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  • Was passiert, wenn der SPD Mitgliederentscheid scheitert?

    Das geflügelte Wort „Mehr Demokratie wagen” stammt von Willy Brandt und ist aus der Regierungserklärung der Sozialliberalen Koalition von 1969. Ob die SPD sich dessen entsonnen hat, oder ob die Sozialdemokraten versuchen nach dem Vorbild der Piratenpartei die innerparteilichen Demokratie zu stärken, der aktuelle Mitgliederentscheid über die Annahme des mit der Union ausgehandelten Koalitionsvertrags ist in jedem Fall ein Novum.
    Obwohl der Parteichef Gabriel bei den Jusos mit der Werbung für Zustimmung zu dem Koalitionsvertrag gescheitert ist, wird von den Parteioberen doch mit einem klaren “Ja” der Basis gerechnet. Bindend ist der Mitgliederentscheid über die Annahme des Koalitionsvertrags jedenfalls nicht, was freilich so direkt nicht kommuniziert wird.
    Falls er wider erwarten aber dennoch scheitert, sind verschiedene Szenarien denkbar: Wahrscheinlich ist ein Rücktritt der aktuellen SPD Führungsriege. Frau Nahles hat dies zumindest zwischen den Zeilen angekündigt.
    Ob dann in letzter Konsequenz Koalitionsverhandlungen mit den Linken und den Grünen aufgenommen werden, oder es gar zu Neuwahlen kommt, ist fraglich. Wahrscheinlicher sind meiner Meinung nach Nachverhandlungen des Koalitionsvertrags mit der Union, der dann vermutlich ohne weitere Abstimmung mit der Basis abgezeichnet würde.
    Warum geht die SPD überhaupt das Risiko einer Mitgliederabstimmung ein? Ich denke, das hat hauptsächlich drei Gründe:
    In erster Linie geht es um die Legitimierung der eigenen Politik an der Basis und es dient der internen Positionsbestimmung. Wie weit links ist die SPD? Das Ergebnis der Abstimmung wird es zeigen.
    Die Abstimmung und die damit verbundene Übertragung von Verantwortung an die Basis gibt der Führung der SPD außerdem ein starkes Argument gegenüber zukünftige Kritik aus den eigenen Reihen an die Hand.
    Nicht zuletzt geht es darum, durch das direkte Mitspracherecht der Basis zu kommuniziere, dass die SPD sie ernst nimmt. Die SPD hat innerhalb der letzten 20 Jahre immerhin fast die Hälfte ihrer Mitglieder verloren, aktuell sind es noch 477 000. Eine bessere Bindung der eigenen Mitglieder an die Partei kann da nicht schaden.
    Ich denke, der Mitgliederentscheid birgt berechenbare Risiken und ist in geschickter, parteipolitischer Schachzug. Mich würde vor allem interessieren, wer innerhalb der SPD eigentlich auf die Idee kam.

  • Die Top 5 Wahlwerbespots aller Zeiten

    Für mich sind Bundestags- Landtags- und Europawahlen immer großes Kino, das im manischen Hin-und Herschalten zwischen den Fernsehkanälen gipfelt, in denen ab 18:00 Uhr -nach Schließen der Wahllokale – die ersten Prognosen und dann die Hochrechnungen verkündet werden.
    Aber schon in den Wochen vor der Wahl wird die Spannung für das große Ereignis durch die allabendlich an prominenter Stelle ausgestrahlten Wahlwerbespots aufgebaut. Die Qualität der Wahlwerbung der unterschiedlichen Parteien ist, gelinde gesagt, inhomogen. Je nach Budget und beauftragter PR-Agentur sind die Spots gut gemacht, nichtssagend, liebenswert-dilletantisch oder nicht zum Aushalten.
    Dieses Jahr wurde die FDP mit ihrem Spot ja bereits mit Spot und Häme überzogen. Wie bei den Liberalen war im Werbevideo der NPD und in der Werbung für Quark einer finnischen Agentur die gleiche fahrradfahrende Familie zu sehen. Viel Potential zum Fremdschämen haben auch Spots von Spartenparteien aus den neunziger Jahren. Einige dieser Perlen sind auf Youtube zu finden und hier verlinkt. Mangelhafte Qualität der Videos bitte ich zu entschuldigen:

    •  PDS 1994 (Die rechte Kabine ist übrigens frauenfeindlich)
    • APPD 1998 (Besserer Verkehr mit der Allgemeinen Pogopartei Deutschlands)
    • Naturgesetzpartei 1999 (Leider fehlen die yogischen Flieger)
    • ÖDP 2002 (Über Mobilfunkstrahlung)
    • PBC 2002 (Kinder sind wie Koffer)

    Klar ist, die Wahlwerbespots dienen der Orientierung der Wähler; sie sollen die politischen Botschaften und Pläne der Parteien verständlich erklären. Ganz unabhängig von der Qualität der Wahlwerbung ist die hier eingebundene Rede des MdB Karl-Heinz Stiegler in ihrer programmatischen Aussagekraft und Deutlichkeit jedoch weiter unübertroffen. Ein wahrer Meilenstein deutscher Politik und Vorbild für Generationen Politiker.

    Eigentlich sind Wahlwerbespots im Fernsehen aber ein Atavismus. Längst bestimmen die Wähler anhand von Umfragetools wie dem Wahl-O-Mat welche Partei den eigenen, vorgefertigten Meinungen am nächsten kommt. Was vordergründig für Wähler entweder eine nette Spielerei ist, oder nützliche Hilfe bei der Orientierung in der Parteienlandschaft bietet, liefert den Machern (für den Wahl-O-Mat ist die Bundeszentral für politische Bildung verantwortlich) interessante statistische Daten über die politischen Meinungen und Ansichten der Nutzer.
    Der Wahl-O-Mat ist das bekannteste Tool zum Abgleich der eigenen Einstellungen mit jener der Parteien. Es gibt jedoch auch Alternativen: Der Parteinavi der Uni Konstanz erlaubt eine differenziertere Meinungsäußerung, der Bundeswahlkompass, an dem die Uni Bamberg beteiligt ist, formuliert die Fragen besser. Bei mir kamen alle drei übrigens zu jeweils ähnlichen Wahlempfehlungen.