Deutscher Fernsehpreis – Eklat mit Marcel Reich-Ranicki

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Marcel Reich-Ranicki sorgt für einen Eklat bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises im ZDF. Er lehnte ihn einfach ab, und kritisiert in einem Rundumschlag die Qualität des Deutschen Fernsehens. Die Kritik ist nicht neu, nur ungewohnt in diesem Rahmen. Ob der Auftritt Auswirkungen auf die Programmgestaltung hat darf getrost bezweifelt werden. Gibt es denn wirkliche Alternativen im Internet?

Ich habe keinen Fernseher. Außerdem wohne ich weder im Einzugsgebiet vom ZDF, noch gibt es einen Livestream des öffentlich rechtlichen hier in Spanien. Folglich musste ich ein paar Minuten warten, bis der grandiose Auftritt von Marcel Reich-Ranicki auf YouTube online war. Und das Warten hat sich gelohnt.
Für alle, die es verpasst haben, oder es noch einmal sehen wollen, unten der Ausschnitt aus der Preisverleihung, und hier ein aktuelles Interview mit Reich-Ranicki in der FAZ.

Am besten ist die Mimik der anwesenden Gäste. Irgendwo zwischen Ungläubigkeit, Pikiertheit, Scham, und dem sehnlichen Wunsch, dass sich das ganze als Satire entpuppt (die man versteht), um endlich lachen zu dürfen.
Eine kurzfristige Auswirkung hat der Auftritt von Reich-Ranicki mit Sicherheit gehabt. Solche Quoten wird die Verleihung des Fernsehpreis wohl nie wieder bekommen. Es wurde ja schon vorab auf allen Kanälen über den Eklat berichtet. Ich bin gespannt, ob Reich-Ranickis Auftritt tatsächlich auch irgend welche mittelfristigen Auswirkungen auf die Programmgestaltung hat. Wohl eher nicht. Das Fernsehen ist ja schon seit Jahren schlecht, und Marcel Reich-Ranickis Kritik nicht neu, nur überraschend in diesem Rahmen bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises im ZDF.
Ich habe wie gesagt keinen Fernseher, und werde mir auch keinen kaufen. Das spanische Fernsehen ist nämlich noch schlechter als das Deutsche, auch wenn sich das mancher vielleicht nicht vorstellen kann. Etwas, womit ich mich überhaupt noch nicht beschäftigt habe, sind TV Angebote im Netz. Kann mir da jemand Sendungen oder Videoblogs empfehlen?

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22 Kommentare

  1. Der gute hat ja völlig Recht, doch ich fürchte, solange das Staatsfernsehen mit dem Geld der GEZ-Mafia einen vernünftigen Wettbewerb verhindert, wird sich da nicht viel tun.

  2. @Shin: Du meinst so wie bei den Privaten? Wo es scheinbar nur noch darum geht, möglichst billig zu produzieren. Und sich gegenseitig zu kopieren?
    Und wir fressen den Mist. Deswegen wird er gesendet. Weil es sich lohnt.
    Noch viel schlimmer. Wir machen selbst nur allzugerne mit. Wieviele Leute bewerben sich denn bei diesen Castings und Pseudo-Dokus?
    Das ist auch so eine Seite.

  3. Ich habe keinen Fernseher.

    Du lebst also auch hinter dem Mond? Warum trifft man sich dort denn nie? 😉

    Wenn das Fernsehen so schlecht ist wie das öffentliche Schweizer Radio, mein Beileid.

    Es entbehrt aber nicht einer gewissen Ironie dass Reich-Ranicki darauf hinweist. Weil mit solchen Stunts und lärmiger Literaturkritik ist er genau gemäss den Funktionsregeln dieses Mediums bekannt geworden.

    P.S.: Das neue Banner sieht gut aus. Sehr gelungen. Glückwunsch.

  4. Die Quote betrug wohl trotz angekündigtem Eklat nur 13.2%. Pünktlich zum Tatort-Ende ist sie nach oben geschnellt.

  5. Vergessen wir bitte nicht, dass Reich-Ranicki seine Bekanntheit doch gerade dem Fernsehen verdankt. Seine Mimik, Gestik und Rhetorik sind wie geschaffen für den Bildschirm. Dass er in diesem Medium erst jetzt auf einmal soviel “Blödsinn” entdeckt haben will, überrascht mich schon. Wahrscheinlich sieht er selbst kaum noch fern. Das ist einerseits verständlich. Aber dann ist andererseits auch Gottschalks Vorschlag sinnlos, in einer Sondersendung mit den Intendanten über die Qualität des Fernsehens zu diskutieren.

