Monat: Dezember 2018

  • Keine Geschichten mehr? Relotius und Wissenschaftskommunikation

    Keine Geschichten mehr? Relotius und Wissenschaftskommunikation

    Wie Claas Relotius wohl Weihnachten verbringt? Vielleicht bei seinen Eltern. In vertrauter Umgebung im Bildungsbürgertum. Klassische Musik kommt leise aus den zu groß geratenen Standlautsprechern im Wohnzimmer. Es ist Brahms. Ein Holzscheit knackt im offenen Kaminofen. Relotius sitzt im selben Ledersessel, in dem er sonst immer sitzt, wenn er bei seinen Eltern zu Besuch ist. Er versucht sich auf die Musik zu konzentrieren. Denn sobald seine Gedanken abschweifen, wird ihm schwindelig. 
    Er kann einem schon fast wieder Leid tun, wie er jetzt in den Medien von den ehemaligen Kollegen auseinander genommen wird. Von denen, die es immer schon wussten, und denen, die ihre Empörung öffentlich teilen müssen. Und von den Lesern. Jenen, die jetzt den Untergang des SPIEGEL prophezeien, und von jenen, die meinen, dass die Reportage, also die von Relotius bevorzugte journalistische Darstellungsform, als Format ausgedient hat.
    Letztere Stimme kommt auch aus der Ecke der Wissenschaft. Mein Eindruck ist, dass viele Forschende eine Aversion gegen das Geschichten erzählen in der Wissenschaftskommunikation haben. Große Fallzahlen zählen mehr als Anekdoten. Porträtierte Einzelschicksale wirken aber mehr als die statistisch signifikanten Ergebnisse des letzten Papers. Das wird als ungerecht wahrgenommen. 
    Auch Julika Griem, Vizepräsidentin der DFG, fragte in ihrem Vortrag beim diesjährigen Forum Wissenschaftskommunikation, warum “alle gegenwärtig auf erzählerische Vermittlung setzen”. Sie wünscht sich, dass die Wissenschaftskommunikation ihr Publikum nicht nur einseitig mit Narrativen füttert und “irgendwo abholt, sondern sorgfältig, umsichtig, furchtlos und […] zärtlich überfordert”. Hier das Transkript ihrer Rede als pdf. Die Wissenschaftskommunikation bräuchte laut Griem “keinen barrierefreien Abenteuerspielplatz, sondern ein bisschen mehr hartnäckigen und frustrationstoleranten Ernst für die Sache”.
    Bei allem Ernst: Wer als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler Zielgruppen jenseits der eigenen Fachcommunity erreichen will, muss lernen, die sachliche Wohlfühlecke zu verlassen. Eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte. Sie soll das erzählen, was die Daten aussagen. Und wahr muss sie sein.

    Bild: Großvater erzählt eine Geschichte von Samuel Albrecht Anker. Gemeinfreie Lizenz.
  • Symposium für kommunizierende Wissenschaftler am NaWik

    Symposium für kommunizierende Wissenschaftler am NaWik

    Wer hin und wieder einen Blick in die Seitenspalte meines Blogs wirft weiß, dass ich am NaWik in Karlsruhe angestellt bin. Ich bin seit 2015 am Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation. Ein wichtiger Grund, warum ich die Stelle hier überhaupt bekommen habe, war, dass ich vor 10 Jahren während meines Postdocs anfing, dieses Blog hier zu schreiben. Ich habe die Geschichte hier schon mal kurz aufgeschrieben.
    Was damals galt, ist heute fast noch genauso. Wer aktiv forscht und nebenbei noch mit Menschen jenseits der eigenen Fachcommunity kommuniziert, ist ein seltenes Pflänzchen.
    Wir am NaWik haben uns überlegt, erstmalig nur für kommunizierende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Symposium zu organisieren. Der Call für Beiträge ist bis zum 25. Januar 2019 offen. Unten der komplette Text des Calls und hier der Link zum pdf. sowie der Ausschreibung auf NaWik.de. Gerne weitersagen. Ich würde mich freuen, wenn wir uns in Karlsruhe sähen.

    Und jetzt DU!
    Forschende betreiben Wissenschaftskommunikation
    NaWik-Symposium am 5. April 2019 in Karlsruhe

    Das Symposium richtet sich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich aktiv in die Kommunikation ihrer Themen mit Nicht-Spezialisten einbringen. Wir wollen Ihnen eine Plattform bieten um sich auszutauschen, voneinander zu lernen, miteinander zu diskutieren und sich zu vernetzen.
    Neben Vorträgen und Workshops wollen wir Ihnen die Gelegenheit geben, sich und Ihren persönlichen Kommunikationsansatz oder ein Kommunikationsprojekt Ihres Forschungsbereichs zu präsentieren.
    Bitte schicken Sie uns eine kurze Beschreibung Ihres Formats (maximal 250 Wörter), mit dem Sie Wissenschaftskommunikation betreiben und das Sie beim NaWik-Symposium vorstellen möchten.
    Wir möchten mit Ihnen beim Symposium die brennenden Themen diskutieren: Wie lässt sich Kommunikation in den Forschungsalltag integrieren? Welche Anreize zur Kommunikation gibt es für Forschende? Was funktioniert gut? Und was hat vielleicht auch nicht so gut geklappt? Ihre Ideen, Erkenntnisse und Erfahrungen sind gefragt.
    Schicken Sie uns Ihr Proposal zu Ihrem Projekt, Ihren Erfahrungen formlos per E-Mail an:
    symposium@nawik.de