Schlagwort: Postdoc

  • Wie kommt man von der Forschung in die Wissenschaftskommunikation

    Wie kommt man von der Forschung in die Wissenschaftskommunikation

    Ich bin von Rachel Coulthard-Graf vom EMBL interviewt worden. Ich war da früher mal kurz als Postdoc tätig. Rachel hat unser Skype-Telefonat leicht gekürzt und transkribiert. Die Textversion steht auf dem EMBL Careers Blog zum nachlesen.

    Hier eingebunden ist das Video des Interviews. Es geht in unserem Gespräch ganz allgemein um die Karriere jenseits der akademischen Forschung und im Besonderen um meinen Weg vom Postdoc in die Wissenschaftskommunikation.

    00:00 Meine Rolle am NaWik
    01:36 Mein Weg vom Postdoc ans NaWik
    07:22: Networking und sich von anderen unterscheiden
    10:24 Wertebasierter Ansatz beim Wechsel der Karriere
    13:40 Wissenschaftler in der Wissenschaftskommunikation
    15:00 Was mir am meisten am aktuellen Job gefällt
    15:59 Wie mein wissenschaftlicher Hintergrund in meinem aktuelle Job hilft
    18:36 Welche Qualifikationen man für den Job braucht
    20:20 Wie man als Wissenschaftler in die Wissenschaftskommunikation kommt
    26:07 Missverständnisse über den Karrierewechsel und die Akteure der Wissenschaftskommunikation
    28:40 Wo findet man Stellenangebote für die Wissenschaftskommunikation
    30:04 Was jetzt anders ist als früher im Labor
    31:56 Generelle Tipps zum Weg raus aus der Wissenschaft

    Ich gebe ja neben meinem Job am NaWik als freiberuflicher Trainer Karriere-Workshops für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. In den Workshops sammeln wir immer auch Beispiele für Karrierewechsel raus aus der Wissenschaft.

    Schreib mir doch eine Email, wenn du deine Geschichte erzählen willst. Vielleicht machen wir einen Gastbeitrag hier im Blog draus.

  • Wenn eine wissenschaftliche Karriere einem Marathon gleicht, kommen 90% nie am Ziel an

    Wenn eine wissenschaftliche Karriere einem Marathon gleicht, kommen 90% nie am Ziel an

    Vor einiger Zeit habe ich folgenden Satz gelesen: „Eine Karriere in der Wissenschaft ist kein Sprint, sondern ein Marathon”. Klingt oberflächlich richtig. Wer in der Wissenschaft erfolg haben will, muss Scheuklappen anlegen, Gas geben, und vor allem ausdauernd sein.
    Bei einem Volksmarathon kommen im Durchschnitt rund 80% der Starter im Ziel an, und wer ausreichend trainiert, ist wahrscheinlich bei den Finishern dabei. Der Anteil der promovieren Wissenschaftler, die irgendwann mit unbefristetem Arbeitsvertrag ausgestattet in einem akademischen Umfeld arbeiten, ist hingegen lächerlich gering.  8% der Doktoranden haben aktuellen Zahlen aus den USA zur Folge später tatsächlich eine (immer noch befristete) “Tenure-Track” Stelle inne.
    Ungeachtet der miserablen Aussichten auf eine erfolgreiche wissenschaftliche Karriere wertet die Mehrzahl der Doktoranden und Doktorandinnen Forschung oder Lehre innerhalb des akademischen Umfelds dennoch als attraktivsten Karriereweg. Kein Wunder, werden doch laut einer Studie 85% aller Doktoranden in den Biowissenschaften innerhalb ihres beruflichen Umfelds ermutigt, eine wissenschaftliche Karriere anzustreben, anstatt sie realistisch und adäquat auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten.
    Das Missverhältnis zwischen den akademischen Karriereplänen vieler Nachwuchswissenschaftler und der den tatsächlichen Beschäftigungsmöglichkeiten im System, zusammen mit fehlender oder nur rudimentärer Karriereberatung an den Unis und Instituten führt regelmäßig zu großen Frustrationen. Wenn die Erkenntnis reift, dass man trotz harter Arbeit, trotz guter Ideen, trotz jahrelanger Entbehrungen und trotz vieler Publikationen, den Marathonlauf nicht zu Ende bringen wird, stellt sich nicht selten das Gefühl ein, beruflich gescheitert zu sein.
    Es wird Zeit, dass sich die Kultur ändert. Eine Doktorarbeit ist keine Etappe in einem Wettlauf und eine wissenschaftliche Karriere ist kein Marathon mit einem Ziel, das mit großer Wahrscheinlichkeit nie erreicht wird. Wenn nicht einmal jeder zehnte Doktorand langfristig Platz im akademischen System findet, ist die Promotion vielmehr eine qualifizierende Zusatzausbildung für den Arbeitsmarkt außerhalb, als ein Baustein einer wissenschaftlichen Karriere.
    Das muss nicht nur so kommuniziert werden, ich denke, die Institute und Fakultäten haben ob dieser Zahlen dem wissenschaftlichen Nachwuchs gegenüber sogar die Verantwortung, sie aktiv bei der Berufswahl zu unterstützen. Ich weiß, dass es an britischen Universitäten sogenannte “Career Offices” gibt. Wie steht damit in Deutschland? Gibt es unterstützende Maßnahmen für die Karriere außerhalb? Wie sehen diese aus und werden sie angenommen?