  6. Altersstarrsinn. Der wollte nur auf sich aufmerksam machen. Alle die da waren haben sich Mühe gegeben. Wer will kann doch besseres Fernsehen machen, aber anscheinend kann es keiner. Eine Frechheit den Preisträgern gegenüber.

  7. @Arnulf: Um so erstaunlicher, dass ein gebrechlicher Mann mit 88 Jahren sich auch noch nach drei Stunden ausharren solch eine Rede zusammenkriegt. Grösstenteils ja doch improvisiert.
    Ist halt doch auch ein Mann vom und fürs Fernsehen, wie andere Kommentatoren ja schon angemerkt haben.
    Danke für den Tip mit Zattoo. Schon mal gehört, noch nie ausprobiert. Geht das auch unter Ubuntu?

  8. Es gibt ein Programm mit dem man auch Fernsehn empfangen kann z.B.,aber das lieber per Mail falls Interesse besteht =)

  9. Eigentlich hat MRR ja gar nicht so sehr die Qualität des Fernsehens kritisiert (zu der er, wie er im Interview einräumt, eh kaum etwas sagen kann) sondern die Qualität der Preisverleihung. Und da fühlte er sich (nicht ganz zu Unrecht) beleidigt, weil er als 88-jähriger Ehrengast drei Stunden auf einem harten Stuhl ohne Hämorrhoiden-Sitzkissen aushalten und irgendwelche unlustigen Laudatoren sowie Einspielfilme anschauen musste. Die Kritik hat er dann natürlich so vorgebracht, wie er es kann: verkürzt und polemisch.
    Die Sendung am Freitag wird deshalb auch ungefähr so viel bringen, wie wenn man mit mir (der erwiesenermaßen keine Ahnung von Literatur hat) über den deutschen Literaturbetrieb diskutieren würde – nur dass das nicht einmal ansatzweise so unterhaltsam wäre.
    P.S.: Tobias, zum Fernsehen am Computer schon mal Zattoo ausprobiert? Das soll auch in Spanien laufen.

  10. @ Jörg, Martin, Arnulf:
    Habs ausprobiert. Einfachst zu installieren als .deb Package mit Ubuntu. Geht sofort. Nur ein kleiner Wehmutstropfen: In Spanien muss ich für den Service bezahlen. Hm.

  11. @Shin
    Die Privaten müssen auf Gedeih und Verderb Quote machen, weil sie sich ausschließlich darüber finanzieren. Logischerweise bedient man dann die Massen, egal womit. Wohin das geführt hat, schau’s dir selbst an. Nimm einfach mal die Nachrichten und vergleiche deren Qualität (ja – auch Quantität). Von kritischen Magazinen wie Plusminus, Frontal 21 etc. oder Dokus wie über den derzeit laufenden Rentenbetrug einmal vollkommen abgesehen.
    Ich habe meinen Fernseher seit Ewigkeiten abgeschafft und kam in den zweifelhafen Genuss, durch Dienstreisen (bzw. den in den Hotelzimmern stehenden Fernsehern) die Verblödung dieses Mediums quasi im Zeitraffer miterleben zu dürfen. Sonst bekommt man das ja gar nicht so mit (das ist wie bei den eigenen Kindern, denen die Großeltern immer zurufen: Was seid ihr nur gewachsen…)
    Wie sagte ein Kommentator im gestrigen Tagesspiegel so treffend:
    Ein Fernsehen, das sich so präsentiert, als sei es nicht statthaft, über Kitsch und Kalauer hinasuszudenken, schafft sich als kulturelle Institution selber ab. Es wird zu einer Zeittotschlagmaschine für die Ungebildeten, die anderen wandern ins Internet ab. Dort gibt es alles.
    Dem ist nichts hinzuzufügen.

  12. Moin Tobi,
    als dein Kollege vom Fenster gegenueber erlebe ich ja deutsches Fernsehen auch nur noch in (wie von Shin treffend beschrieben) Zeitraffer. Bin ja wie du seit 2 Jahren auf TV-Diaet- aber wie es der Zufall so will, wird mein erster Bissen deutscher TV-Kost seit Monaten ausgerechnet die Rede von MRR!
    Ich fand seine Schelte klasse! Habe mich fuer 5 Minuten praechtig amuesiert und als im Anschluss gleich wieder so ein Comedy Fuzzi die Ansage gemacht hat brav abgeschalten. Bin satt!
    Schaue jetzt liebet wieder ne Stunde ausm Fenster….da gibts “Meer” Unterhaltung.
    Gruesse von gegenueber
    Paco

