Schlagwort: Virus

  • Wie viele Menschen sind tatsächlich mit Corona infiziert?

    Wie viele Menschen sind tatsächlich mit Corona infiziert?

    Titien nimmt seit drei Wochen wieder Kortison, um die Symptome ihres Hirntumors in Schach zu halten. Kortison schwächt das Immunsystem, Titien ist also Teil der Risikogruppe; wir isolieren uns zu Hause so gut es geht während der Coronavirus-Pandemie.

    Doch nicht nur deshalb legen wir Wert auf Social Distancing. Wir wissen auch, dass die gemeldeten Fallzahlen die Zahl der tatsächlich infizierten Menschen weit unterschätzt. Das liegt vor allem an zwei Gründen: Es wird bei weitem nicht flächendeckend getestet, auch nicht bei Menschen die klare Symptome zeigen. Und es gibt viele Fälle, bei denen die Infektion zum Glück sehr mild verläuft. 

    Hier der Versuch einer Näherung, wie viele Menschen tatsächlich mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert sind oder waren. Ich gehe bei der Schätzung von der “Infection Fatality Ratio” (IFR) aus, also dem Anteil der Infizierten, die sterben.

    Die IFR beträgt etwa 1%, eine Person von 100 infizierten Personen stirbt an COVID-19. Die Zahl basiert auf einer noch nicht peer-reviewten Studie, die anhand von über 3000 PCR-Tests der 3700 Passagiere des Kreuzfahrtschiffs Diamond Princess die Infection Fatality Rate mit 1,2% (0,38-2,7%) bestimmt hat.

    In Deutschland sind aktuell 560 COVID-19 Todesfälle dokumentiert. Vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Tod vergehen geschätzt zwei Wochen. Das heißt bei heute 560 Toten war die Gesamtzahl der Infizierten vor zwei Wochen in Deutschland bei:

    560/0,01=56.000

    Die Zahl der Toten verdoppelt sich etwa alle zwei bis drei Tage, also auch die Zahl der Infizierten. Konservativ geschätzt sind also in den letzten zwei Wochen vielleicht fünf Verdopplungen passiert. Also:

    56.000 x 2^5 = 1.792.000

    Menschen, die in Deutschland infiziert waren oder sind. Gut 2% der Bevölkerung. Laut Worldometer sind aktuell 63.929 Fälle gemeldet, 28 Fach weniger als meine Schätzung es vorschlägt.

    Italien ist trauriger Spitzenreiter mit aktuell 10.799 Corona-Toten. Laut meinem Modell müssten also 34,5 Millionen Menschen in Italien mit dem Virus infiziert sein. Das wären 57% der Gesamtbevölkerung.

    Die Zahl der Corona-Toten wird tragischerweise auch in Deutschland noch ansteigen. Nach meinem Modell müssten wir Mitte April 18.000 Todesfälle in Deutschland haben.

  • Chikungunya-Epidemie – Kommt das Virus bald nach Deutschland?

    Chikungunya-Epidemie – Kommt das Virus bald nach Deutschland?

    Im Dezember 2013 gab es die erste Meldung bestätigter Verdachtsfälle von Infektionen mit dem Chikungunya-Virus auf der Karibikinsel Saint Martin. Wie ein kleiner Punkt, der auf dem Radarschirm einmal schwach aufblinkt wurde registriert, dass ein Virus, dass im mittleren und südlichen Afrika, sowie in Südostasien heimisch ist, zum ersten Mal in der westlichen Hemisphäre auftaucht.
    Inzwischen ist auf dem kleinen Punkt auf dem Radar auf Saint Martin eine veritable Epidemie geworden. Es gibt über 180 000 Verdachtsfälle aus der gesamten Karibik, inklusive der Touristenziele Dominikanische Republik und Martinique. Mehrere Fälle werden inzwischen auch aus Cuba, Mexico, anderen mittelamerikanischen Ländern, sowie den USA beschrieben.
    Die Fälle sind bislang durch Touristen oder Geschäftsreisende eingeschleppt worden, Experten warnen jedoch, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis das Virus auch auf dem amerikanischen Festland endemisch wird.
    Chikungunya-Virus Infektionen in der Karibik seit Ende 2013. Quelle: CDC

    Was ist Chikungunya?

