Was viele nicht wissen, die nicht direkt im akademischen Wissenschaftsbetrieb arbeiten: Die Europäische Komission spielt eine wichtige Rolle bei der Forschungsfinanzierung. Seit den 1980er Jahren fördert die EU Wissenschaft und Technologie in Rahmenprogrammen, die jeweils über mehrere Jahre laufen. Aktuell befinden wir uns im FP7 (Framework Programme 7), das von 2007-2013 läuft.

Insgesamt wird in diesem Zeitrahmen ein Budget von über 50 Milliarden Euro verwaltet und verteilt. Zwei Drittel des Geldes werden in kooperative Wissenschaftsprojekte aller Sparten investiert. Weitere rund 15% werden vom European Research Council direkt an exzellente Forscher vergeben. Ein Teil davon sind die sehr prestigeträchtigen ERC-Grants.

Aktuell wird in Straßburg über das Budget der Europäischen Komission für das achte Rahmenprogramm (Horizon 2020) verhandelt. Insgesamt ist für die Wissenschafts- und Technologieförderung für den Zeitraum bis 2020 rund 80 Milliarden Euro veranschlagt. Das übersteigt das Budget des Bundesministeriums für Bildung un Forschung. Allerdings ist die Genehmigung dieser Summer ob der klammen Haushaltslage einiger Mitgliedsstaaten keinesfalls sicher.

Die Erhöhung des Budgets auf 80 Milliarden macht aber gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise Sinn. Die nationale Wissenschafts- und Technologieförderung ist traditionell einer der ersten Sektoren bei denen eingespart wird, da erstens keine sofortigen Gewinne aus Investitionen zu erwarten sind, zweitens Forschung einfach teuer ist und drittens Wissenschaftler leider keine große Lobby haben, um politischen Druck auszuüben. Wenn Landwirte drohen, mit Traktoren nach Brüssel zu fahren um ihre Subventionen zu verteidigen, zeigt das Wirkung. Wenn Wissenschaftler die Pipette aus Protest niederlegen interessiert das kein Schwein.

Heute haben über 40 Nobelpreisträger, darunter die Deutschen Werner Arber, Günter Blobel, Johann Deisenhofer, Richard Ernst (Schweiz), Gerhard Ertl, Robert Huber, Klaus von Klitzing, Erwin Neher, Christinane Nüsslein Volhard, Heinrich Rohrer (Schweiz), Bert Sakman, Rolf Zinkernagel und Harald zur Hausen eine Protestnote unterschrieben, die sich gegen geplante Budgetkürzungen richtet. Der offene Brief wurde heute in Zahlreichen Tageszeitungen in Europa abgedruckt, darunter offenbar auch die FAZ. Ich finde ihn derzeit leider nicht online im Originallaut. Hier ist der Link zum Aufruf in der FAZ.

Was aber jeder, ob mit oder ohne Nobelpreis tun kann, ist die heute gestartete Petition zur Sicherung des EU-Forschungsbudgets zu unterschreiben: http://www.no-cuts-on-research.eu/.

Die Petition wurde von der initiative for science in Europe heute iniziiert und wird von führenden Wissenschaftlern unterstützt. Derzeit hat die Petition gut 10 000 Unterschriften.

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Bild oben von Open Consortium.

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8 Kommentare

  1. Danke fuer den Link zu der Petition.
    Es macht sich bemerkbar, dass die Webseiten von Wissenschaftern gemacht sind: keine fetten “Sign here” buttons ueberall, die noch im Koma jeder findet, sondern schlicht ein Punkt in der Hauptnavigation, wo nur logisch denkende Wesen dies erwarten wuerden. 🙂
    Irgendwie scheinen die Organisatoren zu denken, dass sich nur Wissenschaftler fuer die Petition interessieren, oder wieso ist die “Organisation”, fuer die man arbeitet, ein Pflichtfeld? Ich kann da zwar meinen Arbeitgeber eintragen, aber der ist eigentlich bei mir nicht relevant, weil weder Lehr- noch Forschungseinrichtung …

  2. Danke für den Link und Hinweis auf die Petition.
    Man kan problemlos “citizen” bei Position und “private citzen” o.ä. bei Organisation eingeben, aber witzig ist es schon, wie camil7 auch bemerkt.

  3. Die Explosion der Forschungsausgaben erklaert die zunehmende Korruption. Je mehr fuer belanglose Unsinnsforschung wie die verzweifelten versuche, eine seit 1998 nichtexistente weitere Erwaermung der Erde herbeizusimulieren, ausgegeben wird, desto mehr Leute profitieren davon, ohne irgendeinen Gegenwert zu liefern.
    Viel Spass beim Bezahlen der Rechnung.

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