Monat: Juni 2013

  • Diskussion zu Prism und Tempora

    Diskussion zu Prism und Tempora

    Ob ich etwas zu verbergen habe? Selbstverständlich! Ein Großteil meiner Kommunikation ist privat und geht außer den von mir gewählten Empfängern niemanden etwas an. Ich weiß natürlich, dass ich bei Inanspruchnahme der kostenlosen Dienste von Google und Facebook mit etwas anderem als Geld bezahle, nämlich mit meinen Daten.
    Mir war auch klar, dass die Auswertung meiner Emails und Kommentare, meines Adressbuches und meiner Freundesliste, meines Kalenders und generell meiner Nutzeraktivität kaum deutschen Datenschutzstandards folgt. Es sind schließlich US-amerikanische Unternehmen, bei denen ich meine Onlinekonten habe und deren allgemeine Geschäftsbedingungen ich abgenickt habe.
    Was ich nicht wusste, war, dass ausländische Nachrichtendienste anscheinend nach Gutdünken und nur scheinkontrolliert ebenfalls Zugriff auf diese Daten haben.
    Obwohl ich davon ausgehe, dass weder ich noch irgend einer meiner Freunde und Bekannten direkt überwacht wird, scheinen mir dadurch doch meine Grundrechte angegriffen. Und ich glaube nicht, dass ich mein Recht auf Privatsphäre für einen vermeintlichen Schutz vor Terroristen einfach so opfern möchte.
    Generell zeigen die Enthüllungen von Edward Snowden im Guardian, wie schnell Bürgerrechte erodieren können, wenn die technischen Möglichkeiten dazu gegeben sind und keine Kontrollmechanismen existieren  – und wie schnell sich dadurch Rechtsstaaten jenen Ländern anpassen, die für fehlende Menschenrechte kritisiert werden.
    Was kann man tun? Ich weiß es nicht. Ich habe das Gefühl, die Bedeutung und die Tragweite von Prism und Tempora noch gar nicht einschätzen zu können. Ein deutsches Facebook oder Google wie von einigen Politikern gefordert, für die das Internet wirklich Neuland darzustellen scheint, ist sicher nicht die Antwort.
    Muss man sich vielleicht einfach mit dieser „Post-Privacy“ Situation anfreunden und ignorieren? Oder in Zukunft private Kommunikation in den Wald verlegen? Hat diese Thematik das Potential die Bundestagswahl entscheidend zu beeinflussen? Und wenn die Situation so nicht hinnehmbar ist, was kann wie und von wem geändert werden?
    Vielleicht können wir hier in den Kommentaren Ideen und Gedanken zu den Spähprogrammen sammeln und diskutieren, wie auf die aktuelle Situation am besten reagiert wird.

    Bild oben verändert von crystalRyu (CC BY 3.0)
  • Ideenklau: Die Parasiten der Wissenschaft

    Ideenklau: Die Parasiten der Wissenschaft

    Marcus Pössel erzählt in seinem Blog „relativ einfach“ eine offenbar reale Geschichte vom Diebstahl einer Idee aus einer Bewerbung für eine Postdocstelle in der Astronomie. Einer der Professoren, an den das Bewerbungsschreiben ging, versuchte laut des Artikels das geplante Projekt selbst durchzuführen, ohne den Urheber zu informieren oder ihn etwa an den Messungen und Analysen zu beteiligen. Durch Zufälle erfährt der Bewerber für die Postdocstelle von dem Ideenklau und glücklicherweise ist der Bewerber letztendlich dennoch der erste, der die zugehörigen Daten publizieren kann.
    Der dort beschriebene Fall stellt eine Ausnahme dar, weil der Urheber durch die schriftliche Dokumentation der Idee identifizierbar war, und weil der Dieb der Idee ebenfalls relativ eindeutig identifiziert werden konnte, da offenbar ein im Wortlaut sehr ähnlicher Antrag bei einer astronomischen Beobachtungsstation von ihm eingereicht wurde.
    Ideenklau in der Wissenschaft kommt in meiner Erfahrung relativ häufig vor, selten sind jedoch die Urheber der Ideen so einfach zu identifizieren wie im oben beschriebenen Fall, denn häufig werden gute Ideen in gutem Glauben formlos und mündlich kommuniziert. Auf Konferenzen, nach Vorträgen, in Meetings und in Gesprächen beim Mittagessen. Die meisten Ideendiebstähle passieren dadurch in einer Grauzone, in der Ideenklau relativ einfach dadurch gerechtfertigt wird, dass man sich eben durch Dritte habe inspirieren lassen.
    Ich glaube auch, dass sich vielfach diejenigen, die Ideen klauen, gar keiner Schuld bewusst sind. Denn wer noch nie eine eigene Idee hatte, und wem folglich auch noch nie eine geklaut wurde, kann gar nicht wissen, wie es sich anfühlt, geistiges Eigentum gestohlen zu bekommen. Derjenige versteht auch nicht den Wunsch, dieses zu schützen – vor eben jenen Parasiten der Wissenschaft die Ihre „Inspiration“ für Projekte einfach direkt von Kollegen übernehmen.
    Es ist allerdings auch klar, dass die Wissenschaft von Ideen alleine nicht lebt. Es kommt auf deren Umsetzung an. Dabei den Beitrag des Urhebers der Idee bewusst oder unbewusst zu ignorieren und zu verschleiern demotiviert die Ideengeber und ist klar wissenschaftliches Fehlverhalten. Es sollte dementsprechend behandelt und geahndet werden.

