Schlagwort: Masern

  • Impfpflicht gegen Masern ja oder nein?

    Impfpflicht gegen Masern ja oder nein?

    Der vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland herausgegebene Versorgungsatlas liefert besorgniserregende Zahlen zur Masernimpfung in Deutschland:

    Auf Basis der bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Jahre 2008 bis 2010 kann gezeigt werden, dass insgesamt 85,8% der Kinder bis zu einem Alter von zwei Jahren mindestens eine Masernimpfung erhalten haben; 69,4% im von der STIKO empfohlenen Zeitraum (9-14 Monate). […] Die zweite Masernimpfung, welche dazu dient, Impflücken, die auf einem Versagen der ersten Impfung beruhen, zu schließen, erhalten im Bundesdurchschnitt nur noch 62,0% der beobachteten Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres, 44,3% im von der STIKO empfohlenen Alter von 15-23 Monaten.

    Im Bundesdurchschnitt sind weniger als zwei Drittel aller zweijährigen gegen Masern geimpft und selbst später, durch Nachuntersuchungen belegt, beträgt die Impfhäufigkeit nur rund 70%. Angestrebt werden 95% für eine wirksame Herdenimmunität.
    Bei Betrachtung der lokal aufgeschlüsselten Daten fällt vor allem eine regional unterschiedliche Verteilung der Impfhäufigkeit auf. Im Süden der Republik ist sie eindeutig niedriger (Karte oben). Interessant sind auch die großen Schwankungen auf Kreisebene. So beträgt die Häufigkeit der ersten Impfung im Kreis Landau in der Pfalz nur rund 70%, wohingegen im gerade 60 km entfernten Kreis Zweibrücken fast 95% erreicht werden. In Bayern sind die Unterschiede zwischen dem Kreis Hof (94%) und Rosenheim (61%) noch drastischer.
    Verteilung der Impfhäufigkeiten in Kreisen nach Bundesländern. Ausreißer sind gesondert aufgeführt. Die Kürzel der X-Achse stehen für die Bundesländer.
     
    Die jetzt publizierte Studie gibt stimmt einerseits mit der Feststellung in meinem kürzlich hier publizierten Artikel über ideologische Impfgegner überein. Es sind vornehmlich sozioökonomisch höher gestellte Schichten, in denen die Impfung am ehesten abgelehnt wird, sprich: Das Bildungsbürgertum.
    Bei den starken Schwankungen der Impfhäufigkeit auf Kreisebene müssen aber noch andere Faktoren als die Bildung der Eltern eine Rolle spielen. Laut dem Bericht des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung sind es vor allem die Kinderärzte und Hebammen, die einen Einfluss auf die Impfentscheidung der Eltern haben. Das ZI schreibt:

    Sind zum Beispiel auch Heilpraktiker oder Naturheilkundler an der Impfentscheidung beteiligt, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Masernimpfung um 50%, wobei Kinder, deren Eltern grundsätzlich bei Homöopathen Rat suchen, zusätzlich geringere Chancen haben, (frühzeitig) gegen Masern geimpft zu werden. […] Da in den Kreisen eine unterschiedliche Rate an impfkritischen Ärzten, Hebammen und/oder Heilpraktiker bzw. Naturheilkundler vorhanden ist, könnte dieser Faktor auch einen Teil der Heterogenität der Impfquoten erklären.

    Erwiesen ist, dass die Masern eine gefährliche Infektionskrankheit mit potentiell schwerwiegenden akuten und langfristigen Folgen ist. Die Wahrscheinlichkeit direkt an Masern zu sterben liegt etwa bei 1:1000-1:3000. Aktuelle Zahlen aus Deutschland geben die Wahrscheinlichkeit als Masernspätfolge an einer immer tödlich verlaufender Entzündung des Gehirns, der subakuten sklerosierenden Panenzephalitis, zu erkranken mit 1:1700-1:3300 an.
    Mögliche Nebenwirkungen der Impfung, wie eine Rötung der Einstichstelle und in manchen Fällen leichtes Fieber, stehen dazu in keinerlei Verhältnis.
    Die öffentliche Wahrnehmung sieht hingegen anders aus. Eine Elternbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2011 ergab, dass 35% der befragten Eltern Schutzimpfungen generell kritisch gegenüber stehen und nur 61% der befragten Eltern Masern für eine (sehr) gefährliche Krankheit halten. Fast die Hälfte der Eltern habe bereits einmal auf eine Impfung ihres Kindes verzichtet, weil sie die Impfung entweder für nicht notwendig hielten (18%), sie die Befürchtung hatten, dass ihr Kind körperlich zu stark zu belasten (15%) oder sie Angst vor Nebenwirkungen der Impfung hatten (14%).
    Ist es wirksamer und besser zu versuchen über Aufklärung der Eltern eine höhere Durchimpfung zu erzielen? Soll bei den Ärzten und Hebammen angesetzt werden? Oder ist doch eine Impfpflicht für Masern notwendig? Und wenn ja, wie sollte diese umgesetzt werden?

