Schlagwort: Open Access

  • Die Leiden der Jungen Wissenschaftler

    Die Leiden der Jungen Wissenschaftler

    Wenige aktive Wissenschaftler werden behaupten, dass derzeit mit dem akademischen System so weit alles in Ordnung ist. Die Probleme sind vielschichtig. Die prominenteste Kritik bezieht sich aktuell vor allem aber auf das Publikationswesen.
    So hat Nobelpreisträger Randy Scheckman letztes Jahr im Dezember einen Artikel im Guardian publiziert, in dem er Open Access Publishing propagiert und den Impact-Faktor im Allgemeinen sowie den Einfluss der Flagschiff-Journale einflussreicher Verlage, nämlich Cell, Nature und Science, im Besonderen kritisiert.
    Sydney Brenner, ebenfalls Nobelpreisträger, hat in einem kürzlich publizierten Interview eine ähnliche argumentative Richtung eingeschlagen. Er kritisiert darin den Einfluss der Herausgeber der Wissenschaftsmagazine auf das, was publiziert wird und somit wissenschaftliche Trends bestimmt.
    Er warnt in dem Interview vor dem Einfluss des Impact-Faktors auf die Beurteilung der Förderwürdigkeit von Wissenschaftlern und Forschungsprojekten und schlägt damit die Brücke von Problemen mit dem Publikationswesen zu allgemeinen Problemen im akademischen System.
    Brenner stellt fest, dass viele der bahnbrechenden wissenschaftlichen Erfolge der letzten Jahrzehnte heute, bedingt durch Publikationsdruck und dem verlangten Erreichen kurzfristiger Ziele, wohl nicht mehr möglich wären. In einem Nachruf (pdf) auf den vergangenen November verstorbenen zweifachen Nobelpreisträger Frederick Sanger schreibt Brenner:

    „A Fred Sanger would not survive today’s world of science. […] He would be labelled as unproductive, and his modest personal support would be denied. We no longer have a culture that allows individuals to embark on long-term—and what would be considered today extremely risky—projects.“

    Die aktuellen Probleme im System Wissenschaft sind komplex und nicht nur mit einem ungeeigneten oder wenigstens unzureichenden Publikationssystem zu erklären. Die aktuellen Probleme im System Wissenschaft sind auch nicht alleine aus dem Blickwinkel von oben, von Wissenschaftlern, die es geschafft haben, wie die Nobelpreisträger Schekman und Brenner, zu verstehen. Die aktuellen Probleme betreffen vor allem jene, die selbst forschen.
    Die National Academy of Science in den USA hat eine Kommission gegründet, um die Situation der Postdocs in the USA zu untersuchen, also diejenigen Wissenschaftler, die zusammen mit den Doktorandinnen die eigentliche Forschungsarbeit leisten. Die Ergebnisse werden vom Leiter der Kommission, Gregory Petsko, in einem Video zusammen gefasst. Sie treffen auch auf die akademische Welt außerhalb der USA zu.

    Petsko erkennt, dass nur ein Bruchteil der Postdocs tatsächlich Chancen auf eine akademische Karriere haben, gleichzeitig werden die Nachwuchswissenschaftler an den Universitäten und Instituten aber vollkommen unzureichend auf eine Berufstätigkeit außerhalb der akademischen Forschung vorbereitet.

    „The figure [of postdcos continuing an academic career] is much below 20%. We’re fond of saying that we should prepare people for alternative careers without realising that we are the alternative career. […] If we believe as scientists that the people we are training in our labs are being trained for academic careers, we are fooling ourselves and we are doing them a disservice. […] We need to worry about whether we are giving them adequate preparation for careers that are not like the careers that we have.“