    Bild oben von user dumbonyc auf flickr (CC BY-SA 2.0)
  • Die Resonanz auf Recently

    Die Resonanz auf Recently

    Wenn man Noah Gray Glauben schenken kann, dann ist Recently ein Treffer ins Schwarze. Der Redakteur von Nature schreibt auf Twitter über unsere App:

    These algorithms, if good, will be valuable as the quantity of published science continues to explode. The filter problem is massive.

    Gray hat das Problem erkannt! Die Zahl der jährlich neu publizierten akademischen Fachartikel steigt ständig. Dieses Jahr werden höchstwahrscheinlich zum ersten Mal über eine Million neue biomedizinische Artikel publiziert werden. Ohne technische Hilfsmittel ist es da eigentlich unmöglich, den Überblick zu behalten.
    Jährlich neu publizierte peer-reviewte biomedizinische Fachartikel der letzten 50 Jahre (nicht kumulativ!). 2013 wird erstmal die Millionengrenze überschritten. (Werte x 1000)
     
    Recently versucht genau hier zu helfen. Die App erleichtert es Forschern aus den Lebenswissenschaften sowie Ärzten mit der persönlich relevanten Fachliteratur auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Wir haben Recently vor drei Wochen als kostenlose beta-Version veröffentlicht  und ich habe die App ja hier auch vorgestellt. Zeit für einen kurzen Zwischenbericht – und für ein Dankeschön an vielen registrierten Nutzer und Tester, von denen uns gut 50 konstruktives Feedback zur App geschickt haben.
    Ich war positiv überrascht von der hohen Zahl der Registrierungen für Recently in den ersten Wochen. Das ist nicht zuletzt anderen Journalisten, Bloggern und Wissenschaftern zu verdanken, die den Link zur App auf Twitter und Facebook, in institutsinternen Mailinglisten und auf der eigenen Website verbreitet haben. Hier eine Auswahl der Resonanz auf den Launch von Recently:
    Matthias Fromm hat mich für das Open Science Radio eine gute halbe Stunde zu Recently Interviewt. Herausgekommen ist ein gut halbstündiges Gespräch mit vielen Hintergrundinformationen.
    Die Laborwelt titelte kurz nach dem Launch: „Fachartikel: App trennt die Spreu“ und schreibt: „Die neue Web-App „Recently“ hilft Forschern, den Durchblick im Publikationsdickicht zu bewahren
    Bent Petersen, ein Assistenzprofessor für Bioinformatik in Kopenhagen schreibt in seinem Blog: „It is very easy to get started with Recentlyapp.com. You need to provide your name and a valid email address. In a second step, they ask you to provide three publications relevant to your research field, so they can start recommending articles to you.“
    Marc Scheloske berichtet in der Wissenswerkstatt ebenfalls über Recently und nennt die App ein „raffiniertes Tool um interessante Fachliteratur zu entdecken
    Soweit eine Zwischenmeldung nach den ersten Wochen, ich hoffe natürlich, dass es ähnlich erfolgreich weiter geht und wir möglichst viele neue Nutzer bekommen – selbstverständlich sind wir auch weiterhin an Feedback interessiert.
    Recently ist übrigens auch Sponsor eines Beachvolleyballteams (siehe Foto oben). Dieses Jahr sind wir bislang ungeschlagen.