Von Menschen und Kühen

Es wird wieder eine Stammzellsaukuh durchs mediale Dorf gejagt. Apokalypse bei den Theologen und sonstigen “pro-life” Organisationen.

Der Spiegel und die FAZ schreiben in etwa das gleiche: In Newcastle wurden Kuheizellen entkernt und mit menschlicher DNA aus Hautzellen transfiziert. Die chimären Eizellen konnten sich teilen, zumindest ein paar Zellteilungen lang, dann wurden sie zerstört. Es ist nicht das erste Mal, dass chimäre Eizellen hergestellt werden.
Das Geschrei ist groß, ich will hier darauf gar nicht eingehen. Was Ethik ist und was Ethik in der Stammzelldebatte zu suchen hat, habe ich hier schon versucht zu erklären. Ich will aber die Frage näher erleutern, was das ganze denn eigentlich bringt.
Zum einen geht es um Grundlagen: Die Tatsache, dass Kuhzellen mit menschlicher DNA tatsächlich zum Teilen angeregt werden konnten (und dann gleich für mehrere Zellteilungen), zeigt schön auf, dass die sehr komplexen Mechanismen der Zellteilung bei Mensch und Kuh grundsätzlich gleich sind.
Zum anderen geht es um die vereinfachte Herstellung von Zelllinien. Menschliche Eizellen sind sehr kostbar, da äußerst fragil und nur schwer in ausreichender Anzahl und Qualität zu bekommen. Ganz im Gegenteil zu Kuheizellen. Rinder werden routinemässig durch in vitro Fertilisation gezüchtet. Da ein paar Eizellen für die Forschung abzuzweigen ist deutlich einfacher und kostengünstiger.
Dass durch die Hybrideizellen Parkinson (Spiegel) und andere schwere Krankheiten geheilt werden können, ist zu weit gegriffen. Durch die Möglichkeit Hybrideizellen herzustellen ist vor Allem der Grundlagenforschung geholfen. Studien, die sich mit grundsätzlichen Mechanismen der Zelldifferenzierung beim Menschen befassen, können durch die bessere Verfügbarkeit tierischer Eizellen leichter die benötigten Zelllinien herstellen. Nicht zuletzt werden dadurch möglicherweise Forschungsprojekte finanzierbar und durchführbar, die bisher an restriktiven Gesetzen und zu hohen Kosten gescheitert sind.
Die Forschung mit Eizellhybriden ist keine Alternative zur Forschung an embryonalen Stammzellen und auch kein Trick der Forscher, um ethische Klippen zu umschiffen.

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Keine Kommentare

  1. Hi Tobias,
    aus medizinischer Sicht sind die Experimente vollständig nutzlos, da die neu entstehenden Zelllinien (sofern sich die Chimären überhaupt bis zur Stammzellentnahme entwickeln) weiterhin Kuh-DNA enthalten würden.
    Manche Experten haben den Anteil auf 0,1 Prozent geschätzt – ich denke es ist eher geringer.
    Dennoch macht dieses bisschen Rest-DNA die Verwendung solcher Stammzelllinien für die Therapie von Menschen unmöglich. Keine deutsche Ethikkommission würde einer Therapie mit solchen Zelllinien zustimmen.

  2. Hallo Peter,
    genau das ist ja der Knackpunkt und ich meine, dass das auch im Beitrag durchkommt: Das ganze kann nur als Maßnahme der Grundlagenforschung genutzt werden. Vermutlich genauso schlecht wie gesetzeskonforme humane ESZ, die mit Maus DNA (bzw. mit Mausviren infizierter human-DNA zur Therapie geeignet ist.

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