  • 13 Gründe für den Postdoc. Mich haben sie von einem Rückfall geheilt.

    Gestern hatte ich einen Rückfall. Den ersten seit zwei Jahren, seit ich nicht mehr als Postdoc arbeite, sondern selbstständig bin. Ich bin eingeladen worden, der Verteidigung einer Doktorarbeit beizuwohnen, mein Funktion ist die des externen Herausforderers. Ich muss mir also die Dissertation des Kandidaten gründlich durchlesen, und mir Fragen überlegen, die ich bei der Disputation stellen kann. Beim Lesen des Ergebnisteils waren sie wieder da, die ganzen Ideen für Projekte, und ich habe den Kick gespürt, den ich bekomme, wenn sich sich eine unerforschte Frage auftut und ich weiß, welche Experimente und Analysen notwendig sind, um den nächsten Schritt zu gehen.
    Ich weiß nicht, warum ich überhaupt zugesagt habe, bei der Disputation dabei zu sein. Aus altruistischen Gründen, oder weil ich einfach noch nie in Tallinn war? Heute morgen war ich jedenfalls wieder geheilt von dem Rückfall. Ich habe mich erinnert, zu welchem Preis man die Kicks der eigenen Ideen einkauft.

    Klick aufs Bild vergrößert die Abbildung. Von the upturned microscope .

  • Academia: Don't believe the hope

    Als kleiner Nachschlag zu meinem gestrigen Artikel über die Probleme in der akademischen Welt, insbesondere in Bezug auf Doktorandinnen und Postdocs, die möglicherweise die Hoffnung treibt, wenn sie nur genug Zeit und Energie investieren, es doch möglich sein sollte, einen Job im akademischen Betrieb zu ergattern.
    Die hier eingebundene Grafik (Klick darauf vergrößert sie) zeigt auf, wo die 16.000 Biologie-Doktorandinnen und Doktoranden, die jedes Jahr in den USA anfangen, sich Jahre später, wieder finden.
    37% aller Promovierenden brechen demnach vor der Doktorprüfung ab. 70% aller Akademiker, die die Promotion abschließen fangen einen Postdoc an. Insgesamt enden weniger als 8% all jener, die eine Promotion anfangen und 15% aller Postdocs auf einer sogenannten Tenure Track Stelle, also einem Job, der eventuell mal in einer unbefristeten Anstellung mündet.
    Infografik: Where will a Biology PhD take you. Quelle: http://www.ascb.org/ascbpost/index.php/compass-points/item/285-where-will-a-biology-phd-take-you
    Das große Problem ist nicht die geringe Anzahl der akademischen Stellen. Es gibt eben nur begrenzt Fördermittel. Es ist das fehlende Interesse des Systems, diejenigen, die darin ausgebildet werden, auf alternative Karrieren vorzubereiten. Wobei der Begriff „Alternative Karriere“ aufgrund der oben dargestellten Zahlenverhältnisse und in Anlehnung an den Vortrag von Gregory Petsko, eigentlich für den akademischen Weg vorbehalten sein sollte.
    Um es mit dem gescheiterten Akademiker und derzeit beliebtesten Nihilisten des Internets zu sagen:
    Academia: Don’t believe the hope.

