Meine Emails mit dem BMBF

Oder: Worüber darf ein Blogger bloggen

Ich war mit der aktuellen Politik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht einverstanden. Es ging um die Schaffung von 200 neuen Stellen innerhalb der nächsten fünf Jahre – ausschließlich für Professorinnen. Hier noch mal mein Eintrag dazu.
Als ich den Post Mitte März schrieb, habe ich auch Annette Schavan eine Email geschrieben, in der ich ihr meine Unzufriedenheit mit dieser Art der Politik erklärte, und sie bat mich zu informieren, ob ihr Ministerium politische Alternativen in Betracht zieht, um die ungleiche Besetzung akademischen Führungspositionen auszugleichen.
Drei Wochen später bekam ich eine Antwort. Aus vorauseilendem Gehorsam habe ich nachgefragt, ob ich sie hier veröffentlichen dürfte, ich würde den Eintrag auf Wunsch auch zum Gegenlesen erneut ans BMBF schicken. Die Antwort war negativ. Wörtlich:

Anworten auf Fragen oder Eingaben von Bürgerinnen und Bürger werden regelmäßig im Hinblick auf den konkreten Einzelfall beantwortet und eignen sich deshalb aus Sicht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht für eine darüber hinausgehende Veröffentlichung.
Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie davon abzusehen, die Antwort des BMBF auf Ihre ursprüngliche Frage vom 18. März 2008 in Ihrem Blog verwenden

Aus meiner ersten Mail an Annette Schavan ging deutlich hervor, dass ich ein Blog betreibe. Die Antwort vom BMBF war natürlich nicht persönlich von Annette Schavan, sondern aus ihrem Referat für Öffentlichkeitsarbeit. Gleichzeitig wurde die Mail nicht nur an mich, sondern noch an andere Angestellte des BMBF geschickt. Ist das immer noch private Post?
Dass ich als Blogger nicht ohne Weiteres kopierrechtlich geschützte Bilder in meine Posts einbinden darf, habe ich verstanden. Wie das mit Emails aussieht, weiß ich nicht. Vielleicht kann mich hier jemand beraten.
Das BMBF ging in seiner Antwort auf meine Frage nach politischen Alternativen übrigens mit keinem einzigen Wort ein. Das vorgebrachte Hauptargument zur Durchsetzung der Quotenlösung war die Schaffung von Rollenvorbildern.
Das Argument leuchtet mir ein. Warum ich nicht die ganze Antwortmail zitieren kann, hingegen nicht.

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14 Kommentare

  1. Vielleicht darfst du nicht zitieren, aber wie wäre es mit Paraphrasieren? Das sollte eigentlich möglich sein.

    Anworten auf Fragen oder Eingaben von Bürgerinnen und Bürger werden regelmäßig im Hinblick auf den konkreten Einzelfall beantwortet und eignen sich deshalb aus Sicht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht für eine darüber hinausgehende Veröffentlichung.

    Ich verstehe ja, dass das Ministerium nicht will, dass solche Antworten dann als ‘offizielle’ Position dargestellt werden und ich kann deren Drang den Informationsfluss zu kontrollieren, nachvollziehen. Aber Antworten im Hinblick auf ‘den konkreten Einzelfall’ klingt irgendwie nach: Jeder kriegt die Antwort die er hören will.
    Du hast ja nicht als Wissenschaftler Daten erhoben die einer der Vertraulichkeit unterliegen. Was nützt dir als ‘Bürger’ denn die Antwort, wenn du diese für dich behalten musst? Entweder bist du zufrieden damit, oder sonst ist halt Pech? Wie soll die Öffentlichkeit denn so die Arbeit der Verwaltung überprüfen könne? Muss man einfach hoffen, dass sich ein Journalist der Frage annimmt? Eine skurile Sache.
    Ich würde an deiner Stelle den Sinn der Antwort bloggen, aber nicht zitieren (aber die Versuchung wäre gross es zu tun).

