Monat: November 2012

  • 500 Euro für eingeschweißte Pferdescheiße

    500 Euro für eingeschweißte Pferdescheiße

    Wissenschaftliche Forschung an Universitäten und öffentlichen Instituten wird im Allgemeinen durch öffentliche Gelder finanziert. Der Weg von der Idee zum finanziell geförderten Forschungsprojekt ist jedoch mühsam, langwierig und frustrierend. Anträge müssen geschrieben und revidiert werden, vorläufige Ergebnisse müssen präsentiert werden, formale Richtlinien und Deadlines müssen eingehalten werden. Das ganze dauert oft noch länger als später das publizieren der Ergebnisse. Wäre es nicht toll, wenn es alternative Pfade zu den gängigen Wegen im Förderjungel aus Institutsetats, DFG-Anträgen, BMBF-Mitteln und EU-Projekten gäbe?

    Gibt es seit ein paar Tagen auch in Deutschland, heißt Sciencestarter, und ist eine Crowdsourcing-Plattform nach dem überaus erfolgreichen Vorbild Kickstarter. Doch ob das funktioniert, ist eher zweifelhaft.

    Wissenschaftliche Projekte unterschieden sich in einem ganz grundsätzlichen Aspekt von den Projekten die auf Kickstarter erfolgreich finanziert werden: Dort gibt es einen realen Gegenwert für den eingesetzten Betrag. Ganz gleich ob es sich um Comicbücher, Filme über Frauenrechte, Schlüsselanhänger, iPhone-Hüllen oder Musikalben handelt. Das eingesetze Geld ist eine Investition, die einem Kauf gleich kommt. Bei Erreichen des Finanzierungsziels kann man sich als Gegenleistung das Album oder den Film herunterladen oder bekommt das Buch, den Anhänger oder die iPhonehülle zugeschickt.

    Das eingesetzte Geld für wissenschaftliche Projekte – ob auf der deutschen Sciencestarter oder den Vorbildern petridish, Microryza und SciFund kommt hingegen Spenden gleich. Wissenschaftliche Grundlagenforschung stellt nunmal keine Produkte her und Fotos von Artgeschützen Tieren, Einladungen zu Labmeetings oder in Kunstharz eingegossener Pferdemist, wie er bei einem der derzeit sechs geförderten Projekten auf der deutschen Sciencestarter Seite für 500 Euro Spendenvolumen angeboten wird, sind symbolische Gegenleistungen.

    Wer spendet also für Crowdfundingprojekte mit wissenschftlichem Hintergrund? Es ist wohl weniger die wissenschaftsinteressierte und spendenfreudige Öffentlichkeit als vielmehr Verwandte, Freunde und Bekannte, wie eine entsprechende Auswertung des Wissenschafts-Crowdsourcing-Referenzprojekt von Ethan Perlstein ergab. Perlstein hat hat erfolgreich 25 000 Dollar zur Erforschung des Wirkmechanismus von Amphetaminen eingeworben. Eine Analyse seines Facebook-Netzwerks ergab, das rund 10% der mit ihm verbundenen Freunde gespendet haben. Der größte Spender war offenbar sein Großvater Walter. Perlstein selbst schreibt:

    Friends and fam­ily are the first stop on the crowd­fund­ing whis­tle stop tour!

    Die Macher von Sciencestarter.de wissen natürlich auch, dass eher der Wunsch als ein realistisch erreichbarer Finanzierungserfolg für Forschungsprojekte bei der Konzeption der Seite Pate stand. Die von der Wissenschaftskommunikationsinititative Wissenschaft im Dialog gegründete und vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft unterstützte Plattform legt daher auch Wert darauf, den kommunikativen Mehrwert von Sciencestarter zu vedeutlichen:

    Mit der Plattform stellt Wissenschaft im Dialog auch ein neues multimediales Werkzeug für die Wissenschaftskommunikation zur Verfügung. Die Öffentlichkeit erlebt Wissenschaft als Prozess und kann diesen unmittelbar mitgestalten.

