Es trifft offenbar immer erst die Falschen. Nachdem die Schweizer in einem Referendum am 9. Februar mehrheitlich beschlossen haben, die Einwanderung in ihr Land zu limitieren, hat die Schweizer Regierung darauf verzichtet, Kroatien in die Liste der Länder aufzunehmen, deren Bürger auch in ihrem Land Freizügigkeit genießen. Als Folge dieses Verzichts hat die Europäische Kommission beschlossen, der Schweiz vorerst ihren Rang als assoziiertem Land bei den europäischen Forschungsprogrammen abzusprechen.
Diese Entscheidung schwächt die europäische Forschungsinfrastruktur, die stark auf international vernetzte Forschungsprojekte aufbaut, und in der die Schweiz als wissenschaftlicher Hochleister eine wichtige Rolle spielt. Forscher in der Schweiz, egal ob dort gebürtig oder Ausländer, dürfen sich außerdem nicht mehr auf die Calls vom European Research Council (ERC) bewerben. Hier ist eine Zusammenfassung der Konsequenzen (.pdf) von offizieller Stelle.
Es geht um eine Menge Geld. In dem gerade angelaufenen achten Rahmenprogramm (Horizon 2020) werden in den kommenden sechs Jahren rund 80 Milliarden Euro an Fördermitteln vergeben. Kooperative Projekte mit Schweizer Beteiligung können betroffen sein. Der Personalizing Health and Care Call mit einem Gesamtvolumen von 303 Millionen Euro schließt morgen und der Mobility for Growth Call (341 Millionen) kommende Woche Dienstag. Der 485 Millionen Euro Topf des ersten ERC Starting Grant Calls mit Anmeldeschluss am 25. März wird wohl an den Schweizern vorbei gehen, was vor allem junge Nachwuchswissenschaftler treffen würde.
Die Schweiz hat die brisante Lange natürlich erkannt und schafft derzeit ein befristetes Förderinstrument zum Ausgleich, das aktuell vor allem für Bewerber auf ERC Starting Grants relevant ist. Wissenschaftler, die ein Forschungsprojekt in der Schweiz planen und dazu einen ERC Starting Grant beantragen wollten, können ihren Antrag zwischen dem 15. März und dem 25. März 2014 beim Schweizerischen Nationalfonds SNF einreichen.
Es gibt außerdem natürlich Petitionen mit einem Appell für einen europäischen Hochschulraum und dem Wunsch, dass die Schweiz Teil der europäischen Wissenschaft bleiben soll.
Die komplett internationalisierte Wissenschaftselite ist nun wirklich unverdächtig nationalschweizerische Interessen zu verfolgen und hat beim Referendum Anfang Februar wahrscheinlich nicht mehrheitlich mit „Ja“ gestimmt. Wieso sie aber direkt die Konsequenzen der Schweizer Abstimmung, beziehungsweise der Sanktionen der Europäischen Kommission treffen soll, ist mir unverständlich.
Schlagwort: Geld
-
Die Sanktionen der EU gegen die Schweiz treffen die Falschen
-
Forschungsfinanzierung durch private Spenden
Kreativität bei der Bewerbung um Forschungsmittel beschränkt sich häufig auf mehr oder weniger weit her geholte Assoziationen des eigenen Forschungsvorhabens mit Krankheiten. Die Assoziationen werden mit Zahlen und Fakten untermauert, in Anträge geschrieben und an Forschungsorganisationen wie die DFG geschickt. Seit vergangener Woche wissen wir, dass die Wege, Forschungsgelder einzutreiben nun um eine Option erweitert wurde. Sciencestarter ist online. Das ist eine deutsche Crowdfundingplattform für Projekte aus der Wissenschaft.
Ob Sciencestarter den gewünschten Erfolg bei der Finanzierung wissenschaftlicher Forschungsprojekte haben wird, ist fraglich, fällt doch der Hauptanreiz von Crowdfunding bei Sciencestarter fast gänzlich weg: Es gibt keine adäquate Gegenleistung für das investierte Kapital. Letztendlich kommen also Investitionen in Projekte Spenden gleich. Die Untersuchung eines Refernzprojekts ergab dann auch, dass ein guter Teil des crowd-gefundeten Geldes von Personen aus der näheren Umgebung der Forscher stammen, also von der Familie, von Verwandten und von Freunden aus sozialen Netzwerken – und nicht etwa von der wissenschaftsinteressierten Allgemeinheit.