    Petsko hat Recht: Der akademische Weg ist zum Standard geworden. Vor allem in den Naturwissenschaften existiert fast ein Automatismus, wonach man an das Studium eine Promotion anschließt, und danach – häufig aus tatsächlichem oder so wahrgenommenen Mangel an Alternativen – mit dem Postdoc weiter macht. Die wissenschaftliche Karriere gleicht einer breiten Straße, die dennoch für über 80% in einer Sackgasse endet.
    Das Überangebot an hochqualifizierten Wissenschaftlern, die um viel zu wenige verfügbare Stellen im akademischen Mittelbau oder als Gruppenleiter oder Nachwuchsprofessor konkurrieren, hat längst zu einem ungesunden und von Frustrationen geprägten Umfeld geführt, in dem die wenigsten noch Spaß an der Forschung haben und psychische Erkrankungen schon normal und akzeptiert sind.

    Bild: Thomas Sahan via flickr CC BY 2.0
  • Wer es sich leisten kann. Randy Schekman gegen den Impact Factor und über Open-Access-Publishing

    Heute findet die diesjährige Preisverleihung der Nobelpreise statt. Ab kurz vor eins sollte hier der die Liveübertragung der Vergabe des Friedensnobelpreises in Oslo zu sehen sein und ab zwanzig nach vier sollten dann auch die Naturwissenschaftler in Stockholm ihre Medaillen und Urkunden entgegen nehmen dürfen.

    Einer der diesjährigen Preisträger ist Randy Schekman, der zusammen mit James Rothman und Thomas Südhof den Preis für Physiologie und Medizin bekommt, und zwar für die Aufklärung der zellulären Sekretionswege und Vesikeltransport. Auf Englisch heißt das so:
    „for their discoveries of machinery regulating vesicle traffic, a major transport system in our cells.

    Hier ist der Link zu Scheckmans 54 minütigem Vortrag den er am 7.12. am Karolinska-Institut hielt. Für diejenigen, die sich näher mit der Thematik befassen wollen oder einen historischen Überblick über das Feld bekommen möchten.
    Wissenschaftler stehen ja nur selten im öffentlichen Rampenlicht. Die Verleihung der Nobelpreise ist jedoch eine der Ausnahmen und Randy Schekman nutzt die momentane Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird, um in einem Artikel im Guardian Open Access zu propagieren und explizit die von ihm so gekannten Luxusmagazine Cell, Nature und Science, sowie den Impact Factor im Allgemeinen zu kritisieren. Insbesondere geht es ihm um den negativen Einfluss, den die hochselektiven Magazine auf den generellen Wissenschaftsbetrieb haben:

    Luxury-journal editors […] accept papers that will make waves because they explore sexy subjects or make challenging claims. This influences the science that scientists do. It builds bubbles in fashionable fields where researchers can make the bold claims these journals want, while discouraging other important work […].

    Scheckman erklärt weiter, wie Open-Access Magazine (wie das von ihm co-herausgegebene eLife Journal) den kostenfreien Zugang zu wissenschaftlichen Literatur erlauben und unter Einhaltung aller notwendigen Qualitätskriterien fairer publizieren, da sie eine größere Anzahl an Artikeln veröffentlichen können als die Luxusmagazine und nicht auf Abonnenteneinnahmen angewiesen sind.
    Obwohl aktuell bereits etwa 20% der biomedizinischen Fachliteratur frei zugänglich sind, vollzieht sich der Kurswechsel hin zu offenen Modellen zu langsam – und stößt an Grenzen.  Ein Artikel in einem „Luxusmagazin“ wird in den Köpfen der Wissenschaftler immer noch mit hoher Qualität gleichgesetzt. Einer aktuellen Umfrage der Nature Publishing Group zur Folge, sind es demnach  immer noch das Prestige des Magazins, sowie der Impactfaktor, die neben der fachlichen Relevanz entscheiden, an welches Magazin das eigene Manuskript geschickt wird.
    Weiter werden in den Auswahlkriterien der Forschungfinanzierer und der Berufungskommissionen viel Wert auf Publikationen in Luxusmagazinen gelegt. Ein Erstautorenpaper in Cell, Nature oder Science ist in meiner Erfahrung immer noch fast so etwas wie eine Garantie für das berufliche Weiterkommen auf der akademischen Karriereleiter. Es zählt der Name mehr als die Inhalte.
    Es ist daher leider immer noch eine Luxusposition, die der Nobelpreisträger Schekman einnimmt, wenn er sagt, dass sein Labor die Luxusmagazine boykottiere und seine Mitarbeiter ihre Manuskripte woanders einreichen würden. Es ist eine Luxusposition, die ihm nach 46 eigenen Artikeln in Cell, Nature und Science nichts mehr anhaben wird, die einigen Postdocs in seinem Labor aber die Karriere kosten kann.