    Folglich sind auf Sciencestarter auch explizit Wissenschaftskommunikationsprojekte erwünscht:

    Sciencestarter ist die deutschsprachige Crowdfunding-Plattform zur Finanzierung von Projekten aus Wissenschaft, Forschung und Wissenschaftskommunikation. Forscher, Studenten und Wissenschaftskommunikatoren können hier ihre Projekte durch viele einzelne Personen finanzieren lassen.

    Ich hätte da schon eine Idee. Wie wäre es mit einer crowdgefundenen Wissenschaftsblogplattform? Für 2500 Euro Startkapital sollte man eine moderne und technisch funktionierende Blogplattform einrichten können, die sämtliche technische Probleme, wie nicht funktionierende Plugins, fehlende Kommentarvorschau und Editierfunktion und mangelhafte Darstellung auf mobilen Geräten löst. Darüberhinaus eingenommenes Kapital käme direkt den Bloggern zu Gute. Wer ab 25 EUR spendet bekäme ein eigenes Profilbild und kann die Kommentarvorschau und Editierfunktion nutzen. Wer ab 100 EUR spendet, würde aus der Seitenspalte verlinkt, für 250 Euro gäbe es einen Gastbeitrag eines Wissenschaftsbloggers auf der eigenen Seite zu einem Thema nach Wahl,…

    Bild oben Jesse Pinkman und Walter White beim Meth kochen in der Serie Breaking Bad via Ethan Perlsteins Website (CC BY-NC-SA 3.0)
  • Gegen die Homoehe – Ils Sont Fous Ces Français!

    Was? 100 000 demonstrieren in Frankreich gegen gleichgeschlechtliche Ehen und gegen die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare? Die Logik dahinter muss mir erst mal jemand erklären. Auch dem größten französischen rustre sollte nach disem Video klar sein, dass die Homoehe durchaus Sinn macht.

    CollegeHumor’s Favorite Funny Videos
  • Das Waffenarsenal der Hamas ist der Grund für den Konflikt

    Das Waffenarsenal der Hamas ist der Grund für den Konflikt

    Tag drei der „Pillars of Defence“ Operation. Eine Waffenruhe während dem Besuch des ägyptischen Außenministers Kandil in Gaza wurde nicht eingehalten. Israel hat über Nacht intensive Angriffe geflogen und rund 150 Ziele attackiert, nach offiziellen Angaben hauptsächlich Raketenabschussbasen der Hamas. Von Raktetenangriffen aus Gaza geht weiterhin Gefahr für die israelische Bevölkerung aus, sogar in Tel Aviv wurde gestern Luftalarm ausgelöst.
    Die Hamas verfügt über ein Arsenal an Raketen mit unterschiedlicher Reichweite, hauptsächlich aus iranischer Produktion, die ins Land geschmuggelt werden (ein Grund für die Seeblockade). Israel wird damit täglich beschossen. Das geht seit Jahren so, mal mehr (2008: 3278 Raketen) mal weniger (2010: 231 Raketen). Seit Anfang 2011 verfügt Israel über ein Raketenabwehrsystem, genannt „Iron Dome„, das anfangs sehr erfolgreich Raketen aus Gaza schon in der Luft zerstörte (über 90% Erfolgsrate).
    Der gezielten Tötung von Ahmet Jabari vorgestern ging eine Eskalation der Gewalt an der Gaza-israelischen Grenze voraus. Seit Anfang der „Pillars of Defence“ (oder Pillars of Cloud?“) hat sich der Beschuss Israels durch Raketen aus Gaza deutlich verstärkt (siehe eingebundener Raketenzähler unten). Das Iron Dome Raketenabwehrsystem funktioniert, ein Vergleich der abgefeuerten (350)  mit den abgeschossenen Raketen (130) zeigt allerdings, dass es wahrscheinlich nicht so effizient ist wie bislang angenommen (oder Raketen, die nicht auf bewohntes Gebiet gerichtet sind ignoriert).

