. Es ist durch den weichen Memoryschaumstoff und den blauen Plüschbezug angenehm zu tragen. Das Kissen ist relativ groß, dennoch ist die Stützleistung nur befriedigend. Für den mobilen Gebrauch ist das Kissen ungeeignet, da es über keine Schließe verfügt und relativ leicht zu Boden fällt. Der Bezug ist zum Glück abnehmbar und waschbar.

    Stützleistung: ***
    Tragekomfort ****
    Features/ Design: ***

    Herrenfeuer Nackenkissen

    Das Nackenkissen von Herrenfeuer hat sehr gute Stützeigenschaften. Es ist durch zwei magnetische Knöpfe verschließbar und passt sich dem Hals gut an. Das Schaumstoffkissen ist nicht zu voluminös bietet dennoch nach allen Seiten sehr guten Schutz. Der Bezug ist abnehmbar und waschbar. Das Nackenkissen kostet zwanzig Euro und liegt preislich im Mittelfeld. Es wird zusammen mit einem Transportbeutel und einer Augenmaske ausgeliefert. Der Transportbeutel eignet sich hervorragend als Wäscheklammerbeutel. Das Kissen wird von Titien gerne sowohl unterwegs als auch zu Hause getragen und ist somit der Testsieger.

    Stützleistung: ****
    Tragekomfort: *****
    Features/ Design: ****

    Cabeau Evolution S3

    Das Kissen von Cabeau war mit vierzig Euro mit Abstand das teuerste im Test (es wurde uns von Tita und Chris geschenkt, danke!). Das Kissen aus Memoryschaumstoff mit abnehmbarem und waschbarem Überzug ist sehr bequem und stützt den Kopf ausreichend nach allen Seiten. Es ist vorne mit einem Schnellverschluss zuknöpfbar. Wie eng das Kissen anliegen soll, kann hier mit Kordelzügen eingestellt werden. Das Kissen ist recht voluminös und wird in einer Tragetasche ausgeliefert. Es verfügt über ein kleines Seitenfach und über Klettverschlussbänder an der Rückseite, mit dem das Kissen an geeigneten Sitzen fixiert werden kann. Diese Funktion haben wir nicht getestet. Titien trägt das Kissen sehr gerne zu Hause auf dem Sofa.

    Stützleistung: ****
    Tragekomfort: *****
    Features/ Design: ****

    Armoline Halskrause

    Die Halskrause besteht aus zwei Teilen, die über Klettverschlussbänder miteinander verbunden werden, so dass der Hals quasi eingeschalt wird. Die Halskrause ist sehr leicht und besteht aus einem styroporartigen, festen Schaumstoff. Der Kopf wird durch die Halskrause starr fixiert. Leider ist die Halskrause sowohl für den häuslichen Gebrauch, als auch für die Nutzung unterwegs ungeeignet. Das Material ist nicht atmungsaktiv und fühlt sich nach kurzer Zeit unbequem auf der Haut an. Trotz starrer Fixierung des Halses, kippte Titiens Kopf im Rollstuhl nach hinten ab. Der Test wurde daraufhin abgebrochen. Die Halskrause kostet 24 Euro.

    Stützleistung: ***
    Tragekomfort: **
    Features/ Design: **

    Laerdal Stifneck Halskrause

    Die Laerdal Stifneck ist eine professionelle Halskrause, um Menschen nach Unfällen mit Wirbelsäulenverletzungen zu fixieren. Die Halskrause kann auf drei Höhen eingestellt werden und stützt hervorragend. Sie kostet inklusive Versand nur 13,50 Euro. Die Laerdal Stifneck ist aus Plastik und sehr leicht. Ein dünner Saum aus weichererem, styroporartigem Schaumstoff soll das Tragen etwas angenehmer machen. Titiens Kopf wurde mit der Halskrause sehr gut fixiert. Allerdings hat ihr das Bruststück an der Kontaktstelle zu ihrem Brustbein Schmerzen bereitet. Für den Gebrauch zu Hause ist die Halskrause zu unbequem.