    Das Chikungunya Virus ist ein Alphavirus mit einem 11,6 kB großen, einsträngigen RNA-Genom. Das Virus hat die Form eines Ikosaeders und ist etwa 40 nm im groß. Es befällt Fibroblastenzellen und Muskelvorläuferzellen. Eine Infektion mit dem Chikungunya-Virus führt nach einer normalerweise zwei bis dreitägigen Latenzzeit zu Hautausschlag und akuten Fieberschüben, die mehrere Tage anhalten.
    In der Folge klagen infizierte über arthritis-ähnlichen Schmerzen in den Gelenken der Extremitäten, die in Ausnahmefällen mehrere Jahre anhalten können. Es gibt aktuell weder die Möglichkeit, eine Infektion spezifisch zu therapieren, oder einen Impfstoff gegen die Infektion mit dem Virus. Übertragen wird das Chikungunya-Virus von Stechmücken der Gattung Stegomyia (früher: Aedes).
    Die aktuell dokumentierten Chikungunya-Fälle beschränken sich nicht auf Amerika alleine. In Katalonien sind erste Verdachtsfälle aufgetreten, und Frankreich hat 47 Verdachtsfälle, allesamt bislang jedoch vermutlich eingeschleppt durch Aufenthalte in der Karibik.
    Asiatische Tigermücke. Quelle: Wikipedia
    Was muss passieren, dass die Krankheit auch in Europa zur Epidemie wird? Neben dem Einschleppen aus betroffenen Regionen, muss der Überträger endemisch sein, also die Stechmücken, die das Virus übertragen.
    Ein bekannter Überträger von Chikungunya ist die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus. Die Moskitoart wurde 1990 nach Italien gebracht und ist inzwichen im gesamten Mittelmeeraum verbreitet. 2011 wurde die Moskitoart auch in  in Deutschland gesichtet. Im warmen, äußersten Südwesten des Landes.

  • Verrückte Amateurbiologen züchten Killerviren in Garagenlaboren

    Verrückte Amateurbiologen züchten Killerviren in Garagenlaboren

    Am Sonntag erschien in der FAZ online ein aus dem amerikanischen von Volker Stollorz übersetzter Artikel zum Ende des Forschungsmoratoriums an einem Influenzavirus vom Typ A/H5N1. Ein Risikokommunikator nimmt darin Stellung zur Gefahr der Freisetzung des Erregers, zum Beispiel durch einen Unfall oder durch einen dem Wahnsinn anheim gefallenen Wissenschaftler, der an dem Virus forscht.

    Der Risikokommunikator bemängelt, dass keine „echte“ Diskussion in der Zeit des Moratoriums (immerhin ein Jahr) über die Gefährlichkeit des Erregers und die Risiken der Forschung daran geführt wurde. Er führt an, dass das Moratorium die Forschung an gefährlichen Viren nicht sicherer gemacht habe. Peter Sandman, der Autor des Artikels, hat in seinem sicher gut gemeinten Artikel leider weitgehend das Thema verfehlt. Zumindest hat er für eine Biosicherheitedebatte den falschen Aufhänger gewählt.

    Das eigentlich wichtige Ergebnis der Studie war nicht, dass im Labor ein potentiell gefährliches Grippevirus entstanden ist, welches durch Tröpfcheninfektion zwischen Säugetieren übertragen werden kann. Das wichtige Ergebnis war, wie einfach das Virus gefährlich geworden ist: Fünf simple Punktmutationen haben gereicht, dass ein in Vögeln endemisches Virus plötzlich von Frettchen zu Frettchen übertragen werden kann. Punktmutationen kommen in der freien Wildbahn deutlich häufiger vor, verglichen etwa mit dem Entstehen neuer Virenstämme durch Rekombination.

    Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass einige solcher Stämme bereits in ihren Wirten das draußen existieren und nur wenig (Zeit) zur Übertragung auf den Menschen fehlt. Wozu da aber eine freiwillige Forschungspause von einem Jahr gut sein soll, will mit nicht einleuchten. Lars Fischer hat dieses Argument in seinem Blog aufgerollt und kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Moratorium in diesem Fall kontraproduktiv war.