    Medienberichten zur Folge werden derzeit tausende israelische Reservisten für eine mögliche Bodenoffensive mobilisiert. Das Ziel eines Einmarschs in Gaza kann nur sein, Raketenlager und Raketenabschussbasen die für Luftangriffe nicht erreichbar sind (unterirdisch oder in stark bewohntem Gebiet) aufzuspüren und zu zerstören. Seit Beginn der Operation Pillars of Defence sind 19 Palästinenser und drei Israelis getötet worden. Hoffentlich bleiben die Opferzahlen gering.
    Verwandte Artikel im Blog:

    Modifizierte Infografik und Raketenzähler: IDF Blog

     

  • Guttenberg auf Stufe sechs der Wissenschaftshölle

    In den USA werden verurteilte Kriminelle die für die Gesellschaft keine direkte Gefahr darstellen gerne mit elektronischen Fußfesseln überwacht. Die Fußfesseln entlasten die chronisch überbelegten Gefängnisse und kosten den Steuerzahler weniger als eine Unterbringung im Knast. Außerdem ermöglichen sie, die so markierten Straftäter jederzeit zu orten. Falls ein Täter sich zu weit von zu Hause entfernt, wird Alarm geschlagen. Eine Variante ermöglicht auch die Durchsetzung von Unterlassungsbefehlen. Alarm wird dann ausgelöst, wenn sich der Täter bestimmten Gebäuden oder Einrichtungen nährt.

    Unser ehemaliger Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ist, nachdem er in Deutschland als Plagiator überführt wurde, in die USA ausgewandert. Er hat sich im malerischen Greenwich (Connecticut) ein Haus gekauft und ist dort, nördlich von New York, eigenen Angaben zur Folge, sehr glücklich. Neben dem Plan, sich um seine Familie zu kümmern, ein Buch zu schreiben und den ein oder anderen Neuenglandhummer zu verdrücken, nimmt der Politiker  der Reserve offenbar auch einige lokale Termine wahr. Letzte Woche stand ein Vortrag in Yale an, einer Universität an der amerikanischen Ostküste mit einem hervorragendem wissenschaftlichen Ruf. Es sollte laut Spiegel online um „Mythen der transatlantischen Beziehungen gehen“.

    Einige Doktoranden empfanden die Einladung des überführten Plagiators an die Eliteuniversität offenbar nicht angemessen. Sie riefen zu einem Protest für „akademische Integrität“ auf und verließen demonstrativ den Seminarraum, als der CSU-Politiker anfing zu sprechen (sic). Während Guttenberg an eine akademische Einrichtung, also den Ort seines Vergehens zurück kehrte, ersetzten die demonstrierenden Doktoranden so die elektronische Fußfessel. Zumindest dieser Kontrollmechanismus scheint zu funktionieren.

    Obwohl langsam die promovierten Politiker auszugehen scheinen, erfreut sich das identifizieren von plagiierten Stellen in Doktorarbeiten von Personen mit öffentlichen Funktionen weiterhin großer  Beliebtheit. Ein Grund mag sein, dass es für dritte relativ einfach ist, Plagiate aufzuspüren. Um das Vergehen Guttenberg und Consorten in einem etwas größeren Rahmen einzuordnen, hier eingebunden eine Darstellung der neun Kreise der Wissenschaftshölle. Die Grafik ist angelehnt an Dantes Inferno und so original mit Erklärungen 2010 im Neuroskeptic Blog erschienen. Der Blogpost wurde jetzt in „Perspectives on Psychological Science“, einem peer-reviewten Magazin, erneut veröffentlich (.pdf).

    Guttenberg selbst wird gar nicht die Chance haben, alle Kreise der Hölle zu durchlaufen. Dazu hätte  er ja eigene Daten haben müssen. Um auf dem Laufenden zu bleiben, was sich sonst gerade im Fegefeuer tut, empfiehlt sich außerdem der Retraction Watch Blog.