Für die meisten Menschen, die regelmäßig die ScienceBlogs lesen klingt es trivial: Wer, wie, wo über Wissenschaft berichtet, hat sich in den letzten Jahren verändert. Zeitungsberichte, Fernsehreportagen, Radiointerviews und der Tag der offenen Tür wurden durch Blogs, soziale Medien, online Foren, Podcasts, selbst produzierte Videos, Science Slams, und so weiter ergänzt und erweitert.
Die veränderte Medienlandschaft bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, über Artikel in Fachpublikationen hinaus, direkt an der Kommunikation über Wissenschaft teil zu nehmen und somit die Wahrnehmung der Wissenschaft im Allgemeinen und die der eigenen Person und Forschung im Speziellen zu beeinflussen.
Der NaWik Pfeil vereint wesentliche Elemente der Wissenschaftskommunikation. Quelle: NaWik
Nicht alle Wissenschaftler haben die Chancen, die sich dadurch bieten erkannt, oder eine Antwort auf die Frage, warum man als Wissenschaftler überhaupt von den verfügbaren Medien Gebrauch machen und kommunizieren sollte.
Jene Frage, auf die es, vielleicht wenig überraschend, keine allgemeingültige Antwort gibt, wird zentral in den Seminaren des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik) behandelt.
Ganz egal, ob die Kommunikation primär der Förderung der eigenen Reputation dienen soll, ob es einfach aus Spaß an der Weitergabe des eigenen Wissens geschieht, oder man sich der Gesellschaft gegenüber verpflichtet fühlt, die als Gesamtheit der Steuerzahler ja häufig die eigene Forschung finanziert: Das NaWik bietet Wissenschaftlern in Seminaren die Möglichkeit die Werkzeuge effektiver Kommunikation zu lernen und mit neuen wie traditionellen Medien professionell umzugehen.
Was sich wie ein Absatz aus einem Werbeprospekt für das NaWik anhört, hat genau diesen Hintergrund: Ich bin seit kurzem Dozent am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation und biete zusammen mit meinen Kollegen eben solche Seminare an.
Meistens werden diese Veranstaltungen von Unis und wissenschaftlichen Einrichtungen für ihre Mitarbeiter direkt gebucht. Aufgrund zahlreicher Nachfragen bieten wir aktuell drei offene Seminare in unseren Räumen in Karlsruhe an: „Verständlich Schreiben“ mit Klaus Wingen, „Verständlich Präsentieren“ mit Kristin Raabe und ein Seminar zu „Wissenschaft Online und in Sozialen Medien“ mit mir als Dozent.
Es sind übrigens noch ein paar Plätze offen in den Seminaren. Hier gibts mehr Informationen zu den Seminaren und auch einen Link zur Anmeldung!
Monat: Mai 2015
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Mein neuer Job als Dozent und eine Einladung zum Seminar über Wissenschaftskommunikation
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Wie Big Biotech die Hepatitis C Therapie revolutioniert
Ich erinnere mich noch sehr gut an das Therapietagebuch von Jörg Böckem auf Spiegel Online. Herr Böckem ist Journalist und ex-Junkie. Er war mit dem Hepatitis C Virus (HCV) infiziert und unterzog sich von 2006 bis 2007 einer antiviralen Behandlung, die ihn heilte. Er dokumentierte die Therapie inklusive der fürchterlichen Nebenwirkungen in regelmäßigen Kolumnen auf Spiegel Online. Ich las damals jeden seiner Einträge im Therapietagebuch, vor allem weil mir Böckems offener, ehrlicher Stil gefiel, und zum Teil wahrscheinlich auch aus Voyeurismus.
Seine Hepatitis C wurde mit einer Kombination aus dem Nukeleosidanalogon Ribavirin, das virostatisch wirkt, und einem PEGylierten (und damit retardiert wirkendem) Interferon behandelt. Jörg Böckem war mit dem Genotyp 1 des Hepatitis C Virus infiziert und hatte Glück zu jener Hälfte der Patienten zu gehören, die nach Abschluss der einjährigen Therapie virenfrei waren.
Hepatitis C ist keine seltene Krankheit. Es wird davon ausgegangen, dass weltweit bis zu 200 Millionen Menschen infiziert sind. In Georgien sind mindestens 7% der Bevölkerung HCV-Positiv und in den USA sterben inzwischen mehr Menschen an den Folgen einer Hepatitis C Infektion als an AIDS.
Seit Jörg Böckems interferongeschwängertem Tagebuch voller Horrorstories der Nebenwirkungen der Medikamente, fand eine Biotechrevolution bei der Hepatitis C Therapie statt.
Das von Gilead Sciences entwickelte und erst seit kurzem zugelassene Kombipräparat Harvoni® kann oral eingenommen und muss nicht mehr injiziert werden. Die Nebenwirkungen sind im Gegensatz zur interferonbasierten Therapie äußerst mild. Die Therpiedauer ist von einem Jahr auf zwei bis drei Monate verkürzt und vor allem: Während die interferonbasierte Therapie nur bei der Hälfte der Träger des Hepatitis C Virus Genotyp 1 anschlägt, wirkt Harvoni® bei über 95%, je nach Studie bis 99% der Infizierten.