  • Die Open-Access Annotierung des EHEC-Genoms

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    Marina Manrique ist Bioinformatikerin. Sie beschäftigt sich mit der Analyse (der Annotierung) bakterieller Genomsequenzen und sie ist aktiv an einem Crowdsourcing-Projekt beteiligt, das mit der Auswertung der EHEC-Sequenzen beschäftigt ist. Das meiste was man bislang über den pathogenen E. coli Stamm weiß, entstammt diesem Projekt. Hier ein Interview mit Marina.
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  • Warum kleine Journals ohne Open Access untergehen

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    Beim Schreiben eines Übersichtsartikels ist mir aufgefallen, warum kleine Journals sich selbst schaden, wenn sie dort publizierte Artikel nicht öffentlich zugänglich machen (Open Access). Was nicht leicht zugänglich ist, wird weniger zitiert und verringert so den wichtigen Impact Factor.
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  • Nature meint: Wissenschaft bloggen ist gut

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    Nature wirbt im Leitartikel der aktuellen Ausgabe fürs Bloggen. Ein weiteres Indiz dafür, dass Blogs ernst genommen werden und sich als alternatives Mittel der Wissenschaftskommunikation etablieren. Für Blogposts über wissenschaftliche Veröffentlichungen gibt es seit sechs Monaten ResearchBlogging auf Deutsch.
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  • Geknebelt und gefesselt auf den Schultern von Giganten

    Für Blogger ist der freie Zugang zu wissenschaftlicher Literatur eine tolle Sache. Zwei Mausklicks entfernt sind Forschungsartikel, an denen Wissenschaftler manchmal Jahre gearbeitet haben, und alles ist umsonst zu haben. Generell wird insbesondere in den Lebens- und Naturwissenschaften über die letzten Jahre intensiv diskutiert, wie der Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und Informationen in digitalen Zeiten reguliert werden soll.
    Freier Zugang zu steuerfinanzierten Forschungsergebnisen oder unbedingter urheberrechtlicher Schutz? Sebastian Krujatz vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht in München erörtert hier in einem Gastbeitrag das angespannte Verhältnis zwischen Open Access (OA) und Urheberrecht.
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  • PLoS and the future of publishing – as framed by Nature

    In einem Nature Artikel der vergangenen Woche wurde der Rivale PLoS hart angegangen. Nature behauptet, PLoS (sieben unterschiedliche Journals werden von PLoS ausschliesslich open-access verlegt) würde ihr Konzept damit finanzieren, dass sie Artikel niederer Qualität ohne ausreichenden peer-review Prozess für einige Magazine akzeptieren, um mit Hilfe der so eingesammelten Publicationfees ihre Flagship – Journals PLoS Biology und PLoS Medicine, finanzieren zu können.

    Einen guten Überblick über die Blogreaktionen zu der Debatte auf der ScienceBlogs.com Schwesterseite bietet Bora Zivkovic, Online Community Manager des kritisierten PLoS Jounrnals, hier auf seinem Blog around the Clock.

    Mein Kollege Anders Norgaard liest viel auf ScieceBlogs.com, und hat einen besseren Überblick über die Debatte als ich. Er findet, dass Nature mit der Debatte eigentlich aussagen möchte, dass es für profitable high-profile Journals nur ein gutes Konzept gibt, nämlich das von Nature. Er ist damit nicht einverstanden:
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