    Stützleistung: *****
    Tragekomfort: **
    Features/ Design: ****

    Fazit

    Moderne Nackenkissen sind aus Memoryschaumstoff und nicht mehr mit Styroporkügelchen gefüllt. Das Herrenfeuer-Kissen stützt gut und sieht noch am erträglichsten aus. Mitschleppen muss man es trotzdem, wenn man reist. Wer gerade einen Motorradunfall hat und möglicherweise sich die Wirbelsäule gebrochen hat, sollte sich die Laerdal Halskrause bestellen. Die Links zu den Produkten sind Amazon Affiliate Links.

  • Wie funktioniert die Pflege zu Hause?

    Wie funktioniert die Pflege zu Hause?

    Titien und ich schreiben ja beide, wie wir mit ihrer Krankheit umgehen. Vor allem jetzt, da es ihr zunehmend schlechter geht, bekommen wir sehr viel Zuspruch, gute Wünsche, Hilfsangebote und Vorschläge, wie wir ihre Pflege besser organisieren könnten.

    Zunächst das Wichtigste: Sowohl Titien als auch ich freuen uns über Likes und wenn unsere Artikel über Soziale Medien kommentiert und weiter geteilt werden, und wir freuen uns sehr über Kommentare und Nachrichten unter den Artikeln in unseren jeweiligen Blogs. Vielen Dank dafür und bitte so weiter machen!

    Wir bekommen jede Woche Besuch von den “Brückenschwestern”. Das ist ein onkologischer Palliativdienst in Karlsruhe, der von den großen Krankenhäusern der Stadt getragen wird. Wir hätten außerdem die Möglichkeit, einen privaten Pflegedienst in Anspruch zu nehmen. Bei Bedarf kommt unsere Hausärztin hier vorbei und schaut nach Titien. Selbstverständlich gibt es auch in Karlsruhe für die Palliativpflege ausgestattete Heime und Hospize.

    Ich bin jedoch in der privilegierten Lage, Titien hier zu Hause pflegen zu können. Zum einen haben wir hier eine passende Infrastruktur: Unsere Wohnung ist behindertengerecht mit breitem Flur, ausreichend großen Zimmern, ohne Treppen und mit niedrigen Türschwellen. Wir haben einen Aufzug und können ebenerdig das Haus verlassen, mein Auto ist ebenfalls direkt mit dem Lift in der Tiefgarage erreichbar. Wir sind außerdem ausgestattet mit einem Pflegebett mit elektrisch verstellbarem Kopf und Fußteil, mit einem Rollstuhl, einem Toilettenstuhl, einem Rollator und einem Duschlift.

    Weiter sind die körperlichen Voraussetzungen für die Pflege zu Hause gegeben: Ich bin groß und kräftig. Titien ist klein und zierlich. Selbst bei durch das Kortison bedingten starken Wassereinlagerungen wiegt sie noch unter sechzig Kilogramm. Das will sie oft selbst nicht glauben und bestellt dann Jogginghosen in Größe XL, die ich dann in Größe M umtauschen muss – und selbst die sitzen noch bequem. Ich kann Titien alleine vom Bett auf den Toilettenstuhl, in die Dusche, aufs Sofa, in den Rollstuhl, und zurück befördern. Selbst wenn es sie mal auf den Boden setzt, wie gestern morgen im Bad geschehen, kann ich sie einfach aufheben und wieder in den Rollstuhl setzen.

    Drittens sind die weiteren Rahmenbedingungen optimal: Ich habe einen verständnisvollen Arbeitgeber, der mir erlaubt in dieser Zeit von zu Hause aus flexibel zu arbeiten. Wir haben einen fürsorglichen Freundeskreis, der bei Bedarf jederzeit für Einkäufe und Gespräche zur Verfügung steht. Ich habe außerdem bereits Erfahrung mit der Pflege Angehöriger. Ich habe meine Mutter ihre letzten 15 Monate begleitet, bevor sie 2016 an Bauchspeicheldrüsenkrebs starb.

    Der letzte Punkt ist aber der Wichtigste: Es ist der ausgesprochene Wunsch von uns beiden, dass ich sie pflege und dass sie so lange wie möglich hier zu Hause gepflegt wird. Titien hat das sogar schriftlich in ihrer Patientenverfügung festgehalten. 