Harvoni® besteht aus einem spezifischen Inhibitor der RNA-Polymerase (Sofosbuvir) und einem Inhibitor des NS5A Proteins des Hepatitis C Virus (Ledipasvir). Sofosbuvir (Sovaldi®) wird auch alleine bei der Hepatitis C Therapie eingesetzt.
Andere Unternehmen wie AbbVie (Viekira Pak®), Bristol Myers Squibb und Merck USA ziehen mit ähnlichen Präparaten nach und haben die Zulassung Ihrer Hepatitis C Medikamente entweder beantragt oder bereits erhalten. Harvoni® wirkt auch bei Infektionen mit anderen Hepatitis C Genotypen zu über 90% und wird zur Therapie vorgeschlagen.
Die Kosten des Fortschritts
Klingt fast zu gut um war zu sein? Spätestens bei den Kosten der neuen Hepatitis C Medikamente schlucken Krankenkassen, Gesundheitspolitiker und Mitblogger Joseph Kuhn. Die Harvoni-Therapie schlägt in den USA mit umgerechnet über 1000 Euro zu Buche – pro Pille. Das sind fast 85 000 Euro für eine zwölfwöchige Behandlung.
Wie sind diese Kosten zu rechtfertigen? Aus Sicht der Pharmaunternehmen sind es neben dem Ziel natürlich Gewinn machen zu wollen, die hohen Forschungs- und Entwicklungsausgaben, die durch Verkäufe erfolgreicher Medikamente wieder eingespielt werden müssen. Außerdem würden durch die medikamentöse Behandlung hohe Folgekosten für die Gesundheitssysteme vermieden, beispielsweise durch nun nicht mehr notwendige Lebertransplantationen nach Zirrhosen.
Tatsache ist, dass die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller selten den realen Marktpreisen entsprechen und zum Teil deutliche Preisnachlässe ausgehandelt werden. Für die Märkte in Schwellenländern werden außerdem Lizenzen an Unternehmen vergeben, die auch von patentgeschützen Wirkstoffen Generika herstellen und deutlich günstiger anbieten können.
Gilead hat sich unterdessen vorgenommen Hepatitits C auszurotten. Das Unternehmen plant eine Pilotstudie im 5 Millionen Einwohner Land Georgien, in dem, wie weiter oben schon erwähnt, 7% aller Bewohner HCV positiv sind. Gilead plant, die notwendigen Medikamente allen Infizierten Georgiern kostenlos zur Verfügung zu stellen. Unterstützt werden sie dabei vom US-amerikanischen Center for Disease Control and Prevention. Ein globaler Fond zur Bekämpfung von Hepatitis C, ähnlich wie zur Bekämpfung von Tuberkulose, AIDS und Malaria, ist angedacht.
Foto: Gilead
Erklärung zu einem möglichen Interessenkonflikt: Der Autor besitzt Aktien von Gilead Sciences.
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Lebensgefahr im Labor
Es muss im zweiten Jahr meiner Doktorarbeit gewesen sein, als in meinem Labor ein neuer Doktorand eingestellt wurde. Er, mit der gerne zur Schau gestellten Attitüde des etwas verschrobenen Wissenschaftlers, hatte Faible dafür, etablierte Methoden und Versuchsprotokolle nicht zu übernehmen sondern zu optimieren. Prinzipiell kein schlechter Charketerzug für einen Forscher, hier jedoch fast mit fatalen Folgen.Jener Doktorand beschloss einen Liter einer frisch in einer Schott-Schraubdeckelflasche (Abbildung oben links) angesetzen Pufferlösung zur Proteinaufreinigung nicht etwa wie üblich im Eisbad zu kühlen, sondern hierfür Trockeneis Pellets einzusetzen, die aus gefrorenem etwa -80°C kaltem CO2 bestehen. Zur effektiveren Kühlung – die vermeintliche Optimierung – wurden die Trockeneispellets dafür direkt in die Pufferlösung gegeben. Um das Austreten weißen CO2 Dampfes zu unterbinden, verschloss der Doktorand die Schraubdeckelflasche fest.Trockeneis sublimieren bei Raumtemperatur, geht also vom festen direkt in den gasförmigen Zustand über. Bei der Sublimation findet eine Volumenvergrößerung des CO2 um das 760 fache statt. Die Glasflasche hatte dem Gasdruck wenig entgegenzusetzen und barst.Ein Schrapnell schlug etwa 20 Zentimeter vom Kopf einer unbeteiligten Postdoktorandin mit trockenem Plop in eine Styroporbox (Symbolbild oben rechts) ein und blieb dort stecken.Der Doktorand entschied damals einvernehmlich mit seinem Arbeitgeber die angefangene Doktorarbeit abzubrechen. Ich glaube er zog dann nach England um dort zu promovieren.Jahrelang hielt ich ich diese Geschichte für eine Kuriosität der Laborarbeit. Erst ein jüngst veröffentlichter Diskussionsfaden auf Reddit machte mir deutlich, dass solche beinahe-Unfälle offenbar häufiger sind als angenommen. Mir stellt sich nach Lektüre der Laborkatastrophen die Frage, ob im Laborwissenschaftler nicht ähnlich wie Arbeiter auf Hochseeölplattformen eine großzügige Risikozulage bekommen sollten.