    Doch zurück zum Artikel in der FAZ. Der Autor hat in einem Punkt Recht. Das Moratorium wurde nicht für eine ausführliche Debatte über Biosicherheit genutzt, insbesondere über das sogenannte Dual Use Dilemma. Übersetzt auf die Forschung mit pathogenen Erregern heißt das: In wie weit sollen wissenschaftliche Ergebnisse der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, wenn diese in den falschen Händen dazu benutzt werden können Biowaffen herzustellen?

    Nun, eben jene Debatte fand vor gut einem Jahr schon bei mir im Blog statt. Ich habe damals meine Leser um ihre Meinung gebeten: Was soll mit den H5N1 Daten geschehen? Etwa die Hälfte der 339 abgegeben Stimmen entfiel auf die Option „Publikation mit modifiziertem Ergebnis- und Methodenteil“ – also so, dass die Ergebnisse zwar öffentlich sind, aber gewisse Hürden existieren, die es nicht jedem Labor ermöglichen die Experimente zu wiederholen. Exakt ein Drittel der Teilnehmer der Umfrage stimmten für die Forschungsfreiheit und die Publikation der Manuskripte ohne Einschränkung. Nur 15% waren der Meinung, man sollte von der Publikation gänzlich absehen.

    Weltkarte der Hochsicherheitslabore (S4). Labore in Betrieb sind rot. Eine zoombare Karte gibt es hier.

    Ein weiterer Aspekt, den Sandman in seinem Artikel in der FAZ behandelt, betrifft die generelle Sicherheit der Forschung an gefährlichen Erregern. Leider taugt die aktuelle Diskussion um die Influenzaviren dafür nur bedingt, obwohl es mehrere Medien, die von Killerviren oder Supervirern sprechen, gerne bedrohlich hätten. Die Viren sind einfach nicht gefährlich genug. Nicht einmal die Frettchen, die sich im Labor mit den mutierten H1N1 Viren infizierten, starben.

    Gefährliche Erreger gibt es dennoch wahrlich genug. Ebola, Lassa und Marburg-Viren zum Beispiel verursachen hemorrhagisches Fieber. Eine Ansteckung verläuft fast immer tödlich. Weltweit gibt es nur rund 30 Labore (vier davon in Deutschland) an denen mit solchen Organismen geforscht werden darf. Solche Labore sind komplett abgeschirmt oder gleich in eigenen Gebäuden angesiedelt. Diese Labore der Sicherheitsstufe S4 haben ihr eigenes, geschlossenes Ventilationssystem und drinnen herrscht Unterdruck, so das selbst bei einem Leck nichts entweichen kann. Wissenschaftler, die in solchen Räumen arbeiten, müssen mehrere Schleusen passieren, bevor sie die Räumlichkeiten betreten oder verlassen können und  tragen einen Überdruckanzug im Labor. Hier im Video gibt’s das ganze in Bildern  (ab min. 6:45).

    Man weiß also mit gefährlichen Erregern umzugehen und Laborunfällen ist vorgebeugt. Bleibt einzig die Gefahr des Diebstahls pathogener Keime durch Laborangestellte. Denn die von Sandman beschworenen Amateurbiologen, die in Garagenlaboren Killerviren züchten, die gibt es nur im Film.

    Bild oben: Die Influenzaabteilung in einem Marinehospital in den USA 1918 (NavyMedicine, CC BY 2.0)
  • Mutationen im Influenzavirus: Resistenz gegen Tamiflu und schwere Verläufe der Schweinegrippe

    Erste Meldungen von mutierten Influenzaviren machen die Runde, die mit schweren Krankheitsverläufen in Verbindung gebracht werden. Auch wenn man die Gründe für erhöhte Mutationsraten bei Influenzaviren kennt und feststellen kann, wo diese genetischen Veränderungen auftreten, ist es doch fast unmöglich daraus Vorhersagen abzuleiten.
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  • Gründe gegen die Impfung mit Pandemrix

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    Ab heute soll man sich mit dem Impfstoff Pandemrix beim Arzt gegen Schweinegrippe immunisieren lassen können. Die öffentliche Diskussion ist durch die Gründe gegen eine Impfung sprechen geprägt. Ich habe die Gründe gesammelt und schätze sie hier ein.
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  • 10 000 Euro geboten für Virennachweis

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    Kommentator Josef Birner hat 10 000 Euro geboten für den Nachweis von Viren. Bitte in den Kommentaren ensprechende Links zu Papers posten, ich verwalte das Geld treuhändisch und verteile es dann anteilig.
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