  13. Die Darstellung mit dem “Zeitraffer” ist echt gelungen, genauso empfinde ich es auch. Aber ehrlich gesagt schockiert es mich ziemlich ! Ich schaue nun schon knapp 5- 6 Jahre kein Fernsehn aber man bekommt ja doch einiges mit, sollte man auch, denn über etwas zu urteilen was man nicht kennt ist ja auch nicht so richtig!
    Mir reicht es aber auch manchmal schon wenn ich auf dem Weg zur Schule die Werbeplakate sehe..einen Bohlen oder irgendwelche Pro-7 Bratzen mit der Überschrift “Starforce” oder sowas.
    Dass MRR Helge Schneider nicht von Atze Schröder unterscheiden kann find ich hier aber ziemlich übel und da hat er bei mir einige Punkte verspielt, er hat ja Recht aber ich finde er ist irgendwie hängengeblieben und das was er will ist veraltet.
    Es wird ja wohl noch ein Mittelding möglich sein!
    Und in diesem Gespräch von Gottschalk und MRR finde ich es wirklich bedenklich dass Gottschlak meint, er würde ja arbeitslos sein wenn er zb nicht etwas wie “wetten dass ” moderiert..”der zuschauer will mal einen ausschnitt sehen. meine machowitze hören ” oh man…ist ja gurselig.Und dann meint er noch als Argument bei den Wetten sähe der Zuschauer ja zb ein gutes Vater-Sohn Verhältnis. Wo bitte sind wir denn angekommen wenn man um sowas zu sehen Fernsehn gucken muss ? Ich weiss nicht ob er das überhaupt merkt was er da von sich gibt!
    Es könnte ja sogar von mir aus diese Daily Soaps geben, wenn da ein bisschen HIRN drin stecken würde!…wobei, nein es sollte sie doch nicht geben ^^
    Das Fernsehn ist wirklich etwas merkwürdiges – und ebenso die Menschen die sich das konsequent reinziehen -und zwar jeden Scheiss und davon kenne ich lieder genug.
    Aber das ist wie mit den Bild- Lesern….keiner liest sie aber sie hat die höchste Auflage.Und wenn einer was daraus weiss, hat er es aus Zufall gelesen.
    Meine Frage ist einfach nur…
    ist es sinnvoll diese Zeitung zu lesen? Diese Sendungen ( frauentausch big brother oder was da auch immer läuft) zu sehen?…selbst wenn man sich darüber lustig macht? oder was hat es für eine auswirkung ? schadet es vielleicht ? wird man unterbewusst manipuliert ? sollte man sich lieber mit wichtigen dingen beschäftigen ? stumpft man ab?
    Fragen, Fragen – Popagen 😉

  14. Inzwischen ist die Debatte abgeebbt. Und Reich-Ranicki hat vorgestern im DLF erklärt, dass das alles ein Missverständnis war:
    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/949539/
    “Engels: Zuletzt wurde Ihre scharfe Kritik an der Dummheit des Fernsehens bekannt. Denken Sie, für den Zuschauer heute Abend ist es jetzt begreiflich, dass Sie es nicht recht ertragen können mit Ihrer Biografie, wenn Nichtigkeiten ins Scheinwerferlicht gerückt werden?
    Reich-Ranicki: Ach nein, das ist alles nicht so richtig. Sie müssen eins verstehen: Alles, was gesagt wird im Zusammenhang mit dieser meiner Ablehnung des Preises, den man mir geben wollte, weckt das in einem Missverständnis. Ich habe gesagt, wie schrecklich dieser Abend war, dieses in Köln, das war ja furchtbar, diese Clownerien auf erbärmlichem Niveau. Und man hat das erweitert auf das gesamte Fernsehprogramm. Das ist nicht ganz richtig. Ich habe nicht das gesamte Fernsehprogramm gemeint, sondern den Abend, den stundenlangen Abend, den man uns da zugemutet hat.”

  15. Jetzt meldet sich ein Zweiter des Jahrgangs 1920 zu Wort: Herr Reich-Ranicki hat recht, wenn er das Ü b e r g e w i c h t der leichten-seichten Unterhaltung im Fernsehen kritisiert. Die Menschen werden dadurch immer oberflächlicher. Deutschland war mal ein Volk der Dichter, Wissenschaftler und Denker. Ich fürchte, wir werden das bald nicht mehr sein.
    Gerd Salmen Dramatiker.

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