  • Die Leiden der Jungen Wissenschaftler

    Die Leiden der Jungen Wissenschaftler

    Wenige aktive Wissenschaftler werden behaupten, dass derzeit mit dem akademischen System so weit alles in Ordnung ist. Die Probleme sind vielschichtig. Die prominenteste Kritik bezieht sich aktuell vor allem aber auf das Publikationswesen.
    So hat Nobelpreisträger Randy Scheckman letztes Jahr im Dezember einen Artikel im Guardian publiziert, in dem er Open Access Publishing propagiert und den Impact-Faktor im Allgemeinen sowie den Einfluss der Flagschiff-Journale einflussreicher Verlage, nämlich Cell, Nature und Science, im Besonderen kritisiert.
    Sydney Brenner, ebenfalls Nobelpreisträger, hat in einem kürzlich publizierten Interview eine ähnliche argumentative Richtung eingeschlagen. Er kritisiert darin den Einfluss der Herausgeber der Wissenschaftsmagazine auf das, was publiziert wird und somit wissenschaftliche Trends bestimmt.
    Er warnt in dem Interview vor dem Einfluss des Impact-Faktors auf die Beurteilung der Förderwürdigkeit von Wissenschaftlern und Forschungsprojekten und schlägt damit die Brücke von Problemen mit dem Publikationswesen zu allgemeinen Problemen im akademischen System.
    Brenner stellt fest, dass viele der bahnbrechenden wissenschaftlichen Erfolge der letzten Jahrzehnte heute, bedingt durch Publikationsdruck und dem verlangten Erreichen kurzfristiger Ziele, wohl nicht mehr möglich wären. In einem Nachruf (pdf) auf den vergangenen November verstorbenen zweifachen Nobelpreisträger Frederick Sanger schreibt Brenner:

    „A Fred Sanger would not survive today’s world of science. […] He would be labelled as unproductive, and his modest personal support would be denied. We no longer have a culture that allows individuals to embark on long-term—and what would be considered today extremely risky—projects.“

    Die aktuellen Probleme im System Wissenschaft sind komplex und nicht nur mit einem ungeeigneten oder wenigstens unzureichenden Publikationssystem zu erklären. Die aktuellen Probleme im System Wissenschaft sind auch nicht alleine aus dem Blickwinkel von oben, von Wissenschaftlern, die es geschafft haben, wie die Nobelpreisträger Schekman und Brenner, zu verstehen. Die aktuellen Probleme betreffen vor allem jene, die selbst forschen.
    Die National Academy of Science in den USA hat eine Kommission gegründet, um die Situation der Postdocs in the USA zu untersuchen, also diejenigen Wissenschaftler, die zusammen mit den Doktorandinnen die eigentliche Forschungsarbeit leisten. Die Ergebnisse werden vom Leiter der Kommission, Gregory Petsko, in einem Video zusammen gefasst. Sie treffen auch auf die akademische Welt außerhalb der USA zu.

    Petsko erkennt, dass nur ein Bruchteil der Postdocs tatsächlich Chancen auf eine akademische Karriere haben, gleichzeitig werden die Nachwuchswissenschaftler an den Universitäten und Instituten aber vollkommen unzureichend auf eine Berufstätigkeit außerhalb der akademischen Forschung vorbereitet.