  2. 1:1 veröffentlichen oder großzügig zitieren darf man nicht (in Deutschland). Ohne Erlaubnis des Anderen. Das weiß ich ganz genau. Ich würde mal Udo Vetter (lawblog) oder Thomas Klotz (Ra-blog) oder Simon Möller (telemedicus) anmailen und höflich nachfragen.

  3. Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, dass man die Antwort nicht veröffentlichen darf, solange man dabei keine Namen von Mitarbeitern nennt. “Eignet sich nicht” und “wir gehen davon aus” konstituieren ja auch noch kein Verbot. Außerdem wäre es reichlich sinnentleert, wenn man zwar als Bürger Fragen stellen, die Antworten dann aber nicht kommentieren oder weiterverbreiten dürfte….
    Meine Empfehlung: Frage hier öffentlich stellen und abwarten:
    http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_annette_schavan-650-5555.html

  4. Hi Christian,
    abgeordnetenwatch.de ist ne Superseite. Nur einige Politiker spielen nicht mit, und schreiben Standardantworten, wie diese von Annette Schavan:

    Gern möchte ich Ihnen diese persönlich beantworten und bitte Sie, mir hierfür Ihre Kontaktdaten zu übermitteln. Ich werde auch weiterhin alle bei http://www.abgeordnetenwatch.de eingestellten Fragen direkt an den Absender beantworten, sofern sich ein direkter Kontakt ermitteln lässt. Sie können mir Ihre Fragen selbstverständlich auch jederzeit unmittelbar in einer E-Mail an annette.schavan@bundestag.de stellen.
    Seien Sie freundlich gegrüßt.
    Ihre Annette Schavan

  5. Ein Ministerium wird von einem Wissenschaftler wegen einer Sachfrage kontaktiert und antwortet darauf verzögert, aber antwortet. Der Wissenschaftler darf dann zwar die Frage in seinem Blog veröffentlichen – die Antwort jedoch soll, weil sie sich nicht zur Kenntnisnahme durch andere Wissenschaftler “eignet”, geheim bleiben.
    Ja, welche top-secret-Pläne werden da wohl im BMBF geschmiedet? Ich nehme an, die sind auch so richtig schön wissenschaftlich. Klar doch, Wissenschaftsauskunft ist ja auch nicht für Wissenschaftler geeignet. Wo kämen wir denn hin…

  6. Zu welchem Zweck sollte der Blogbetreiber “Abgeordnetenwatch” anschreiben? Um zu dokumentieren, dass das Ministerium mit seiner Anfrage nicht besonders professionell umgegangen und man die Stellungnahme der Ministerin hierzu einholen will. OK. Aber wenn man eine Frage auf die vom Blogbetreiber gestellte Frage erhalten möchte, halte ich den Kontakt zu lawblog sinniger. Allerdings bleibt die Frage, ob Herr RA Vetter denn tatsächlich Rechtsrat erteilt, denn ich kann mir vorstellen, dass Herr Vetter sehr viel zu tun hätte, wenn er jede an ihn gerichtete Frage kostenlos beantwortet. Von daher könnte man es ihm nicht verübeln, wenn er nicht antwortet.
    Die Frage kann man sich aber auch einfach selbst beantworten, indem man den von mir geposteten links folgt. Oder man kann auch weiter Mutmaßungen anstellen. Aber ich dachte, dass Wissenschaftler eher an Fakten interessiert sind.

  7. HiloPe, danke für die guten Links mit wichtigen Informationen.
    Ich habe mich unabhängig davon entschieden, wie bisher auch, den Wünschen meiner Quellen zu entsprechen und in diesem Fall von einer Veröffentlichung der Mail abzusehen. Das Hauptargument des BMBF habe ich im Blogeintrag oben ja auch schon benannt.