Aber die Finanzierung von Forschung aus privaten Quellen muss ja nicht bei einer Crowdfundingplattform aufhören. Gestern erschien ein Artikel in der spanischen Tageszeitung „La Vanguardia„mit dem Titel: „Mikrospender der Wissenschaft“ (Teil 1, Teil 2). Der Artikel führt aus, wie Verwandte und Hinterbliebene von Patienten für die Forschung spenden, zum Teil aus vorhandenem Kapital, zum Teil die Erlöse aus dem Verkauf selbstgemachter Artikel. Große Kliniken in Katalonien schöpfen demnach bis zu 30% ihres Forschungsbudgets aus solchen Quellen. Auch hier kommt das Geld aus der persönlichen Umgebung Betroffener, auch hier spielen soziale Netzwerke beim Fundraising eine Rolle.
Jährliches Spendenaufkommen für Forschungsprojekte beim „Marató de TV3“ in Katalonien. Daten von Wikipedia.
In Katalonien gibt es noch andere Wege, wie Spenden für die Wissenschaft gesammelt werden. Einmal im Jahr, am letzten Sonntag vor Weihnachten, findet auf TV3, einem lokalen Fernsehkanal, ein Spendenmarathon statt, der sogenannte „Marató de TV3„. Jedes Jahr hat wird für eine bestimmte Art von Krankheit gesammelt (dieses Jahr, am 16.12. ist es Krebs), und es kommen innerhalb eines Fernsehnachmittags und -Abends Millionenbeträge zusammen, die direkt den forschenden Laboren zu Gute kommen (siehe eingebundene Grafik oben).
Meine Wahlheimat ist selbstverständlich nicht der einzige Ort der Welt, an dem private Spenden für die Wissenschaft gesammelt werden. Während meines letztjährigen Besuchs des Weizmann-Institut in Israel ist mir aufgefallen, dass fast alle Gebäude die Namen großzügiger Spender tragen. Die Instituts-Website weiß mehr: Das Weizmann hat ein ausgewiesenes Spendenprogramm, innerhalb dessen von Kleinspenden über Einzelstipendien, Spenden für Material und Equipment bis zu kompletten Lehrstühlen und eben auch Institutsgebäude gestiftet, gespendet und verschenkt werden können.
Verteilung des Spendenvolumens in Deutschland 2001 anhand einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Spendenrats (Quelle)
Das Spendenaufkommen in Deutschland ist laut Wikipedia international unterdurchschnittlich. Im Schnitt sind es jährlich zwischen drei und fünf Milliarden Euro. Rund drei Viertel dieses Geldes geht in die humanitäre Hilfe. Weitere relevante Posten sind die Kultur- und Denkmalpflege, der Tierschutz und der Umweltschutz. Von Wissenschaft und Forschung weit und breit nichts zu sehen.
Wenn ich als Privatspender für die Wissenschaft spenden wollte, wüsste ich auch gar nicht an wen. Aber jetzt gibt es ja Sciencestarter.Verwandte Artikel im Blog:
-
500 Euro für eingeschweißte Pferdescheiße
-
Petition zur Sicherung des EU Foschungsbudgets unterschreiben
-
Die internationale Finanzkrise als Chance für den Wissenschaftsstandort Deutschland
-
Der Süden führt. Forschungsinvetitionen in Deutschland
-
Wissenschaftsstandort Deutschland. 26 Milliarden für die Grundlagenforschung
-
-
Geldautomaten-Hack auf Sicherheitskonferenz
Auf der Black Hat Computer-Sicherheitskonferenz in den USA wurden drei Hacks von Geldautomaten live vorgeführt. Der wohl schönste bringt den Geldautomaten dazu ein Lied zu spielen und ähnlich wie ein Spielautomat die Scheine auszuspucken.
(mehr …) -
Stipendien für Postdocs im Ausland
EMBO, FEBS oder HFSP. Wer nach der Promotion weiter in der Wissenschaft tätig sein möchte und in ein Labor ins Ausland wechselt sollte diese Kürzel kennen. Sie stehen für internationale Organisationen, die Stipendien für Postdocs anbieten. Hier ein Überblick über Fördermöglichkeiten nach der Doktorarbeit in den Lebenswissenschaften.
(mehr …) -
Geld fürs Bloggen über Wissenschaft: ResearchBlogging Awards
ResearchBlogging aggregiert Blogposts über wissenschaftliche Publikationen. Dieses Jahr werden zum ersten Mal Preise für die besten Blogposts vergeben. Hier eine kleine Auswahl möglicher Blogs.
(mehr …)