    Link zum kompletten Bericht Masernimpfung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (.pdf), aus dem die obige Abbildung entnommen ist.
  • Ideologische Impfgegner verschulden Masern in München und Berlin

    Ideologische Impfgegner verschulden Masern in München und Berlin

    Die bislang dieses Jahr gemeldeten Masernfälle in Deutschland übertreffen bereits jetzt die an das Robert Koch Institut (RKI) übermittelten Erkrankungen des gesamten Vorjahres um ein Vielfaches. In den ersten sechs Monaten 2013 waren es 942 Fälle, im Jahr 2012 insgesamt 166 Fälle. Masern sind gefährlich und hochgradig ansteckend und keineswegs „nur“ eine triviale Kinderkrankheit. Laut RKI sind fast die Hälfte der 2013 gemeldeten Patienten 20 Jahre und älter und über ein Drittel der dokumentierten Fälle wurden im Krankenhaus behandelt. Die allermeisten Fälle traten in Berlin und im Großraum München auf.
    Nach Einführung des Impfstoffs sind die Masernfälle in den USA drastisch zurück gegangen. Quelle: Wikipedia.
    Masern kann nicht wirksam therapiert werden, aber einer Erkrankung kann durch Impfung sehr wirksam vorgebeugt werden. Seit den frühen siebziger Jahren wird in Deutschland eine Kombi-Impfung (Masern, Mumps, Röteln) hierfür eingesetzt. Es ist erklärtes Ziel der WHO, die Masern, ähnlich den Pocken, auszurotten. Ganz so erfolgreich ist die Impfkampagne gegen Masern jedoch nicht, und so kommt es zum gelegentlichen Aufflammen von Masernerkrankungen – in Deutschland zum Beispiel 2006 oder 2011.
    In Europa ist es zum einen Impfmüdigkeit, aber auch ideologisch geprägte Impfgegner, die verhindert, dass die Masern verschwinden. In einem aktuellen Artikel in der tz München wird der Frage nachgegangen, warum gerade in der bayerischen Landeshauptstadt aktuell so viele Fälle auftreten. Dazu wird der Leiter des Infektionsschutzes der Stadt mit den Worten zitiert, dass Impfgegner häufig im gut situierten Bildungsbürgertum vorkämen. Dort sind also jene Eltern, die alles richtig machen wollen und sich dennoch bewusst gegen eine Impfung entscheiden.
    Ist es die Angst vor Komplikationen und Nebenwirkungen? Ist es die erwiesenermaßen unbegründete Furcht vor langfristigen Folgen der Impfung, sogenannten „Impfschäden“? Spielt die inzwischen klar widerlegte und komplett zurück gezogene Studie von Andrew Wakefield eine Rolle, in der die MMR Impfung ursächlich mit Autismus in Verbindung gebracht wurde? Oder ist es einfach nur eine Konsequenz des Lebensgefühls des gut situierten Bildungsbürgertums: Biolebensmittel, Naturheilkunde, Homöopathie und andere „alternative“ Medizin, dazu etwas esoterisch angehaucht, natürlich pharmakritisch und gegen Chemie?
    Ich weiß es nicht. Ich habe jedoch Hoffnung, dass Aufklärung in diesen Kreisen noch hilft. Jegliche Hoffnung aufgegeben habe ich jedoch bei den Anthroposophen, an deren Waldorfschulen regelmäßig Ausbrüche der Masern dokumentiert werden.
    In einem aktuellen Merkblatt der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland wird suggeriert, es gäbe keine verlässlichen Studien zur Sicherheit und Effektivität einer Masernimpfung. Unter der Überschrift „Welchen Sinn kann es haben, dass ein Kind Masern bekommt?“ Erklären die anthroposophischen Ärzte, dass Masern oft mit einer tiefgreifenden Reifung des Kindes einhergehe. Den entscheidenden Abschnitt aus dem Merkblatt zur anthroposophischen Medizin möchte ich hier ungekürzt wiedergeben:

    Einen weiteren Gesichtspunkt zur Sinnhaftigkeit einer Masernerkrankung gibt die Anthroposophische Medizin. Sie zieht die geistig-seelische Individualität des Kindes als eigenständige, nicht von den Eltern abstammende Realität in Betracht. Diese muss und will den von den Eltern ererbten Leib individualisieren. Im Rahmen akutentzündlicher, hochfieberhafter Erkrankungen kann dies in besonderem Maße gelingen, da es dabei zu einem starken Abbau und eigenständigen Neuaufbau leiblicher Strukturen kommt. Im Fieber, in der selbst gebildeten Wärme, ist aus dieser Sicht die geistig-seelische Individualität des Kindes in gesteigertem Maße leiblich tätig. Durch das Fieber überwindet das Kind nicht nur die Maserninfektion, sondern individualisiert dabei seinen Organismus. So kann die Regulation des Immunsystems dabei ausreifen, die jeder Mensch individuell erlernen und erwerben muss. Mit der Abheilung des Ausschlags, der Bindehaut- und Atem- wegsentzündung bildet das Kind neue, stabilere Leibesgrenzen aus. – Allergien entstehen, wenn der kindliche Lernprozess des Immunsystems ungenügend erfolgt oder gestört wird. Sie verlaufen typischerweise ohne Fieber und gehen mit chronisch-entzündlichen Hautausschlägen oder Entzündungen der Schleimhäute einher. Allergien werden dort häufiger, wo akut entzündliche Erkrankungen stärker unterdrückt und zurückgedrängt werden.

    Mir bleibt da die Spucke weg.

    Bild oben weltweiter Durchimpfungsraten für Masern (Quelle: Wikipedia)
  • Mail von einem Anthroposophen

    Eine tiefenpsychologische Analyse und unhaltbare Anschuldingungen eines gekränkten Anthroposophen. Meine Antwort darauf und aktuelles zur Masernepidemie.
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  • Masernepidemie durch Anthroposophie

    In Österreich kommt es aktuell zu einer Masernepidemie. In den letzten drei Wochen wurden alleine im Raum Salzburg 178 aktuelle Fälle gemeldet (zum Vergleich: In ganz Deutschland im Jahr 2007: 567)
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