  8. Was abgeordnetenwatch betrifft – da muss man einfach nur hartnäckig bleiben. Selbst unser Innenminister hat sich kürzlich – nach mehreren hundert Standardantworten – dazu durchgerungen, die erste Frage mit einer Antwort aufzuwerten. Abgesehen davon sehe ich wirklich nicht, was aus juristischer Sicht gegen eine Veröffentlichung der Antwort sprechen sollte – geheime Informationen werden die ja wohl nicht an irgendwelche Blogger verschicken, und solange es nicht geheim ist…..
    Diese Frauenförderprogramme haben in der Praxis teilweise schlimme Effekte und tragen kaum zum Chancengleichheit bei. Während meines Studiums bekam einer der mit Abstand besten Professoren an der gesamten Hochschule immer wieder nur einen Vertretungsprofessur-Vertrag über ein Semester, weil sich die zuständigen Gremien im Land nicht dazu durchringen konnten eine Berufung auszusprechen, bevor sich nicht mindestens eine Frau um die Stelle beworben hatte. Da es nun mal aber aus gänzlich anderen Gründen nicht gerade viele geeignete Kandidatinnen für eine Informatik-Professur gibt, und von denen scheinbar keine an unserer Hochschule interessiert war, ließ man den hervorragend geeigneten männlichen Vertreter, auf die sich hochschulintern bereits alle Gremien geeignet hatten, solange ohne jede Planungssicherheit in der Luft hingen, bis er eine Berufung an einer anderen Hochschule annahm. Die Stelle blieb danach bis zum Ende meines Studiums vollkommen unbesetzt. Political Correctness ad absurdum!
    Überhaupt sind solche Maßnahmen nur dann zu begrüßen, wenn sie nicht darauf hinauslaufen, dass qualifiziertere Kandidaten zugunsten weniger qualifizierter Kandidaten eine Abfuhr erhalten, bloss weil man irgendwelche Quotenregelungen beachten muss. Sinnigerweise sollte immer der- oder diejenige gefördert werden, die den Job am besten hinbekommen – vor allem in der Wissenschaft sollte das eigentlich klar sein.
    Gerade den engagierten Wissenschaftlerinnen erweist man durch solche Maßnahmen auch einen Bärendienst. Ich hatte während meiner Arbeit schon ein paar Mal das Glück, mit wirklich hervorragenden Kolleginnen zusammenarbeiten zu dürfen – und die stehen viel zu häufig vor dem Problem, dass Kollegen und Mitarbeiter sich unwillkürlich fragen, ob die betreffende Forscherin in ihrem Fachgebiet wirklich etwas auf dem Kasten hat, oder ob sie nur aufgrund ihres Geschlechts einen Posten bekommen hat / Fördergelder erhält / veröffentlicht wird etc. pp. Diese Situation wird von den Betroffenen zu Recht als demütigend empfunden und wird mit jeder Maßnahme dieser Art nur noch verschlechtert.
    Vor diesem Hintergrund wäre es auch aus meiner Sicht hochinteressant zu erfahren, welche Ziele genau durch die Schaffung der 200 Professorinnenstellen vom BMBF erreicht werden sollen. Also am besten einmal “Copy & Paste” – illegal kann die Veröffentlichung der Antwort auf eine ganz normale Bürgerfrage wohl kaum sein. Geheimniskrämerei ist pures Gift für jeden demokratischen Diskurs.

  9. Christian,
    du hast vollkommen Recht, was die dämlichen Quotenlösungen betrifft. Das einzige stichhaltige Argument der Email bezog sich auf die Schaffung von Rollenvorbildern.
    Ich wurde in der Mail weiter am die offizielle Bekanntmachung verwiesen. Interessant sind da zum Beispiel die Förderkriterien in § 3:

    (1) Die Förderung erfolgt ausschließlich auf der Grundlage eines durch ein Begutachtungsgremium positiv bewerteten Gleichstellungskonzepts der jeweiligen Hochschule.
    (2) Die eingereichten Gleichstellungskonzepte sollen von einem Begutachtungsgremium hinsichtlich der in der jeweiligen Hochschule verankerten Gleichstellungsbemühungen zur nachhaltigen Verbesserung der Repräsentanz von Frauen auf allen wissenschaftlichen Qualifikationsstufen insbesondere auf der Grundlage der in der Anlage zu dieser Vereinbarung enthaltenen Kriterien bewertet werden.