    „The figure [of postdcos continuing an academic career] is much below 20%. We’re fond of saying that we should prepare people for alternative careers without realising that we are the alternative career. […] If we believe as scientists that the people we are training in our labs are being trained for academic careers, we are fooling ourselves and we are doing them a disservice. […] We need to worry about whether we are giving them adequate preparation for careers that are not like the careers that we have.“

    Petsko hat Recht: Der akademische Weg ist zum Standard geworden. Vor allem in den Naturwissenschaften existiert fast ein Automatismus, wonach man an das Studium eine Promotion anschließt, und danach – häufig aus tatsächlichem oder so wahrgenommenen Mangel an Alternativen – mit dem Postdoc weiter macht. Die wissenschaftliche Karriere gleicht einer breiten Straße, die dennoch für über 80% in einer Sackgasse endet.
    Das Überangebot an hochqualifizierten Wissenschaftlern, die um viel zu wenige verfügbare Stellen im akademischen Mittelbau oder als Gruppenleiter oder Nachwuchsprofessor konkurrieren, hat längst zu einem ungesunden und von Frustrationen geprägten Umfeld geführt, in dem die wenigsten noch Spaß an der Forschung haben und psychische Erkrankungen schon normal und akzeptiert sind.

    Bild: Thomas Sahan via flickr CC BY 2.0
  • Meine Krise und ein Kurswechsel

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    Berufliche Krisen sind vielleicht nicht die beste, jedoch hinreichende Bedingungen für Kurswechsel. Auch ich durchlebe eine solche, die sich sich mit der Einsicht zusammenfassen lässt, dass ich nach zehn Jahren Vollgas in der Wissenschaft immer noch keinen festen Boden unter den Füßen spüre und meine beruflichen Perspektiven aktuell nicht über das hinaus gehen, was ich in den letzten fünf Jahren schon als Postdoc gemacht habe. Eine äußerst unbefriedigende Situation.
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  • Entscheiden, aber wie?

    Es gibt eigentlich nur zwei Wege als Postdoktorand an einer akademischen Einrichtung zu enden. Man muss entweder die Wissenschaft sehr lieben und außgesprochen frustrationstolerant sein – oder man ist einigermaßen intelligent, hat aber noch nie bewusst eine Karriereentscheidung getroffen.
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  • Die Rollenverteilung in der Wissenschaft

    Wie sehen Doktoranden die Chefin? Wie fühlen sich Postdocs? Für technische Angestellte gleicht der ganze Betrieb einem Kindergarten. Matus Sotak (@biomatushiq) hat eine witzige und wohl auch wahre Grafik erstellt, die das hierarchische Beziehungsgeflecht im Wissenschaftsbetrieb – illustriert als Matrix-Diagramm.
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  • Gebt den Postdocs eine Karriere

    Vielen Postdocs bleibt hochausgebildet und nach Jahren im Labor nur die Möglichkeit, dem Wissenschaftsbetrieb den Rücken zu kehren. In einer Kolumne in der aktuellen Ausgabe von Nature plädiert Jennifer Rohn für eine Aufstockung der unbefristeten Stellen für Wissenschaftler nach der Promotion. Wie realistisch ist dieses Szenario?
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  • Die prekären Arbeitsverhältnisse der Wissenschaftler

    Ich bin von einer Journalistin angeschrieben worden. Sie recherchiert für einen Beitrag die „mitunter prekären Arbeitsverhältnisse“ der Wissenschaftler. Hier ihre Anfrage im Wortlaut und meine doch recht düster ausgefallene Antwort. Ist es tatsächlich so schlimm wie es klingt oder ist das nur Jammern auf hohem Niveau? Ich wäre für relativierende oder bestätigende Kommentare unten dankbar und würde mich über Anekdoten aus dem eigenen Wissenschaftsalltag freuen.
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