    Titien hat oft noch einen weiteren Wunsch: Sie möchte niemand anderen sehen. Das führt dazu, dass wir der Musiktherapeutin direkt wieder absagen, die Titien mit auf eine “Klangreise” nehmen wollte. Oder dazu, dass wir keine Physiotherapeuten hier nach Hause bestellen, um an meinem Rücken rum zu massieren. 

    Das bedeutet auch, dass wir nur sehr selten Freunde zu uns nach Hause einladen. Titien will oft einfach nur ihre Ruhe. Danke, dass ihr das alle respektiert.

  • Muskelschwäche durch Kortison oder Hirntumor

    Muskelschwäche durch Kortison oder Hirntumor

    Titiens Symptome verändern sich weiter. Leider nicht zum Guten. Sie hat inzwischen fast keine Kraft mehr in ihren Muskeln. Ich vermute, ursächlich dafür ist sowohl der Progress ihres Hirntumors, als auch das hochdosierte Kortison, sowie die Tatsache, dass ihre Muskeln aus Bewegungsmangel abbauen. 

    Deshalb hängt ihr Kopf immer zur Seite wenn sie sitzt. Deshalb ist es inzwischen wirklich ein Kraftakt für mich, Titien in der Wohnung hin und her zu bewegen.

    Um ihren Kopf zu stabilisieren habe ich ihr eines dieser hufeisenförmigen Reisekopfkissen gekauft, an denen man an Flughäfen immer jene Passagiere erkennt, die sonst nie fliegen. Aus Memoryschaum mit waschbarem Bezug. Titien liebt ihr Kissen, die Dinger sind also offenbar tatsächlich für irgendwas gut.

    Ihre funktionslose Halsmuskulatur war auch der Grund, warum wir in den letzten Tagen nicht mehr mit dem Rollstuhl die Enten füttern waren. Es ist ihr sehr unangenehm, wenn ihr Kopf unkontrolliert nach rechts, links, vorne oder hinten ausschlägt, wenn ich sie mit dem Rollstuhl über eine Bürgertsteigkante schiebe, oder wenn wir auf nicht komplett plan geteerten Wegen fahren. 

    Ich habe ihr hierfür eine professionelle Halsmanschette gekauft, die ihren Kopf so fixiert, dass wir wieder guten Gewissens mit dem Rollstuhl raus können. Wir gewinnen Lebensqualität zurück und die Tiere in der Günther-Klotz-Anlage werden weiter gemästet. Das war gestern ihr glücklichster Moment.

    Meine Muskelschwäche

    Ich pflege Titien ja alleine, bin also den ganzen Tag bei ihr und sorge dafür, dass sie vom Bett ins Bad, in die Dusche, auf die Toilette, ins Wohnzimmer aufs Sofa und an den Esstisch kommt. Jeder Gang bedeutet, dass ich sie anheben muss (ihren Kopf dabei stützen), auf den durch ein Sitzkissen zum Rollstuhl umfunktionierten Toilettenstuhl umsetzen muss (Bremsen vorher feststellen), und sie dann damit durch die Wohnung fahre, um sie dann wieder anzuheben und umzusetzen.

    Sie kann mich beim aufstehen und umsetzen aus eigener Kraft nicht mehr unterstützen. Titien ist schwer wie ein Sack Kartoffeln (oder ein Sack Reis?) und das hin und her hieven geht leider auch an mir nicht spurlos vorbei. Seit dem Wochenende habe ich einen veritablen Hexenschuss – obwohl ich immer darauf achte, sie lehrbuchhaft aus den Knien anzugeben und den Rücken gerade zu lassen. 

    Diesen Artikel schreibe ich zum Beispiel gerade am Laptop im Liegen auf meiner Yogamatte. So ist der Rücken halbwegs schmerzfrei. Aber ich will ja Titien auch beim Tabletten nehmen nicht alleine lassen, und so futtere ich morgens und mittags je eine halbe Ibuprofen 600, während sie ihr Kortison nimmt.