    Es wird also tatsächlich einfach nach Geschlecht gefördert, ohne auf die Qualifikation zu achten. Die Gelder müssen von den Unis beantragt werden.
    Trotz aller Ungleichbehandlungen durch die Gleichstellungsrichtlinien, muss man sich vor Augen führen, dass es immer noch genügend männliche Arschlöcher im Dozenten- und Professorengewand gibt, die weiblichen Studenten ob ihres Geschlechts spürbar benachteiligen und diskreditieren. Das bestätigen mir zu mindest fast alle Kolleginnen, die ich gefragt habe.
    Es ist fraglich, ob Quotenlösungen bei Professuren da was dran ändern. Eher wohl im Gegenteil.

  10. @Tobias: Gibt es an Hochschulen Diskriminierung? Leider ja. Muss dagegen was getan werden? Auf jeden Fall! Helfen Richtlinien mit denen man in die “andere” Richtung diskriminieren kann, um so die ursprüngliche Diskriminierung wieder auszugleichen? Ganz bestimmt nicht.
    Ein anderes Beispiel: Unser An-Institut hat gerade eine frisch diplomierte Ingenieurin eingestellt. Sowohl meine beiden Co-Vorstandsmitglieder als auch ich selbst sind von der Wahl mehr als überzeugt – die Dame hat nicht nur ein hervorragendes Studium hingelegt, sondern ist auch ein tolles Beispiel dafür, dass Frauen auch in technischen Disziplinen exzellente Arbeit leisten können. Die beiden männlichen Bewerber, die auch im Gespräch waren, hat sie locker ausgesprochen. Also eine exzellente Kraft – und gerade Ingenieure sind ja ohnehin gerade selten….
    Prinzipiell also eine tolle Sache – wenn ich nicht schon von drei verschiedenen Seiten angesprochen worden wäre, ob wir die Ingenieurin nur wegen “Frauen-Fördermitteln” eingestellt haben, die wir nicht mal bekommen. Das Schlimmste ist – wir könnten sogar welche bekommen – und für einen männlichen Kollegen würden wir keinen Cent kriegen. Wir haben nur keine beantragt, da wir schon anderweitig Fördergelder beziehen und deshalb für das entsprechende Programm ausscheiden (außerdem ist es mir persönlich viel zu viel Papierkrieg). Man sieht aber ganz deutlich die Konsequenz solcher Quotenmaßnahmen und selektiven Förderungen – auch eine wirklich richtig gute Kollegin steht irgendwie immer im Verdacht, aufgrund irgendwelcher Quoten- oder Förderüberlegungen bevorzugt eingestellt worden zu sein. Auch wenn es gar nicht so ist. Und das wiederum finde ich, ist eine ziemlich traurige Situation.

  11. Das für und wieder von Quotenregelungen sind hier ja schon gut durchexerziert worden, dass das ohne wüste Beschimpfungen vor sich ging finde ich besonders gut.
    Eine Frage stellt sich mir bei der Diskussion immer wieder: Was sind unsere Alternativen als “Wissenschaftlicher Betrieb” um das Ziel mehr Diversität zu erreichen? Bisher ist mir nix besseres eingefallen und der Kreislauf in dem es keine Vorbilder gibt und junge Frauen deshalb diese Berufe nicht ergreifen geht weiter. An irgendeiner Stelle müßen wir diesen Kreislauf durchbrechen, allerdings nicht auf Kosten der Qualität der Ausbildung.

  12. @ Paula Schramm
    Ich kann einen Teufelskreis nirgends erkennen. Und selbst wenn ein solcher bestünde, wäre er durch (Verzeihung!) bauartbedingte Quotenregelungen nicht effektiv zu durchbrechen.
    Ich glaube nicht, dass fehlende Rollenvorbilder die Ursache für eine geringere Zahl von Frauen im Wissenschaftsbetrieb sein können. Vielmehr wäre umgekehrt zu untersuchen, ob beispielsweise jene Frauen die ggf. als Professorinnen in Staatsdiensten stehen, es nur deswegen tun, weil sie nicht müde wurden, seinerzeit eben irgend einem “Rollenvorbild” nachzueifern. Oder gibts da eine aussagefähige Motivations-Studie?

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